Endlich im Kino: Richtig guter Skandalfilm über eine der schockierendsten Mordserien der letzten 25 Jahre

13.01.2023 - 10:14 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
Holy SpiderAlamode Film
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Holy Spider erzählt die wahre Geschichte eines Serienmörders, die auf gleich mehreren Ebenen verstört. Der Film dürfte selbst Fans der Dahmer-Serie bei Netflix erblassen lassen.

Aktuell ist der Iran vor allem wegen mutiger Proteste gegen das bestehende Regime und dessen unmenschliche Politik in den Schlagzeilen. Proteste, die bereits mehrere Todesopfer forderten. (Mehr dazu könnt ihr unter anderem im Themenschwerpunkt bei zeit.de  nachlesen.) Vor über 20 Jahren wurden ebenfalls Menschen aus politischen und religiösen Überzeugungen ermordet – allerdings durch einen Serienkiller.

Der sogenannte Spinnenmörder tötete mindestens 16 Frauen, weil sie als Sexarbeiterinnen angeblich den moralischen Verfall seiner Stadt Maschhad vorantrieben. Holy Spider vom iranischen Regisseur Ali Abbasi erzählt eine leicht fiktionalisierte und trotzdem schmerzhaft reale Version dieser Geschichte, die ab dem 12. Januar 2023 endlich auch in deutschen Kinos zu sehen ist.

Der Film lohnt sich nicht nur für Leute, die sich gerne zu Serienkiller-Geschichten nach wahren Ereignissen à la Dahmer - Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer gruseln.

Holy Spider erzählt die verstörende Geschichte eines echten Serienmörders

Zar Amir-Ebrahimi als Journalistin Rahimi

Saeed Hanaei (Mehdi Bajestani) ist ein religiöser Mann, der glaubt, im göttlichen Auftrag zu handeln. Abends steigt er auf seinen Motorroller und fährt in die Teile von Maschhad, in denen Sexarbeiterinnen auf Kundschaft warten. Manchmal nimmt er eine von ihnen mit, entweder in ein leerstehendes Haus oder seine eigene Wohnung. Dort ermordet er sie, um seine Stadt von ihrer Existenz zu "reinigen". In seinen Augen ist Prostitution ein Affront gegen den Islam.

Weil auch die Polizei nichts dagegen zu haben scheint, dass Sexarbeiterinnen von den Straßen verschwinden, wird den Mordfällen nicht richtig nachgegangen. Bis die Journalistin Rahimi (Zar Amir-Ebrahimi) auftaucht, um mit Hilfe eines Freundes die Fälle aufzurollen, und dabei als Frau auf heftige Gegenwehr stößt.

Holy Spider ist ein ganz realer Horror-Film mit herausragender Hauptdarstellerin

Der Film erzählt seine Geschichte hier aus zwei Perspektiven: der des frauenverachtenden Killers und der seiner Jägerin, die nicht länger aufgrund ihres Geschlechts als minderwertiger Mensch wahrgenommen werden will. Regisseur Ali Abbasi zeigt hier Gewalt, die beim Zuschauen wehtut – allerdings nicht nur körperlich. Holy Spider hinterlässt auch psychische Wunden.

Seht hier den Trailer zu Ali Abbasis Fantasy-Drama Border:

Border - Trailer (Deutsch) HD
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Das liegt daran, dass die Opfer nie einfach nur Opfer sind, an denen die Furchtbarkeit des Mörders bewiesen wird. Sie haben eine Persönlichkeit, eine Geschichte, ein Leben außerhalb der Tragödie. Ihr Tod ist keine isolierte Tat eines schrecklichen Mannes, sondern Teil eines gesamtgesellschaftlichen Problems. Holy Spider-Regisseur Ali Abbasi sprach bei der frenetisch beklatschten Premiere bei den Filmfestspielen in Cannes von einem "großen Tag für den iranischen Film". Allen Beteiligten scheint klar, dass sie mit Holy Spider nicht nur eine verstörende, sondern auch eine wichtige Geschichte erzählen.

Besonders beeindruckt hier Zar Amir-Ebrahimi als junge Journalistin, deren Augen mehr von Angst, Hilflosigkeit und unterdrückter Wut erzählen können als jede Aufnahme eines strangulierenden Serienkillers. Vollkommen zu Recht wurde die iranische Schauspielerin dafür bei den Filmfestspielen in Cannes als Beste Schauspielerin ausgezeichnet.

Was Holy Spider so viel gruseliger als Netflix' Dahmer macht

Schauspieler Mehdi Bajestani als Spinnenmörder Saeed Hanaei

Ähnlich wie Jeffrey Dahmer tötete auch der iranische Spinnenmörder Menschen, die am Rand der Gesellschaft existierten. Dahmer wurde zuletzt durch die wahnsinnig erfolgreiche Serie bei Netflix zum (pop)kulturellen Phänomen – inklusive geschmackloser Halloweenkostüme, die sich an dem Serienkiller orientierten.

Saeed Hanaei hatte jedoch schon zeit seines Lebens Fans und die hatten gar kein Problem damit, sich öffentlich für seine Freilassung einzusetzen. Extrem konservative Iraner:innen feierten ihn offen für seine Beseitigung angeblich gottloser Frauen, es soll sogar Nachahmungstäter gegeben haben . Holy Spider zeigt auch diesen Aspekt der Geschichte, denn der Film endet nicht mit der Festnahme des Killers.

Das Unerträglichste von Holy Spider liegt in dem, was nach den Morden passiert. Den lächelnden Gesichtern, die Saeed zu seinen Taten gratulieren. Der Sohn, der stolz erzählt, dass sein Vater ein Held ist. Dem stillen Schmerz im Gesicht Rahimis, die nicht einmal mehr überrascht scheint. Genau deswegen ist Holy Spider so schwer zu ertragen und ein extrem wichtiger Film. Denn Saeed Hanaei mag längst tot sein, sein Frauenhass lebt – und das nicht nur in Teilen der iranischen, sondern auch der deutschen Gesellschaft.

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Welchen Film auf Basis einer realen Mordserie findet ihr am gelungensten?

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