Tatort: Wer Wind erntet, sät einen Sturm im Wasserglas

14.06.2015 - 20:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Tatort: Wer Wind erntet, sät Sturm
RadioBremen/ARD
Tatort: Wer Wind erntet, sät Sturm
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Eine schicke Fassade kann nicht verbergen, dass in diesem Tatort aus Bremen sehr viel gewollt und wenig erreicht wird.

Der Auftakt von Tatort: Wer Wind erntet, sät Sturm verspricht einen ungewöhnlich effizient erzählten Öffi-Krimi: Ein Aktivist besteigt ein Offshore-Windrad, stellt die Kamera ein. Schnitt! Seine Ex wundert sich über seinen Verbleib, das Telefon klingelt, Lürsen ist am Apparat. Schnitt! Lürsen am Tatort, die Kamera schwenkt an ihr vorbei, wir sehen den Leichnam auf der Treppe. Es ist ein cleverer Wechsel zwischen drei verschiedenen und später noch wichtigen Schauplätzen, der die übliche Einführung der Tatort-Kommissare von der anderen Seite aus erzählt und trotzdem zu seinem Ziel - dem Opfer - findet. Regisseur Florian Baxmeyer sucht in diesem Krimi jene Szenen, welche die gängige Ästhetik der sonntäglichen Genre-Kollegen hinter sich lassen. Doch für jedes unheilvolle Bild der Offshore-Windräder im Meer ("So sieht die Zukunft aus!"), jeden rasant inszenierten Spannungsmoment, der Tatort: Wer Wind erntet, sät Sturm am Laufen zu halten versucht, wird eine weitere Schippe unglaubwürdiger Entwicklungen nachgelegt.


Tatort: Wer Wind erntet, sät Sturm


Denn was diesen Tatort aus Bremen bestimmt, ist nicht die versprochene Effizienz der ersten Minuten, sondern deren Phrasen. Öko-Aktivist Paulsen (Helmut Zierl) zieht da im verbalen All-Caps-Modus über Vögel schreddernde Windräder her, die von seinem alten Kumpel Overbeck (Thomas Heinze) in die Nordsee gesetzt wurden. Beide demonstrierten einst gegen Castor-Transporte. Doch während der eine seine grüne Ader nun mit Windparks auslebt, trieb es den anderen in der Zwischenzeit in die Radikalisierung. Nun plärrt Paulsen seine Bannersprüche heiser in die Nordsee und das Drehbuch tut es ihm in den folgenden eineinhalb Stunden gleich.

So oft wird Paulsens Wahlspruch "Nur wer gegen den Strom schwimmt..." wiederholt, dass der Tatort wie eine Einladung zum Trinkspiel daherkommt. Spannender wäre der Krimi dadurch auf jeden Fall. Denn ob in der Darstellung zynischer Hedgefond-Vertreter oder militanter Ökos, ein wirkliches Interesse für die Hintergründe dieser Figuren wird im Buch nicht aufgebracht. Stattdessen drehen und wenden sie sich, wie es das aufgesetzte Drama verlangt. Wenn der sehenswerte Thomas Heinze den verkümmerten Idealismus seines Windpark-Chefs unter der großspurigen Mentalität eines Motivationstrainers durchscheinen lässt, sind die Ansätze eines guten Krimis zu erahnen, für den Baxmeyer gar nicht mal der falsche Regisseur ist. Denken wir etwa an den vergleichbaren Polizeiruf aus Brandenburg, Ikarus, fällt dennoch auf, wie überfrachtet die Bremer Affäre daherkommt. Wirkt der Tatort in manchen Szenen wie eine persönliche TV-Vendetta  von Drehbuchautor Wilfried Huismann, gleichen andere vorauseilenden Entschuldigungen. Eigentlich sinnig ist es da, dass sich die uninteressanteste Figur als Täter herausstellt. Die lässt eben alles mit sich machen.

Mord des Sonntags: Mit der grünen (!) Plastiktüte auf dem Kopf ertränkt.

Zitat des Sonntags: "Könnte ich da mal ganz kurz drangehen? Das ist meine Oma."

Was sagt ihr zum Offshore-Krimi aus Bremen?

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