Sex, Drogen & Gewalt mit Gaspar Noé

26.08.2010 - 08:50 Uhr
Enter the Void
Wild Bunch
Enter the Void
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Mit Menschenfeind und Irreversibel erwarb sich Gaspar Noé den Ruf als Skandal-Regisseur. Heute startet sein neuer Film Enter the Void in den Kinos, und wieder führt der Franzose sein Publikum in einen Sumpf aus Drogen, Sex & Gewalt. Wir wollen den provokanten Filmemacher einmal näher betrachten.

Es ist noch nicht wirklich viel, was Gaspar Noé der Filmwelt bis heute beschert hat. Dennoch reichen seine beiden bisherigen, skandalumwitterten Kinofilme Menschenfeind und Irreversibel völlig aus, um den französischen Regisseur und Drehbuchautor zu den vielversprechendsten Filmemachern Europas zu zählen. Anlässlich des heutigen Kinostarts seines dritten Spielfilms Enter the Void wollen wir Euch Gaspar Noé einmal näher vorstellen.

Mit Kurzfilmen zum Erfolg
Der gebürtige Argentinier verbrachte seine Jugend in New York und Buenos Aires, bevor er mit 12 Jahren mit seiner Familie nach Paris zog. Nach dem Studium der Filmwissenschaften sammelte er zunächst Erfahrungen als Regieassistent und inszenierte eine Reihe von Kurzfilmen. Mit Carne spielte er sich 1991 zum ersten Mal auf die internationale Kinolandkarte. Darin führte er die von Philippe Nahon gespielte Figur eines namenlosen Pariser Pferdeschlachters ein, deren Geschichte er sieben Jahre später in seinem ersten Langspielfilm Menschenfeind weiterführte und die er auch am Anfang von Irreversibel anschnitt. Das 40-minütige Werk wurde von der Kritik gefeiert und in Cannes mit dem Preis für den besten Kurzfilm ausgezeichnet.

Inzest und Gewalt in ästhetisierten Bildern
Gaspar Noé liebt es nach eigener Aussage, mit seinen Filmen gesellschaftliche Tabus zu brechen und sein Publikum zu schocken. Dieses Ziel hat er mit Menschenfeind erreicht: Die Hauptfigur des Schlachters verachtet die Gesellschaft und weiß sich nur mit Gewalt zu helfen, sowohl gegen seine Tochter und seine Lebensgefährtin als auch gegen völlig Fremde. Im ständigen inneren Monolog dürfen wir ausgiebig an seinem kaputten Innenleben teilhaben. In der kulminativen Szene vermischt Gaspar Noé schließlich Realität und Einbildung und spielt in graphisch ausgeprägten Bildern mit dem inzestuösen Verhältnis von Vater und Tochter, während wir vom Voice-Over des Schlachters erfahren dürfen, wie rein die Liebe zu seiner Tochter gerade wegen des gesellschaftlichen Tabubruchs ist. Diese provokative Thematik inszeniert Gaspar Noé in ästhetischen Bildern und unterbricht diese mit sich ständig wiederholten, plötzlichen Soundeffekten und erklärenden Titelkarten mit unterschiedlichen Botschaften. All diese Elemente machen Menschenfeind zu einem lange nachhallenden Gesamtkunstwerk, das gleichzeitig schockiert und begeistert.

Die abstoßende Zelebrierung einer Vergewaltigung
Mit seinem zweiten Spielfilm Irreversibel sorgte Gaspar Noé für den nächsten Eklat, indem er seinen Film komplett auf die abstoßende Wirkung einer ungeschnittenen, achtminütigen Vergewaltigungsszene ausrichtete. Rückwärts à la Memento erzählt er die Geschichte der drei Hauptfiguren (Vincent Cassel, Monica Bellucci, Albert Dupontel) die sich zuhause zum Ausgehen vorbereiten und sich danach auf einer Party amüsieren, bis der eigentliche Höhepunkt letztendlich eintritt. Zeigte Gaspar Noé schon zu Beginn des Films eine brutale Tötungsszene, verließen spätestens bei der angesprochenen Vergewaltigungsszene im letzten Drittel viele Zuschauer bei der Premiere von Irreversibel in Cannes den Kinosaal. Dem Regisseur selbst zaubern solche Reaktionen ein befriedigtes Lächeln ins Gesicht, denn er hat sein Ziel wieder einmal erreicht: mit den Emotionen des Publikums zu spielen und dieses in zwei Lager zu spalten. Die einen loben die artistische Inszenierung und die betörende Wirkung des Films, die anderen wenden sich geekelt ab. Der Erfolg an den Kinokassen hielt sich für das mehrfach ausgezeichnete Psycho-Drama zwar in Grenzen, aber auf dem DVD-Markt machte der berüchtigte Ruf des Films das maue Einspielergebnis mehr als wett.

Nahtod-Erfahrung in psychedelischem Gewand
Nachdem er sich zwischenzeitlich an zwei Ensemble-Filmen beteiligt hatte, beehrt uns Gaspar Noé nach siebenjähriger Wartezeit ab heute mit seinem dritten Spielfilm Enter the Void in den Kinos. In hypnotischen Bildern lernen wir den jungen Oscar (Nathaniel Brown) kennen, den eine intensive Beziehung mit seiner Schwester Linda (Paz de la Huerta) verbindet, seitdem sie als Kinder miterleben mussten, wie ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen. Gemeinsam schlagen sie sich durch die Halbwelt von Tokio. Er hält sich mit kleinen Drogendeals über Wasser, sie tritt als Stripperin auf. Bei einer Razzia gerät Oscar ins Visier der Polizei und wird bei der Flucht niedergeschossen. Sein Körper liegt im Sterben, doch seine Seele weigert sich, aus der Welt der Lebenden zu scheiden… Das ungewöhnliche Drama Enter the Void war bereits auf dem Fantasy Filmfest zu sehen und startet heute in den deutschen Kinos. In unserem Kinoprogramm erfahrt Ihr, wo Ihr Euch selbst vergewissern könnt, wie skandalös das neueste Werk von Gaspar Noé dieses Mal ausgefallen ist.

Im Trailer könnt Ihr Euch außerdem einen ersten Eindruck von Enter the Void machen:

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