Oscar 2018: Wir wünschen uns Gary Oldmans ausgeflippte Rollen zurück

27.02.2018 - 12:10 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Gary Oldman in Die dunkelste Stunde und Sid & Nancy
Universal/HIghlight Film
Gary Oldman in Die dunkelste Stunde und Sid & Nancy
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Gary Oldman hat große Chancen, für seine Rolle in Die dunkelste Stunde den Oscar zu gewinnen. Doch musste erst ein typisches Oscar-Biopic kommen, um dem Schauspieler diese Auszeichnung zu überreichen? Wir wünschen uns Gary Oldmans ausgeflippte Rollen zurück.

Zum zweiten Mal ist Gary Oldman dieses Jahr für einen Oscar als Bester Hauptdarsteller nominiert. 2012 konnte er die Trophäe für seine Leistung in König Dame As Spion nicht mit nach Hause nehmen. 2018 räumen Experten dem Schauspieler aber die größten Chancen ein, in der Kategorie als Sieger hervorzugehen. Im Vergleich zu Oldmans früheren Rollen wirkt Die dunkelste Stunde aber schon fast gewöhnlich.

Gary Oldmans Oscar-Rolle in Die dunkelste Stunde

In Joe Wrights Biopic Die dunkelste Stunde spielt Gary Oldman den britischen Premierminister Winston Churchill, der während des Zweiten Weltkriegs vor der schwerwiegenden Entscheidung steht, ein Friedensabkommen mit Nazi-Deutschland abzuschließen oder sich weiterhin für die Ideale seiner Nation einzusetzen. In einer Anspielung auf Donald Trump lobte Filmkritikerin Ann Hornaday von der Washington Post  das Drama folgendermaßen: "Als Porträt eines brillanten, bedachten und moralisch wagemutigen Staatsoberhaupts ist 'Darkest Hour' der Film, den wir gerade dringend brauchen." Gerade diese Aktualität macht Die dunkelste Stunde wohl zu einem Liebling der Kritiker und der Academy. Bei den Oscars 2018 ist der Film in insgesamt 6 Kategorien nominiert, darunter als Bester Film, und Gary Oldman eben als Bester Hauptdarsteller.

Dabei stellt seine Rolle des Winston Churchill in dem Biopic Die dunkelste Stunde wohl eine der konservativsten seiner Karriere dar, hat Gary Oldman doch zu Beginn seiner Laufbahn von Punkrocker Sid Vicious über Graf Dracula bis hin zum Koks-schnüffelnden Polizisten wesentlich ausgefallenere Parts verkörpert. Dass er den Goldjungen nun für eine quasi auf den Oscar zugeschnittene Rolle gewinnen könnte, lässt seine vielschichtige Karriere etwas in den Hintergrund geraten. Wir wünschen uns daher diese anderen Seiten von Gary Oldman zurück.

Gary Oldman als Winston Churchill in Die dunkelste Stunde

Ein Plädoyer für Gary Oldmans spannendste Rollen

Nach seinen schauspielerischen Anfängen auf der Theaterbühne wurde Gary Oldman im Kino 1986 durch die Darstellung des Punk-Rockers Sid Vicious in dem Biopic Sid & Nancy bekannt. Das Musik-Drama erforschte die Beziehung zwischen Sid, Bassist der Sex Pistols, und seiner Freundin Nancy Spungen. Bevor er sich dazu entschloss, bei dem Projekt mitzuwirken, hatte Oldman die Rolle zwei Mal abgelehnt, da er sich zu wenig mit der Punk-Bewegung auskannte. Bei den Evening Standard British Film Awards wurde Gary Oldman schließlich als bester Newcomer ausgezeichnet. Schon damals hängte sich der Schauspieler voll in seine Rolle rein und aß nur noch Fisch und Melone, um den mageren Sid so authentisch wie möglich darzustellen. Von den Kritikern wurde Sid & Nancy durchweg positiv aufgenommen, mit dem Konsens : "Energisch und oft auch traurig, ist Sid & Nancy eine überraschenderweise berührende Liebesgeschichte, und Gary Oldman ist herausragend als verstorbene Punk-Ikone Sid Vicious."

