Den schlechtesten Film aller Zeiten hatte Adam Sandler angedroht, falls er für Der schwarze Diamant ohne Oscar ausgeht. Sein neuer Netflix-Film Hubie Halloween allerdings ist ein herziger, familienfreundlicher Zeitvertreib. Er verdient weder Hymnen noch Hass.
In der Gruselkomödie spielt der Comedy-Star eine klassische Sandler-Type. Ausgestattet mit einem Herzen aus Gold kreischt sich der linkische Außenseiter Hubie durch die Story. Dabei stürzt sich der Netflix-Film ins Thementerritorium von Cobra Kai. Hubie kann zwar kein Karate. In einem Parallel-Universum wäre er jedoch der erste Schüler für Johnny Lawrence' Dojo.
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Neuer Netflix-Film: Hubie ist ein klassischer Adam Sandler-Underdog
Gute Comedy, um mal im Karate-Bild zu bleiben, tritt nach oben, nicht nach unten. Deswegen strotzt die Comedy-Geschichte vor Underdogs und Außenseitern, von Charlie Chaplins Tramp bis Sacha Baron Cohens Borat, von Waterboy bis Sandy Wexler. Die letztgenannten Sandler-Helden setzen sich in einer Welt durch, die auf sie herabblickt. Hubie gehört dazu. Statt College-Football und Hollywood kämpft er sich diesmal durchs Horror liebende Städtchen Salem, Massachusetts.
Halloween ist für den schreckhaften Hubie Dubois (Adam Sandler) sowieso schon der schlimmste Tag des Jahres. Doch diesmal wird es der reinste Albtraum. Sein neuer Nachbar (Steve Buscemi) beantwortet die Frage nach dem Alter verdächtigerweise mit: "in Menschenjahren!?" Ein entflohener Insasse einer psychiatrischen Klinik schleicht mit Schweinemaske durch die Stadt. Und ein Mitmensch nach dem anderen verschwindet auf geheimnisvolle Weise.
Hört den Screamgestöber-Podcast über Hubie Halloween:
Dabei ist Hubies Leben schon schwer genug. Die halbe Stadt hänselt den selbsternannten Sicherheitsbeauftragten für Halloween. Kinder bewerfen ihn mit Eiern, Kollegen spielen ihm fiese Streiche. Für Salem stellt Hubie eine lebende Zielscheibe dar. Ohne seine Schweizer Thermoskanne (ich zählte mindestens 12 Funktionen) und die Liebe seiner Mutter (June Squibb) wäre dieser Sandler-Held aufgeschmissen.
Hubie Halloween: Eine Figur, wie geschaffen für Cobra Kai
Brechen wir die harmlose Oberfläche der Netflix-Komödie auf, erzählt Hubie Halloween von einem Opfer feiger Bullys. Hubies Exzentrizitäten dämpfen den Aufprall. Sie regen zu Lachern an, statt zum Mitleid. Doch die Schläge seiner Umgebung sitzen. Daraus ergibt sich eine unerwartete thematische Nähe zu Cobra Kai.
Die Karate Kid-Fortsetzung verpackt die Auseinandersetzung mit Bullying in einer erstaunlich nuancierten Martial Arts-Hülle. Johnny Lawrence (William Zabka) und Daniel La Russo (Ralph Macchio) lehren in der Netflix-Serie die Kunst des Angriffs und der Verteidigung. Ihre Dojos entwickeln sich zum Fluchtpunkt von Außenseitern. Allerdings führt das Training indirekt auch zu einer schweren Verletzung. Diese Täter-und-Opfer-Dynamik beeindruckt durch ihre Vielschichtigkeit.
Auf Steven Brills Komödie treffen nun alle möglichen Begriffe zu. "Vielschichtig" oder "nuanciert" gehören nicht dazu. Stattdessen erzählt Hubie Halloween eine Geschichte, die mit minimal veränderten Stellschrauben ins Gemetzel eines Freitag der 13.-Sequels eskalieren könnte. Die biografischen Eckpunkte von Hubie Dubois - sexuell retardierter Außenseiter mit Mutterkomplex - prädestinieren ihn für einen Platz in der Selbsthilfegruppe von Ur-Slasher Norman Bates aus Psycho.
Hubie Halloween: Eine kuschelige Netflix-Decke mit Sandler-Muster
Hubie allerdings schlägt einen anderen Pfad ein und dieser führt nicht zu einem Karate-Dojo. Dieser Weg ergibt sich aus einer der Konstanten von Adam Sandlers Comedy-Verständnis: seine Empfindsamkeit.
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Dass Hubie nicht mit Hockey-Maske und Machete durch Salem marschiert - und ich würde es ihm kaum verübeln - liegt an seiner Güte. Tief eingeschrieben in seiner Figuren-DNA, ist Hubie ein grundsätzlich guter Mensch. Unter den bizarren Stimmen, verzogenen Mundwinkeln und irritierenden Ticks seiner Figuren pochen Liebe und Mitgefühl. Was total abgedroschen klingt.
Was aber auch seltsam berührend in seiner Naivität und ungewohnt in seiner Ehrlichkeit ist. In anderen Komödien stößt derartige Sentimentalität als manipulativ bitter auf. Adam Sandler hingegen muss sie nicht "verkaufen".
Sie ergibt sich organisch aus der Situation seiner Underdogs. Die sind laut und seltsam und schrecken erstmal ab. Aber im Verlauf von 100 Minuten verwandeln sie sich zur kuscheligen Decke für sozial distanzierte Tage: warm, sicher und manchmal auch ziemlich lustig.
Habt ihr schon Hubie Hallowen geschaut?