Schwere Zensur-Vorwürfe: Disney soll fast alle LGBTQ+ Momente aus Pixar-Filmen gestrichen haben

11.03.2022 - 14:42 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
Luca jetzt bei Disney+Disney/Pixar
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Angestellte von Pixar attackieren ihre Mutterfirma Disney heftig. Ein offener Brief beschreibt Zensurvorgänge, mit denen gezielt etwa LGBTQ+-Szenen aus Filmen gefiltert werden sollen.

Die Eiskönigin, Star Wars, Toy Story, Findet Nemo oder Marvel: Disney ist mit seinen Marken das einflussreichste Unterhaltungsunternehmen bei Kindern und Jugendlichen und zunehmend auch bei Erwachsenen. Geschichten, die Studios von Disney verbreiten, inspirieren ein Publikum weltweit. Bestenfalls repräsentieren sie es auch. Deswegen wiegen die Zensur-Vorwürfe, die diese Woche aus den eigenen Reihen gegen Disney erhoben wurden, sehr schwer.

Pixars Zensur-Vorwürfe gegen Disney: Was ist passiert?

Wer erhebt die Vorwürfe gegen Disney? Angestellte des Animationsstudios Pixar wandten sich am Donnerstag mit einem offenen Brief an ihre Mutter-Firma Disney, berichtet Variety . Das Schreiben richtet sich direkt an die Disney-Geschäftsführung um CEO Bob Chapek. Formuliert wurde es von "den LGBTQIA+-Angestellten von Pixar und ihren Verbündeten". (LGBTQIA+ = Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender, Queer, Intersexual und Asexual)

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Worum geht es in dem Brief? In dem Text werden schwerwiegende Vorwürfe gegen Disney erhoben. So soll Disney in den letzten Jahren Jahren stark auf Versuche der Pixar-Kreativen eingewirkt haben, Lebenswirklichkeiten von LGBTQIA+-Menschen abzubilden. Also etwa Szenen aus Drehbüchern gestrichen haben, in denen gleichgeschlechtliche Liebe thematisiert oder abgebildet wird.

Warum veröffentlichen die Pixar-Angestellten den Brief gerade jetzt? Im US-Bundesstaat Florida wurde in dieser Woche die sogenannte "Don't Say Gay Bill" verabschiedet. Das Gesetz soll laut NBC  “Diskussionen über sexuelle Orientierung und Gender-Identität in Klassenräumen" der Grundschulen im Staat verbieten. Die demokratische Senatorin Annette Taddeo befürchtet dadurch Gefahren für "LGBTQ-Schüler:innen und Heranwachsende" im republikanisch regierten Staat. Disney-CEO Chapek hatte auf das Gesetz mit den Worten reagiert : "Den größten Effekt bei der Erschaffung einer inklusiveren Welt können wir durch unsere inspirierenden Inhalte erreichen."

Dieses als doppelmoralisch empfundene Disney-Statement löste die Reaktion von Pixar aus. Der Brief attackiert die angeblich weltoffene Inhaltspolitik von Disney heftig. Das Unternehmen hat sich zu dem Schreiben bisher nicht geäußert.

Pixars Zensur-Vorwürfe gegen Disney im Detail: Die wichtigsten Zitate aus dem Brief

  • "Es fühlt sich schrecklich an, Teil eines Unternehmens zu sein, das Geld mit Pride-Merch verdient, das aber 'zurücktritt' in Zeiten, in denen wir Unterstützung brauchen, in denen unsere Rechte auf dem Spiel stehen."
  • "Nahezu jeder Moment offener, homosexueller Zuneigung [in Pixar-Produktionen] wird im Auftrag von Disney gestrichen, ungeachtet des Protests sowohl unseres kreativen Teams als auch der Geschäftsführung von Pixar."
  • "Wir bei Pixar haben persönlich mit angesehen, wie schöne Geschichten voller diverser Charaktere von [Disney] zurückgeschickt wurden, geschliffen zu Krümeln dessen, was sie einst waren."
  • "Selbst wenn die Erschaffung von LGBTQIA+-Inhalten die Antwort auf diskriminierende Gesetzgebung in der Welt wäre, werden wir daran gehindert, sie zu erschaffen."

Wie tolerant und weltoffen ist die Welt von Pixar (und Disney)?

Der Brief von Pixar ist nicht nur ein Angriff auf Disney, sondern auch Rechtfertigung. Die Filme von Pixar stehen für humanistische Botschaften: Nächstenliebe, Freundschaft, Toleranz, Hilfsbereitschaft. Dies stand allerdings in einem zunehmend auffallenderen Kontrast zu der fehlenden Abbildung von LGBTQIA+-Lebenswelten.

Große Teile der US-amerikanischen Unterhaltungsindustrie sind zuletzt inklusiver geworden, sie zeigen lesbische und schwule Beziehungen zeigen und erzählen Geschichten über Transpersonen. Pixar blieb größtenteils auf dem streng heteronormativen Stand der 00er Jahre hängen. Ausnahmen sind rar gesät. In Onward: Keine halben Sachen gibt es eine lesbische Polizistin. Im Pixar-Kurzfilm Out geht es um einen Mann, der sich vor seinen Eltern als schwul outen will.

Schauen wir auf Disney-Produktionen außerhalb von Pixar, finden wir lediglich LGBTQIA+-Spurenelemente. Etwa in der Marvel-Serie Loki, dem MCU-Blockbuster Thor 3 oder Star Wars 9. Die LGBTQIA+-Momente sind hier meist so klein, dass Disney sie für offen LGBTQIA+-feindliche Märkte wie Russland, Katar und Saudi-Arabien bequem rausschneiden kann.

Medien und die LGBTQIA+-Community kritisieren diesen Zustand schon länger. Dass sich ein Mitglied der Disney-Familie öffentlich gegen das Unternehmen stellt, ist neu.

In diesem Podcast erfahrt ihr weitere Hintergründe zur Diversität bei Disney:

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