Die Til Schweiger-Vorwürfe einfach erklärt: Tyrannei, Gewaltausbrüche und was Keinohrhasen-Star Nora Tschirner dazu sagt

03.05.2023 - 14:15 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
Manta Manta – Zwoter Teil
Constantin
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Die Vorwürfe gegen Til Schweiger erschüttern die deutsche Filmbranche. Der Regisseur verhalte sich auf Filmsets wie ein Imperator. Nora Tschirner deutet an: Schweigers Verhalten war in der Branche schon lange bekannt.

Til Schweiger ist der wohl einflussreichste deutsche Filmemacher der Gegenwart. Schweiger-Filme wie Keinohrhasen und Honig im Kopf lockten ein Millionen-Publikum an. Meist führt der Star bei seinen Projekten Regie, schreibt am Drehbuch mit und spielt die Hauptrolle. So auch bei seinem neuesten Streifen: Manta, Manta - Zwoter Teil läuft derzeit in den Kinos und gehört zu den erfolgreichsten Filmen des Jahres. Einen Monat nach dem Start veröffentlichte Der Spiegel  einen Artikel, der "mutmaßliche Schikane und Gewalt" unter anderem beim Dreh von Manta Manta 2 offenlegt. Wir erklären die Vorwürfe gegen den Regisseur und Nora Tschirners Reaktion darauf.

Woher kommen die Vorwürfe gegen Til Schweiger?

Der Spiegel sprach nach eigener Angabe mit mehr als 50 Filmschaffenden, die zum Teil aus dem engsten Kreis Schweigers stammen sollen. Die Quellen wollen allerdings anonym bleiben. Der angebliche Grund: Schweiger könne Einfluss auf ihre Karrieren nehmen und diese auch beenden.

Was genau wird Til Schweiger vorgeworfen?

Auf dem Manta Manta 2-Set habe beim Dreh im Sommer 2022 ein Klima der Angst geherrscht. Schweiger wurde von der Crew der „Imperator“ genannt, heißt es. "Til Schweiger hatte einen Freifahrtschein, egal, was er gemacht hat", wird im Artikel eine beteiligte Person zitiert. Das sind die Vorwürfe im Detail:

Trunkenheit am Set: Schweiger soll immer wieder offensichtlich betrunken am Filmset erschienen sein und unter Alkoholeinfluss gedreht haben.

Gewalt- und Wutausbrüche: Schweiger soll ein Produktionsmitglied ins Gesicht geschlagen haben. Der Mann habe den Zeugen-Beschreibungen zufolge verhindern wollen, dass Schweiger im betrunkenen Zustand seine Arbeit als Regisseur und Schauspieler antritt. Crewmitglieder hätten Schweiger bei der Auseinandersetzung festhalten müssen.

Tyrannei: Schweiger hätte am Set geschrien, geschimpft und regelmäßig Mitarbeitende niedergemacht. "Widerworte sind bei Til nicht erlaubt", wird eine Mitarbeiterin zitiert. Einen Streit mit derselben Frau habe Schweiger mit den Worten beendet, er entscheide, wann sie atme.

Manta, Manta: Zwoter Teil - Teaser Trailer 4 (Deutsch) HD
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Fahrlässiger Umgang mit einer Nacktszene: Schweiger habe unter Komparsinnen nach einer Freiwilligen gesucht, die sich für eine spontane Manta Manta 2-Szene ihr Dekolleté signieren lassen sollte. Womöglich unter dem Eindruck, während des Drehs einen BH tragen zu dürfen, sagte eine Frau zu. Es handelte sich allerdings um eine Nacktszene, die angeblich vor mehr als hundert Menschen gedreht wurde – was unter modernen Schutzmaßnahmen unüblich ist. Normalerweise ist bei Nacktszenen nur der notwendigste Teil der Crew anwesend, um Darsteller:innen zu schützen. Die Frau leidet dem Spiegel zufolge noch immer unter dem Vorfall. Die Szene schaffte es aufgrund von Altersbestimmungen nicht in den finalen Film.