Gary Oldmans spannendste Rollen

In den Jahren darauf bewies Gary Oldman vor allem sein Talent, vielschichtige und interessante Bösewichte zu spielen. Als Lee Harvey Oswald besetzte ihn Oliver Stone 1991 in seinem Drama JFK - Tatort Dallas. Oldman traf sich mit Oswalds Frau und seinen beiden Töchtern, um mehr über den Hauptverdächtigen des Mordes an Präsident John F. Kennedy zu erfahren. Nur ein Jahr später verkörperte Gary Oldman Graf Dracula in Bram Stoker's Dracula von Francis Ford Coppola. Etliche Kritiker lobten seine Darstellung des rastlosen Vampirs mit Herz, die sich ins Gedächtnis eingebrannt  hat.

Gary Oldmans Rolle des brutalen Zuhälters Drexl Spivey in dem von Quentin Tarantino geschriebenen Kriminalfilm True Romance wird noch heute als einer der erinnerungswürdigsten Schurken der Kinogeschichte genannt. Nicht zuletzt seine Darbietung machte den Film zum Kult-Klassiker. In Luc Bessons Léon - Der Profi verkörperte Oldman den korrupten und psychotischen Drogenfahnder Norman Stansfield, der ebenfalls von etlichen Seiten (unter anderem von Rotten Tomatoes  und der Online Film Critics Society ) als einer der am besten konzipierten Bösewichte genannt wird. Auch bei seiner zweiten Zusammenarbeit mit Besson, dem Sci-Fi-Epos Das fünfte Element, schlüpfte Oldman in die Rolle des Bösewichts. Als Jean-Baptiste Emanuel Zorg machte er Bruce Willis und Milla Jovovich das Leben schwer.

Oldmans großer Sprung vom Bösewicht zum Helden

In den 2000er Jahren distanzierte sich Gary Oldman schließlich von den Schurken-Rollen, die ihn berühmt gemacht haben. Unter anderem spielte er zwei eher heldenhafte Figuren in großen Franchises, nämlich die des Sirius Black in den Harry Potter-Filmen und die des Commissioner Gordon in der Batman-Trilogie von Christopher Nolan. Zwischen Punk-Rocker Sid Vicious in Sid & Nancy und Premierminister Winston Churchill in Die dunkelste Stunde liegen auf jeden Fall Welten. Aber genau diese Bandbreite ist es, die Gary Oldman zu einem verdienten Oscar-Preisträger macht und verdeutlicht, warum der Schauspieler den Oscar 2018 wirklich mit nach Hause nehmen sollte, wenngleich Die dunkelste Stunde neben Die Verlegerin zu den traditionellsten Oscarfilmen zählt.

Dabei soll dieser Artikel keineswegs andeuten, Gary Oldman hätte den Oscar für seine schauspielerische Leistung nicht verdient. Schließlich liefert er in Die dunkelste Stunde eine einwandfreie Darbietung ab. Ein ganzes Jahr beschäftigte sich Oldman nur damit, Churchills Verhalten zu studieren. Bei seiner Dankesrede bei den Golden Globes dieses Jahr dankte er vor allem seiner Frau für ihr Durchhaltevermögen, gestand sie wohl oft ihren Freunden: "Ich ging ins Bett mit Winston Churchill und wachte mit Gary Oldman auf."

Vielleicht fühlt sich Gary Oldman mit seinen 59 Jahren mittlerweile zu alt, um die ausgeflippteren Parts von früher zu übernehmen, und legt auch in Zukunft mehr Wert auf pathetische Oscar-Kost. Dennoch würden wir es begrüßen, wenn Gary Oldman nach seiner möglichen Oscar-Rolle wieder auf die Suche nach etwas spannenderen Angeboten geht. Wir wünschen uns seine Facetten von früher zurück und würden ihn auch gerne mal wieder als Drogen-konsumierenden Polizisten oder Dreadlocks-tragenden Zuhälter sehen - natürlich nur auf der Leinwand.

Wünscht ihr euch auch wieder mehr ausgeflippte Rollen von Gary Oldman?

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