Achterbahn erzählt vom Auf und Ab einer Familie

02.07.2009 - 09:00 Uhr
Pia und Sabrina Witte
rohfilm
Pia und Sabrina Witte
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Vom Rummelbesucher zum Rummelbesitzer, von erfolgreichen Geschäftsleuten zu millionenfachen Schuldnern, von Berlin nach Peru, von Peru in den Knast. Achterbahn erzählt vom Schicksal einer deutschen Familie.

In der Sektion Perspektive Deutsches Kino lief Achterbahn bereits bei der diesjährigen Berlinale. Jetzt kommt die Dokumentation über das turbulente Leben der Familie Witte ins Kino. Der Film erzählt vom Auf und Ab einer nicht ganz alltäglichen Familie:

Norbert Witte hatte einen Traum: er wollte aus dem Berliner Spreepark – einem Freizeitpark, der zu DDR-Zeiten unter dem Namen »Plänterwald« berühmt geworden ist – den größten Rummelplatz des gerade wiedervereinigten Deutschlands machen. Stattdessen ging der König der Karusselle pleite und setzte sich mit seiner Familie und dem größten Teil seiner Gerätschaften im Jahre 2002 nach Peru ab. Er hinterließ der Stadt Berlin einen Riesenberg Schulden und ein großes Chaos. In Peru verwickelt er sich und seinen 20jährigen Sohn in Drogengeschäfte. Beide landen im Knast: Norbert Witte in Deutschland, sein Sohn in einem der härtesten Knäste der Welt… Achterbahn erzählt die unglaubliche Geschichte der Familie Witte: das Scheitern des Unternehmers Norbert Witte und den scheinbar aussichtslosen Kampf Pia Wittes in Lima und Berlin um die Freilassung ihres Sohnes. Es ist ein Film, der mit bizarrem Charme – amüsant und tragisch – die Story eines Aufsteigers erzählt, der die Nr. 1 sein wollte, auf die Nase fällt, um bei nächster Gelegenheit wieder von vorne zu beginnen.

Die Presse ist sich recht einig darüber, dass die Geschichte dieser einmalige Familie gekonnt auf die Leinwand gebannt wurde – und dabei auf jede Wertung verzichtet.

Matthias Oloew vom Tagesspiegel meint zum Beispiel, der Filmemacher “wollte Wittes Geschichte so erzählen, ‘wie sie sehr wahrscheinlich passiert ist’, seine Absicht war nicht, ‘Herrn Witte zu rehabilitieren’. Das schafft er auch und kommt in seinem Film den Mitgliedern der Familie verblüffend nah. Dabei steht nicht allein Norbert Witte im Vordergrund, sondern mit zunehmender Dauer des Films seine mittlerweile von ihm getrennt lebende Frau, die aus ihrer Enttäuschung über ihren Exmann kein Hehl macht.”

“Noch in seinem angeschlagenen Zustand im Gefängnis entfaltet Witte, der auf alten Fotos in Aussehen und manischer Ausstrahlung dem jungen Rainer Werner Fassbinder ähnelt, einen beträchtlichen Charme und Unterhaltungswert”, findet Hendrike Bake von programmkino.de. “Ebenso Ehefrau Pia, die jahrelang alleine mit zwei kleinen Kindern jugoslawische Rummelplätze bereiste und der man im Film dabei zusieht, wie sie tough und gestylt peruanische Hinterhöfe abklappert und fachmännisch verrottete Karusselle begutachtet. Der Zusammenhalt der Familie durch alle Höhen und Tiefen ist beeindruckend. Wie weit man ihrem Selbstbild Glauben schenkt, bleibt jedem Zuschauer selbst überlassen.”

Der Regisseur schafft es, “von Anfang an jene Geschichte weitestgehend klischeefrei zu erzählen, ihre tragikomische Dimension zu betonen. Vom Riesenrad schwenkt die Kamera auf umgestürzte Dinosaurierfiguren, fährt an ihnen entlang wie an einem vergessenen Kriegsschauplatz. Emotional bedienen die Einstellungen sowohl romantische als auch schreckliche Assoziationen. In der nächsten Sequenz ist die Romantik gewichen. Norbert Witte lebt im offenen Vollzug einer Berliner JVA”, schreibt Sascha Keilholz für critic.de.

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