Obwohl die Zahl der LGBT-Künstler (lesbian, gay, bisexual and transgender) innerhalb der US-amerikanischen Film- und Serienindustrie über dem gesellschaftlichen Durchschnitt liegen dürfte, ist Homo- und Transphobie in Hollywood nach wie vor ein erhebliches Problem. Dem Ergebnis einer neuen Studie des Williams Institute der University of California, Los Angeles, zufolge glauben 53 Prozent von insgesamt 5700 befragten Mitgliedern der US-Schauspielgewerkschaft, dass Regisseure und Produzenten gegenüber LGBT-Schauspielern voreingenommen seien. Der umfassende Bericht, als PDF-Datei hier nachzulesen (via Deadline ), hält weiterhin fest, dass mehr als die Hälfte aller Befragten erlebt habe, wie Filmemacher homo- oder transphobe Bemerkungen über Schauspieler getätigt hätten. Ein Drittel gibt an, "respektloses Verhalten" gegenüber schwullesbischen oder genderqueeren Schauspielern an Drehorten beobachten zu haben, während im Durchschnitt auch einer von acht heterosexuellen Befragten schon einmal Zeuge direkter Diskriminierung geworden sei.
Das Resultat dieser von der SAG-AFTRA (Screen Actors Guild – American Federation of Television and Radio Artists) finanzierten Studie mag nicht überraschen, so es die Befürchtungen aufmerksamer oder entsprechend sensibilisierter Beobachter bestätigt, und doch ist es deshalb nicht weniger erschreckend. Laut MV Lee Badgett und Jody L Herman , den Autorinnen des Berichts, müssten LGBT-Künstler auf der Suche nach Beschäftigung in Hollywood wesentliche berufliche Barrieren überwinden. Neun Prozent der schwullesbischen und vier Prozent der bisexuellen Befragten gaben an, allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Rollen verloren zu haben. Ferner würden LGBT-Künstler seltener durch Agenten vertreten als heterosexuelle Schauspieler, was für sie berufliche Nachteile bedeuten könne. Auf Seite 40 der Zusammenfassung versammelt die Studie dabei persönliche Erinnerungen der Befragten, die beobachtete und selbst erfahrene Diskriminierung (vorrangig im Kontext von Casting- und Set-Situationen) wiedergeben. Zu den anonymen Zitaten zählen unter anderem folgende Aussagen:
Ein offen schwuler Komparse wurde gefeuert, weil der Hauptdarsteller sich in dessen Gegenwart unwohl fühlte. Aus demselben Grund wurden später zwei weitere entlassen.
Einer Transgender-Person wurde mitgeteilt, sie dürfe nicht den Umkleideraum benutzen. Da es keine Alternative gab, musste sie sich in der Toilette umziehen. Die meisten Crew-Mitglieder behandelten sie wie einen Aussätzigen.
Ein Regisseur/Autor feuerte mich vier Wochen nach Beginn der Proben, weil ich nicht 'maskulin' genug sei, obwohl eine solche Anmerkung bis dahin nicht gemacht wurde. Dies passierte kurz nachdem ich mich ihm gegenüber geoutet hatte.
Zwischen andauernder Diskriminierung hinter den Kulissen und mangelhafter filmischer Repräsentation von LGBT-Themen besteht dabei ein Zusammenhang. Der zunehmend ebenso auffälligen wie erfreulichen Darstellungsvielfalt vorrangig schwullesbischer Figuren und Geschichten im US-amerikanischen Seriensektor steht eine bezüglich queerer Stoffe weiterhin erstaunliche Mutlosigkeit des Hollywoodkinos gegenüber. Seit Brokeback Mountain, der allein während seiner Kinoauswertung weltweit rund 180 Millionen US-Dollar einspielte, hat es mit Milk, The Kids Are All Right und Dallas Buyers Club gerade einmal drei queere Hollywood-Mainstream-Filme gegeben, letzterer wohlgemerkt mit einer heterosexuellen Hauptfigur. Produziert respektive verliehen wurden sie zudem, auch das kennzeichnend, allesamt von der gleichen Gesellschaft (Focus Features), während das starbesetzte Biopic Liberace laut Regisseur Steven Soderbergh fürs Kino als "zu schwul" abgewiesen und daher von HBO produziert werden musste.