Wir schauen Hannibal - Staffel 3, Folge 12

24.08.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
The Number of the Beast Is 666
NBC
The Number of the Beast Is 666
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Es ist die vorletzte Folge für Hannibal. Wie es aussieht nicht nur für diese Staffel, sondern für immer. Zumindest scheint es so, als ob wir hier auf ein sehr würdiges Finale vorbereitet werden.

Hannibal steckt voll mit Charakteren, die ganz genau wissen, was sie haben wollen und wie ihre Ziele aussehen und sie wissen sogar noch besser, wie sie an ihre Ziele gelangen. Dabei schrecken sie nicht davor zurück, ihre in der Regel unwissenden Mitmenschen mit einzubeziehen und sie auszunutzen, ohne dass sie es so richtig bemerken. Hannibal selbst ist in diesem Spiel sicherlich der unangefochtene Champion, aber auch Will, Jack, Bedelia und Alana sind daran beteiligt; jeder für sich, jeder mit seinen eigenen Zielen und eigenen Erfolgen. Inmitten diesen Kampfs der Fädenzieher muss natürlich jemand alles abbekommen, der in das ganze Geschehen vielleicht nicht einmal involviert ist.

Dr. Chilton (Raúl Esparza) war in dieser Serie schon immer ein bisschen der Sandsack, der viel einstecken musste. Das ist sicherlich auch auf seine freche, schnippische Art zurückzuführen, aber eben auch darauf, dass er in diesem Spiel der Manipulationen nicht so begabt ist wie seine Mitstreiter. Hinzu kommt seine unverbesserliche Eitelkeit und der unstillbare Wunsch, ein bekanntes Gesicht zu haben und eine respektierte Person zu sein. Im Grunde ist Chiltons Schicksal in dem Moment besiegelt worden, in dem er sich mit Hannibal (Mads Mikkelsen) anlegt, der seine wissenschaftlichen Arbeiten stark kritisiert hat. Denn, wie Bedelia (Gillian Anderson) richtig anmerkt, hat Hannibal seine Agenten überall, nicht nur in Form von Francis (Richard Armitage), sondern auch von Will (Hugh Dancy).

Ob bewusst oder unbewusst, ist Will letzten Endes der Richter über Chiltons Schicksal. Sie machen für die Zeitung ein Foto zusammen, Will legt seine Hand kollegial auf die Schulter von Chilton und so ist er es, der dem Großen Roten Drachen zum Opfer fällt. Chilton musste im Laufe dieser drei Staffeln ja schon ordentlich einstecken, aber das hier sprengt jeglichen Rahmen: Francis klebt (?) ihn auf einen Rollstuhl, beißt ihm die Lippen ab und setzt ihn in Brand. Chilton ist jedoch ein harter Hund und überlebt das und so liegt er völlig entstellt im Krankenhaus. Die ganze Sequenz erinnert ein bisschen an Mason Vergers Schicksal aus Staffel zwei, der sich unter Hannibals Einfluss selbst das halbe Gesicht abgeschnitten und an die Hunde verfüttert hat. Dieses Mal hat nicht direkt Hannibal die Fäden in der Hand, sondern Will und das Ergebnis fällt gewissermaßen noch verstörender aus. Denn im Gegensatz zu Mason ist Chilton vergleichsweise unschuldig, also unschuldig im Rahmen dieser Serie.

