Die Wüstenärztin - das pure Grauen zum Frauentag

08.03.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Die Wüstenärztin
ARD / Rita Jacobi
Die Wüstenärztin
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In einem melodramatischen ARD-Film folgt Esther Schweins dem Ruf der Wüste und muss sich zwischen zwei Männern entscheiden. Ein Frauentagsprogramm des absoluten Grauens, voll von touristischem Flair und nicht nur körperlich verheerendem Treibsand.

Den Internationalen Frauentag feiert die ARD mit einer aufwändigen deutsch-österreichischen Koproduktion über eine robuste Wiener Ärztin, die in der Nähe von Dubai dem Charme eines Scheichs erliegt und bald darauf schon tief im Treibsand steckt. Millionen von Menschen werden Die Wüstenärztin heute Abend im Ersten sehen, Millionen von Euros verschlingen öffentlich-rechtliche Fernsehfilme wie dieser. Das, so steht es in der Pressemeldung, romantische Drama wurde an Originalschauplätzen gedreht und vereine die Widersprüche zwischen Tradition und Moderne. Wahr hingegen ist, dass sich diese x-te Bewegtbild gewordene Gebührenfrechheit augenscheinlich an ein Publikum 50+ richtet, das seine Liebesschnulzen vorrangig mit „exotischen“ Reizen und einer konstruierten Abenteuerlust fremdländischer Verlockungen geschmückt sehen will. Rosamunde Pilcher goes Das Geheimnis der Sahara, Lawrence von Arabien küsst Dr. Quinn, Ärztin aus Leidenschaft. Ein Albtraum aus Idiotie, Dilettantismus und Fernsehcouch zerberstender Langeweile.

Hirnverbrannte Dialoge und dramaturgische Willkür
Umschweife macht der Film keine, die Handlung ist binnen weniger Sekunden in Gang gesetzt. Ehe eine einzige Figur eingeführt ist, trampelt die junge Reissa (Asli Bayram) ins Bild und bittet ihre Freundin Sina Kersten (Esther Schweins), das Wiener Krankenhaus umgehend gegen arabische Zelte einzutauschen, da ihr Vater im Sterben liege und dringend medizinische Hilfe benötige. Nach einem flüchtigen Streitgespräch mit Lebenspartner Marco (Hannes Jaenicke) – „Ach hör mir auf mit Dienstplänen!“ – staunt Dr. Sina auch schon über die glänzenden Hochgebäude in Dubai und folgt dem Wüstenruf als rettende Beduinenärztin. Die zugleich bemühten Bilder sind so absehbar wie blödsinnig: Auf eindrucksvoll geeichte Kamerafahrten über die Wüste, sonnendurchflutete Aufnahmen von Kamelen und Pferden – sein banales touristisches Flair bezwingt der Film sattsam über unentwegte Establishing Shots in Postkartenform. Dem überhasteten, ungelenken Einstieg in die Handlung fügt sich das kommende Bauerntheater kongenial. Hirnverbrannte Dialoge und dramaturgische Willkür bereiten angemessen auf den drohenden Schwachsinn vor. „Du musst mir helfen.“ – „Ok, gut.“.

Westliche Weisheiten
Ärzte ohne Grenzen lautet das Motto, die kesse Sina hilft nach Kräften und Gutmütigkeit, lässt sich aber auch von arabischen Kindern die Haare flechten. Sie rettet von Kamelen gefallene Jungen und angeschossene Mitglieder verfeindeter Stämme, und stets hat sie immer noch eine westliche Weisheit auf den Lippen. „Ich weiß, dass ihr Frauen hier in hunderttausend Sachen euren Männern untersteht“, das Frauentagsprogramm liegt der ARD sehr am Herzen. Neben kritischen Tönen („Das alles kommt mir hier vor wie der Turmbau zu Babel“, sagt Sina, „Wenn alles Öl versiegt ist, dann bleibt uns nur noch das Meer und die Wüste“, entgegnet ihr der Scheich) versucht sich die Wüstenärztin auch an einem Gender-Lehrauftrag. Als Freundin Reissa die Zwangsverheiratung droht, geizt Dr. Sina nicht mit Erkenntnis: „Wir sind im 21. Jahrhundert angekommen – du musst niemanden heiraten, den du nicht liebst!“. Ethno-Klagegesänge mischen sich dazu mit einem melodramatischen Billig-Orchester, es ist in Wahrheit sogar noch schlimmer, als es sich liest.

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