Roma hat den Hauptpreis des Filmfestivals in Venedig gewonnen. Der neue Film von Gravity-Regisseur Alfonso Cuarón wurde gestern Abend auf dem Lido mit dem Goldenen Löwen für den besten Film ausgezeichnet. Damit krönt der Streaming-Anbieter Netflix ein angespanntes Festival-Jahr, das noch im Mai mit den Konflikten um den Auftritt beim Filmfestival in Cannes für Aufsehen sorgte. Netflix hatte dort seine Filme zurückgezogen, nachdem eine Einreichung im Wettbewerb verwehrt wurde. Ausschlaggebend war unter anderem der Druck der französischen Kinobetreiber. Beim Festival in Venedig wurde Netflix hingegen mit offenen Armen empfangen. Neben den Preis für den besten Film ging auch der Drehbuchpreis an eine Netflix-Produktion: The Ballad of Buster Scruggs von den Coen-Brüdern.
In Roma wird das Leben einer Haushaltshilfe in einer mexikanischen Mittelklasse-Familie der frühen 70er Jahre beobachtet, eine Zeit der autoritären Repression in der mexikanischen Geschichte. Dabei basiert der Film auf Cuaróns Erinnerungen an seine eigene Jugend in Mexiko-Stadt.
The Favourite von Yorgos Lanthimos gewinnt zwei Preise in Venedig
Die Jury um Präsident Guillermo del Toro zeichnete außerdem zweifach die schwarze Historienkomödie The Favourite von Yorgos Lanthimos aus. Der Große Preis der Jury sowie der Volpi Cup für die beste Schauspielerin (Olivia Colman) ging an den Film, in dem Emma Stone und Rachel Weisz um die Gunst der Königin Anne kämpfen. Mit dem Preis für die beste Regie wurde der Franzose Jacques Audiard ausgezeichnet, dessen Western The Sisters Brothers mit Joaquin Phoenix und John C. Reilly in den Wettbewerb gegangen war. Zum besten Schauspieler wurde Willem Dafoe gekürt, der in At Eternity's Gate den Maler Vincent van Gogh verkörpert. Zwei weitere Preise gingen an den historischen Rachefilm The Nightingale von Jennifer Kent über eine irische Frau im frühen 19. Jahrhunderts, die einen englischen Offizier durch die Wildnis Tasmaniens verfolgt. The Nightingale wurde neben dem Spezialpreis der Jury auch mit dem Preis für den besten neuen Darsteller ausgezeichnet, namentlich für Baykali Ganambarr, der den Fährtenleser Billy spielt.
Guillermo del Toro, dessen Shape of Water vergangenes Jahr den Goldenen Löwen gewonnen hatte, saß der Wettbewerbs-Jury vor, die weiterhin aus Sylvia Chang, Trine Dynholm, Nicole Garcia, Paolo Genovese, Małgorzata Szumowska, Taika Waititi, Christoph Waltz und Naomi Watts bestand.
Hier könnt ihr die ersten Eindrücke der Gewinnerfilme des Filmfestivals von Venedig nachlesen:
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Erinnerungen an seine eigene Jugend verarbeitet Cuarón in Roma, die in der mexikanischen Geschichte mit Autoritarismus und Massakern an Studentenprotesten zusammenfiel. Es ist sein bisher bester Film.
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Emma Stone durchläuft in The Favourite eine Tour de Force, dabei vervollständigt sie ein starkes schauspielerisches Dreieck mit Olivia Colman und Rachel Weisz. Die Coen-Brüder enttäuschen derweil.
- The Sisters Brothers ist wunderbar entspannt, was bei diesem Regisseur einigermaßen unerwartet kommt.
- Willem Dafoe ist eine Idealbesetzung für den großen Vincent van Gogh, auch wenn der Film nicht immer mithalten kann.
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The Nightingale ist weniger souverän als Jennifer Kents Vorgänger Der Babadook, aber das hat Methode.
Die Preisträger der 75. Internationalen Filmfestspiele von Venedig:
Goldener Löwe für den besten Film
Roma, Regie: Alfonso Cuarón
Großer Preis der Jury
The Favourite, Regie: Yorgos Lanthimos
Beste Regie
Jacques Audiard, The Sisters Brothers
Volpi Cup, Beste Schauspielerin
Olivia Colman, The Favourite
Volpi Cup, Bester Schauspieler
Willem Dafoe, At Eternity’s Gate
Bestes Drehbuch
Joel und Ethan Coen, The Ballad of Buster Scruggs
Spezialpreis der Jury
The Nightingale, Regie: Jennifer Kent
Marcello Mastroianni Award für den besten neuen Schauspieler/die beste neue Schauspielerin
Baykali Ganambarr, The Nightingale
Weitere Preise der Filmfestspiele von Venedig 2018:
Orizzonti:
Bester Film
Manta Ray, Regie: Phuttiphong Aroonpheng
Beste Regie:
Ozen (The River), Regie: Emir Baigazin
Spezialpreis der Jury
Anons (The Announcement), Regie: Mahmut Fazil Coskun
Beste Schauspielerin
Natalya Kudryashova, The Man Who Surprised Everyone
Bester Schauspielerin
Kais Nasif, Tel Aviv On Fire
Bestes Drehbuch
Pema Tseden, Jinpa
Bester Kurzfilm
Kado, Regie: Aditya Ahmad
Löwe der Zukunft – “Luigi De Laurentiis” Preis für den Debütfilm
The Day I Lost My Shadow, Regie: Soudade Kaadan
Venice Virtual Reality:
Beste VR
Spheres: Chorus Of The Cosmos, Regie: Eliza McNitt
Beste VR-Experience
Buddy VR, Regie: Chuck Chae
Beste VR-Story
L’Ile Des Morts, Regie: Benjamin Nuel
Venice Classics:
Beste Dokumentation über Film
The Great Buster: A Celebration, Regie: Peter Bogdanovich
Beste Restauration
La Notte Di San Lorenzo, Regie: Paolo und Vittorio Taviani
FIPRESCI Awards:
Preis der internationalen Filmkritik für einen Film im Wettbewerb
Sunset, Regie: László Nemes
Preis der internationalen Filmkritik für einen Film in Orizzonti und den Parallelsektionen
Still Recording, Regie:
Saeed Al Batal und Ghiath Ayoub
Was sagt ihr zu den Gewinnern des Filmfestivals von Venedig?