Fantasy-Horror kommt nach 25 Jahren Planung endlich ins Kino – nur leider ist sein Monster todlangweilig

17.08.2023 - 10:00 UhrVor 9 Monaten aktualisiert
Letzte Fahrt der Demeter: Jetzt im KinoUniversal
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Eine vor mehr als 120 Jahren erschaffene Fantasy-Geschichte kommt heute als Horror-Erzählung an Bord eines Schiffes zurück. Doch ausgerechnet das berühmte Monster des Films versenkt die Erzählung.

Am 17. August 2023 startet Die letzte Fahrt der Demeter in den deutschen Kinos. Der Fantasy-Horror-Film erzählt, wie der berühmte Vampir Graf Dracula aus Europa nach England kam: versteckt an Bord eines Schiffs. Beziehungsweise, wenn es nach dieser neuen Verfilmung geht, gar nicht so versteckt ...

Alien auf hoher See? Was Die letzte Fahrt der Demeter sein will ... und was der Fantasy-Horror-Film wirklich ist

1992 goss Francis Ford Coppola die gesamte Fantasy-Erzählung von Bram Stoker's Dracula in einen Film. Regisseur André Øvredal geht einen anderen Weg. Er pickt sich für Die letzte Fahrt der Demeter ein kurzes Kapitel des berühmten Romans * aus dem Jahr 1897 heraus: The Captain's Log (Das Logbuch des Kapitäns). Darin transportiert ein russisches Handelsschiff 24 mysteriöse Kisten vom Schwarzmeer-Hafen Varna Richtung England, muss unterwegs aber feststellen, dass zunehmend Crew-Mitglieder das Zeitliche segnen.

Den Dracula-Mythos auf diese eine Episode herunterzubrechen, ist eigentlich ein genialer Schachzug. Auf beengtem Raum greift eine unbekannte Bedrohung um sich und schon ist das Horror-Kammerspiel auf hoher See perfekt. Drehbuchautor Bragi F. Schut ließ  sich dafür von Ridley Scotts Alien inspirieren.

Die letzte Fahrt der Demeter

Doch nicht nur die Crew der Demeter, sondern auch der Film selbst legte im Laufe seiner Produktionsgeschichte eine Odyssee hin. Schut verriet , dass er das erste Drehbuch bereits 1998, also vor 25 Jahren verfasste. Es folgten mehrere Regie-Wechsel (Robert Schwentke, Stefan Ruzowitzky, David Slade, Neil Marshall) und neue Drehbuchfassungen mit be- und wieder ersetzten Stars wie Ben Kingsley, Noomi Rapace und Viggo Mortensen. Erst unter André Øvredal (Trollhunter) gelang die Umsetzung.

Doch die lange Entstehungszeit mit wechselnden Kreativen erschwert die letzte Fahrt der Demeter am Ende auch im Kinosessel. Denn leider schwankt die Horror-Erzählung qualitativ mehr als ein Schiffsaufenthalt rechtfertigen könnte.

Die letzte Fahrt der Demeter hat nach einem vielversprechenden Start ein Dracula-Problem

Dabei ist der erste Eindruck positiv. Die einzelnen Figuren des Films sind punktgenau besetzt. Liam Cunningham (Davos aus Game of Thrones) wird wieder zum Kapitän und David Dastmalchian (Oppenheimer) spielt den zweifelnden Maat Wojchek. Die aufstrebende Jungdarstellerin Aisling Franciosi (The Nightingale) versteckt sich an Bord, während Corey Hawkins (In the Heights) als Arzt Clemens die nötige Sympathie mitbringt, um uns in die Geschichte zu ziehen. Darüber hinaus besticht der Film mit seinem Schiffs-Set, der Ausstattung und den Kostümen.

Der vielversprechende Trip verliert erst dann seinen Kurs, wenn der Horror-Bösewicht in Erscheinung tritt. Denn das größte Problem dieses Monsterfilms ist ausgerechnet sein Monster.

Draculas Schatten liegt über dem Boot

Dracula-Fans wissen natürlich, wie die Reise der Demeter endet. Die unheilvolle "letzte Fahrt" steckt sogar im Titel. Aber ist es notwendig, dass der Film gleich zu Beginn den Ausgang der Reise zeigt? Muss er uns per Text-Verweis unübersehbar ein "Achtung, ich bin ein Dracula-Film" entgegenschleudern? Das gibt früh die unerfreuliche Fahrtrichtung vor: Holzhammer statt Horror-Nuancen.

Dabei schimmert das einnehmende Werk, das Die letzte Fahrt der Demeter hätte sein können, immer wieder durch. Im Ausgangshafen startet die Erzählung noch als Abenteuerfilm und wir begeben uns trotz Warnungen der Anwohner vorfreudig mit aufs Meer. Im Wechsel düsterer Nächte und sonniger Tage hätte der Horror-Film seine Spannungsschraube immer weiter anziehen können. Doch der Erzählung mangelt es an Geduld, das Drehbuch enthüllt zu schnell zu viel von seinem Blutsauger.

Wenn der Horror zur müden Fingerübung wird

Es dauert keine halbe Stunde, bis wir die Kreatur das erste Mal übers Deck kriechen sehen. Das raubt späteren, effektiveren Szenen leider ihren Schrecken. Die Szene mit einem Kind, das versehentlich allein mit dem Ungeheuer in der Kapitänskajüte eingesperrt wird, hat zum Beispiel enormes Potenzial. Wenn der Junge aus seinem Versteck nur dürre weiße Glieder aufblitzen sieht, ist die Gänsehaut plötzlich da. Aber es wäre so viel unheimlicher gewesen, wenn wir Nosferatu vorher noch nicht vollständig zu Gesicht bekommen hätten.

Die letzte Fahrt der Demeter: Darf ich vorstellen, Dracula

So aber ist und bleibt dieser Vampir (trotz kundigem Monster-Mime Javier Botet) bis zum Schluss ein langweiliges, CGI-verseuchtes Monster ohne Seele, das seinen eigenen Film zerstört. Die zwischen intelligentem Mann und blutrünstiger Bestie pendelnde Dracula-Faszination wird hier auf den Schockeffekt reduziert. Die Intelligenz dieses Wesens bleibt reine Behauptung und der Vampir-Überfall verkommt zum ermüdend oft wiederholten Handgriff der Erzählung.

Zahlreiche Logiklöcher, die die Demeter unterwegs fast versenken, und sogar der auf halber Strecke aufgegebene Versuch, interessante Charaktere zu etablieren, ließen sich ignorieren – wenn der Monsterfilm zumindest eine mitreißende Atmosphäre entwickeln würde. Doch die 25 Jahre geplanten Versatzstücke entwickeln ohne überzeugende Gefahr nicht den nötigen Sog. Und so bleibt am Ende nur das Wissen, dass man sich für eine gelungene Umsetzung der unheilvollen Schiffsreise lieber die 2. Folge der Netflix-Serie Dracula ansehen sollte.

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