Fahrlässige Überlastung der Crew: Schweiger habe Arbeitszeiten "weit über das gewöhnliche Maß hinaus" gedehnt, bis Crewmitglieder "körperlich und psychisch am Ende" gewesen seien. Arbeitsschutzvorschriften wie gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeiten seien mehrfach nicht eingehalten worden. Ein Crewmitglied spricht von einem "Belastungsproblem". Es sei aufgrund des Arbeitspensums zu Flüchtigkeitsfehlern gekommen, die wiederum Unfälle am Set begünstigt hätten.

Was sagt Til Schweiger zu den Vorwürfen?

Til Schweiger selbst hat sich zu den Vorwürfen bisher nicht geäußert. Seine Anwältin bestreitet den Inhalt des Spiegel-Artikels. Auch die Firma Constantin Film, die Manta Manta 2 produzierte, steht hinter Schweiger. Die Vorwürfe seien „überwiegend unvollständig und verzerrend, teilweise auch wiederum schlicht falsch“.

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Nora Tschirners Reaktion: Wie äußert sich die übrige Branche?

Die prägnanteste Reaktion zu den Vorwürfen gegen Til Schweiger stammt von Nora Tschirner. Tschirner spielte in den großen Schweiger-Erfolgen Keinohrhasen und Zweiohrküken die Hauptrolle der Anna. Tschirners Worte haben in der Branche Gewicht. Wenige Stunden nachdem der Artikel des Spiegel erschienen war, postete sie bei Instagram ein Video, in dem sie unter anderem sagt: "Ich finde, dass in diesem Artikel sehr viel stimmt“. Sie habe "keinen Bock mehr darauf", dass die geschilderten Zustände von den Verantwortlichen geleugnet werden. Dass diese Zustände herrschen, sei seit Jahrzehnten ein offenes Geheimnis in der Branche.

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In den Kommentaren unter dem Post solidarisierte sich die Schauspielerin Jessica Schwarz mit Tschirner. Auch die Moderatorin Ruth Moschner und Comedian Carolin Kebekus unterstützten Tschirners Aussagen. Ob sie selber von Vorfällen auf Schweiger-Sets hörten oder sie erlebten, wird aus den Kommentaren jedoch nicht klar.

Die Gewerkschaft Verdi bestätigt laut WDR , dass nach dem Dreh von Manta Manta 2 zahlreiche Meldungen eingegangen seien, in denen es um lange Arbeitszeiten und die Unterschreitung der Ruhezeiten gegangen sei. Es habe zudem Aussagen gegeben, denen zufolge Schweiger „gewalttätig gegen Personen der Produktionsabteilung vorgegangen ist“.

Gab es schon mal Vorwürfe gegen Til Schweiger?

Til Schweiger brachte sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit umstrittenen Äußerungen ins Gespräch. Er war zudem in zahlreiche Konflikte mit Kolleginnen und Kollegen aus der Branche verwickelt.

  • 2015 schlug Schweiger dem Schauspieler Elyas M'Barek ins Gesicht. Er entschuldigte sich anschließend für die "leichte Backpfeife". Sowohl Schweiger als auch M'Barek gaben an, sich versöhnt zu haben. Es sei bei der Auseinandersetzung "im weitesten Sinne um Film" gegangen. (Süddeutsche Zeitung )
  • Auch mit Schauspielkolleg:innen wie Otto Waalkes, Dieter Hallervorden, Fran Drescher und Claude Oliver Rudolph geriet Schweiger in der Vergangenheit aneinander. (Focus )
  • Während der Corona-Pandemie suchte Schweiger die Nähe von Verschwörungs-Ideologen wie Boris Reitschuster und Ken Jebsen und wurde zum "Querdenker-Held" (Stuttgarter Zeitung )
  • Schweigers Verhalten in sozialen Netzwerken, vor allem bei Facebook, ist zudem seit Jahren Thema in den Medien. Dort beschimpfte er Jan Böhmermann 2016 als "Vollspacko ", worauf der Satiriker mit dem Song "Besoffen bei Facebook " antwortete.

Insgesamt scheint der Spiegel-Artikel Gerüchte über Schweigers Arbeitsweisen zu bestätigen, die seit Jahren in der deutschen Filmbranche hinter vorgehaltener Hand diskutiert werden. Was die neuen Enthüllungen für künftige Schweiger-Projekte bedeuten, muss sich noch zeigen.

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