Viele Fantasy-Filme haben eine "Quest", also eine Mission, die das heldenhafte Team auf seiner epischen Reise absolvieren muss. Frodo bringt den Ring nach Mordor. Harry Potter kämpft gegen Voldemort. Und bei Netflix reist jetzt Reiner in
Sophia, der Tod & ich zu seiner Mutter.
Sophia, der Tod & ich bei Netflix: Ein gelungenes Fantasy-"Epos" aus Deutschland
Dimitrij Schaad spielt diesen Reiner und muss sich einmal mehr mit fremden Türklinglern auseinandersetzen. Nur, dass diesmal kein kommunistisches Känguru, sondern der Tod vor der Tür steht: Der Sensenmann will den gerade mal Mitte 30-Jährigen mitnehmen. Seine Zeit ist aufgrund eines unentdeckten Herzfehlers abgelaufen. Reiner will aber noch nicht sterben und durch die Verkettung mehrerer (un-)glücklicher Umstände, segnet der Todgeweihte nicht innerhalb der vorgeschriebenen drei Minuten das Zeitliche. Was das Ableben verkompliziert.
Plötzlich ist der gescheiterte Abholer Morten de Sarg (Marc Hosemann) Teil der sterblichen Welt und Ex-Freundin Sophia (Anna Maria Mühe), die Reiner eigentlich nur für die Reise zum Geburtstag seiner Mutter (Johanna Gastdorf) abholen wollte, ebenfalls mit von der Partie. Eine absichtsvoll unepische, aber immer herrlich komische Fantasy-Odyssee durch Deutschland beginnt.
Dass der Sensenmann mit der Bahn fährt und mit kreidebleichem Gesicht herumläuft, scheint in der Fantasy-Welt von Regisseur und Schauspieler Charly Hübner niemanden zu jucken. Man ist ohnehin zu sehr damit beschäftigt, sich über den weltfremden Tod zu amüsieren, der das deutsche Leben erstmals für sich entdeckt.
Große visuelle Effekte à la Hollywood hat der Film Sophia, der Tod und ich gar nicht nötig. Das höchste der Fantasy-Gefühle ist vielleicht noch das Blitz-Duell zweier Sensenmänner, das dadurch gebrochen wird, dass es in einem Kleingarten stattfindet. Die zurückgeschraubten Spezialeffekte haben hier Methode, um den Fokus auf die wunderbar schrulligen Figuren zu legen. Es ist ohnehin viel lustiger, wenn die Sensenmänner und -frauen aus einer göttlichen Imbiss-Bude heraus operieren.
Dieser Fantasy-Film besticht bei Netflix durch deutsche Macken, Humor und Tiefgang
Im eher Fantasy-scheuen Filmland Deutschland ist Sophia, der Tod & ich eine frische Brise zwischen Historiendramen und Tatorten. Das heißt aber nicht, dass die Geschichte ihre heimatlichen Wurzeln vergisst. Sogar eher im Gegenteil: Die Tragikomödie lebt mit ihrem detailverliebten Lokalkolorit erst richtig auf, wenn sie labberige Wurst als Hotel-Frühstück serviert, muffelige Schaffner verprellt und Mutters selbstgemachte Marmelade "ohne zu viel Zucker" rühmt.
Bei allem (ost-)deutschen Charme und trockenem Galgenhumor vergisst die Fantasy-Komödie aber auch die eindringlichen Momente nicht. Wenn
Rainer den Blick nach Innen richtet und sich fragt, was er in seiner kleinen Existenz vor dem Tod überhaupt erreicht hat, geht das neben allen Lachmuskel-Strapazen trotzdem zu Herzen. Hier schlägt der Film zwischen Fantasy-Absurditäten
den richtigen Ton zwischen lässigem Witz und nachfühlbarer Tragik an.
Deutschland wird in Sophia, der Tod & ich in Mitteleuropa zu Mittelerde – zumindest fast. Die Heimat in der Bahn und per Auto zu durchqueren, ist vielleicht keine so große Leistung wie die des nach Mordor marschierenden Frodo. Aber wenn wir in Berlin starten, bis ans Meer gelangen und anschließend auch noch nach Süden in die Berge streben, ist am Schluss die Deutschland-Reise als Fantasy-Quest trotzdem eine berührend runde Sache.
Sophia, der Tod & ich streamt ab dem heutigen 30. April 2024 bei Netflix.
Podcast zu Netflix’ großem Fantasy-Remake Avatar: Herr der Elemente
Mit Avatar: Herr der Elemente hat Netflix eine gefeierte Animationsserie im Realfilm-Gewand neu aufgelegt. Aber kann das Live-Action-Remake von Avatar die hohen Erwartungen diesmal erfüllen, nachdem die erste Adaption des Fantasy-Abenteuers fürs Kino misslang?
An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externe Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung
Wir schauen uns die Stärken und Schwächen der neuen Avatar-Serie als Fantasy-Unterhaltung an und gehen als Fans der Vorlage im zweiten Teil des Podcasts auch detailliert auf Änderungen, versteckte Details und Easter Eggs ein.
*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.