Doch vielleicht können wir Will dafür gar nicht verantwortlich machen, auch wenn seine Therapiestunde mit Bedelia (warum Will es für eine gute Idee hielt, sie als seine neue Therapeutin einzustellen, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben) genau das nahe legt. Schließlich macht Will wiedermal einen psychisch sehr labilen Eindruck, der nicht gerade dadurch gebessert wird, dass alle Personen um ihn herum auf ihn einwirken wollen. Da wäre zum Beispiel ein immer unsympathischerer Jack (Laurence Fishburne), der seit dem Tod seiner Frau offenbar jegliche Fähigkeiten zur Empathie abgelegt hat und in der Jagd auf den Roten Drachen auch sein eigenes Ego stillen muss. Er und Hannibal fabulieren ein bisschen von Gott, dem Teufel, dem großen Roten Drachen und dem Lamm. Will ist in dieser Allegorie natürlich das Lamm und Hannibal, das steht seit Anbeginn dieser Serie fest, niemand Geringeres als der Teufel persönlich. "That makes you God" fasst Hannibal im Gespräch mit Jack zusammen und der erwidert bloß mit sichtlicher Genugtuung: "Yes it does." Und er ist ein richtiger Gott, merkt Hannibal an, ein Gott, der Opfer verlangt.

Wem die Rolle des Großen Roten Drachen zuteil wird, ist ebenso offensichtlich. Doch so ganz ist der Drache noch nicht da, er befindet sich noch in seiner Transformation. In dieser Folge haben wir zwar sehr viel mehr vom Roten Drachen als von Francis Dolarhyde gesehen, doch das heißt nicht, dass seine Metamorphose abgeschlossen ist. Sie befindet sich in ihren letzten Zügen und die Sequenz zwischen Francis und Chilton hat gezeigt, was zur vollständigen Verwandlung noch fehlt, beziehungsweise, was zu viel ist. Reba (Rutina Wesley) ist ein ziemlich großer Ballast für den Drachen, denn sie ruft das Menschliche in ihm hervor. Sie hörte, dass er krank ist und bringt ihm eine Suppe vorbei, während Chilton die groteske Szene stillschweigend mit ansieht. Natürlich passt Francis sein Verhalten Chiltons Präsenz entsprechend an, dennoch ist ihm die Rührung anzumerken, als Reba von ihrer Zuneigung zu ihm spricht. Es hat fast schon eine absurde Komik an sich, wie dieser Angst einflößende Killer, der eben grade noch die personifizierte Bedrohung war, plötzlich mit ein bisschen Liebe zu einem Kätzchen gemacht wird. Das kann sich Francis natürlich nicht leisten, wenn er sein Ziel des Roten Drachens erreichen will und so muss Reba aus seinem Leben verschwinden.

In dieser biblischen Allegorie bleibt nun noch Will übrig, das Lamm. Im Vergleich zu Gott, zum Teufel und dem Roten Drachen scheint er keine Gefahr zu sein, doch Hannibal weiß es besser. "Hide us from the wrath of the lamb", mahnt er und fügt hinzu: "The lamb's wrath touches everyone who airs. Its retribution is even more deadly than the dragon's. The seals are being opened, Jack. The lamb is becoming a lion." Jack hat dafür nicht viel mehr übrig als ein selbstgefälliges Grinsen, schließlich ist er Gott und was kann das Lamm in diesem Spiel um Macht, was hier ausgetragen wird, schon ausrichten? Hannibal scheint der einzige zu sein, der die Kraft des Lamms nicht zu unterschätzen wagt und vielleicht ist das auch der einzig richtige Weg, denn der Zorn des Lamms wird über das Ende entscheiden. "I'll still be standing", sagt Jack voraus, so selbstsicher, dass wir wahrscheinlich an das Gegenteil glauben müssen.

"Is Hannibal in love with me?"

Notizen am Rande:

- In der Romanvorlage ist nicht Chilton, sondern (eine männliche Version von) Freddie das Opfer des Roten Drachen. Im Buch stirbt Freddie auch direkt nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus. Anscheinend hatte Bryan Fuller jedoch vor, Chilton und seinen Restkörper weiterkämpfen zu lassen.

- "I'm sorry Jack, the tragedy of what happened to Frederick has put me in an excellent humour." Nachdem der Humor in den letzten paar Folgen ein bisschen zu kurz gekommen ist, war der gut gelaunte Hannibal nach der Verköstigung einer Lippe wirklich ein schöner Moment.

- So würde die Serie aussehen, wenn Hannibal kein guter Koch wäre .

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