Führen, das ist für viele Figuren in Game of Thrones schon reichlich Stress, aber Dienen? In der letzten Folge hatte Tyrion noch abfällig angemerkt, er habe King's Landing nicht regiert, er sei "nur" ein Diener gewesen. In High Sparrow, der 3. Folge der 5. Staffel, entwickeln David Benioff und D.B. Weiss diesen Gedankengang weiter. Je größer die Abweichungen von den Büchern ausfallen, desto auffälliger wird, dass die neue Staffel ihre vielen Figuren als Prisma ein und desselben Themas versteht. Das baut, wie die neue Folge zeigt, auch auf vorangegangenen Staffeln auf. Bisher war Game of Thrones über mehrere Folgen hinweg trotzdem selten so stringent in der Aufarbeitung eines Motivs wie jetzt. Der Macht wegen wird gemeuchelt, was das Zeug hält. In High Sparrow wird diese Hierarchie von unten aufgefädelt.
Der Kampf um die Macht: Sprechen wir eine Minute über Sansa. Sansas Reise nach Winterfell und ihre potenzielle Heirat mit Ramsay Bolton weicht stark vom bisherigen Verlauf der Romane George R.R. Martins ab. Ohne den Umweg der Identitätsverschleierung schließt Littlefinger über die Hochzeit eine Allianz mit Roose Bolton in Winterfell, die langfristig die Lannisters gegen ihn aufbringen könnte. Littlefinger und Bolton, das sind zwei Machtpolitiker, die ihre Herren ohne Weiteres hinters Licht führen. Dienen ist ihre Sache nur, solang sie sich davon einen Vorteil versprechen. Zwischen ihnen steht jetzt Sansa und das in einer widersprüchlichen Situation. Dem Monster Joffrey und der Zwangsheirat mit Tyrion entkommen, weist Littlefinger sie an, nicht mehr Zuschauer ihres eigenen Schicksals zu sein - und überredet sie zu einer Hochzeit mit einem Monster.
Littlefinger nutzt Sansa, um im Norden einen Verbündeten zu finden, und doch wirkt sie in dieser Folge nicht wie der Spielball der Mächtigen. "You're a Stark, dying your hair doesn't change that", erinnert Littlefinger sie und scheint Sansa nach und nach in seine Methoden einzuführen, an das zu kommen, was er will. Ehre sei schön und gut, heißt es zum wiederholten Mal in der Serie, Ned Stark habe sie das Leben gekostet. Sansas Rückkehr nach Winterfell folgt im Vergleich einem pragmatischen Denkschema. Sie könnte ihre Schwäche in eine Stärke verwandeln. Wenn sie in dieser Welt nicht mehr wert ist als eine Mitgift und eine Unterschrift, wenn also die Einheiratung in den Bolton-Clan, der für die verminderte Lebenserwartung der Starks mitverantwortlich ist, sie zurück in ihre Heimat bringt, warum nicht? Vor allem: Warum auf den kurzzeitigen Stolz beharren, wenn langfristig die Rache lockt? Je nachdem, wie Benioff und Weiss diesen Handlungsstrang weiterführen, könnte er in einer redundanten Folter-Soap mit dem eindimensionalen Psycho Ramsay und vielen unangenehmen Abendessen enden. Oder als aussagekräftige Bewältigung eines Traumas, als Weiterentwicklung Sansas, die dem Ex-Bastard of Bolton mehr entgegenzusetzen hat, als es noch beim Lannister-Jüngling der Fall gewesen war. Wie Littlefinger und Sansa als dunkle Schemen vor den kargen Bergen auf Moat Cailin hinabblicken, hat das Bild doch mehr vom Gang zu einer Beerdigung als einer Hochzeit.
Trotz der über zwei Kontinente verstreuten Schauplätze erscheint High Sparrow wesentlich kompakter als die beiden Vorgänger. Ein atmosphärisch düsterer Einstieg im House of Black and White gibt als Prolog das Leitmotiv vor ("Valar dohaeris, all men must serve, Faceless Men most of all."), bevor uns die vorzügliche Sequenz in King's Landing erwartet. Eine glückliche Hochzeit in Westeros? Das kann nicht gut gehen! König Tommen entdeckt in der Hochzeitsnacht zwar seine neue Lieblingsbeschäftigung ("This is what I want to do all day, every day, for the rest of my life."). Für Margaery beginnt als offiziell Angetraute hingegen eine neue Zeitrechnung. Sie wiegelt ihren pubertierenden Gatten mit ekelhaft-netten Kommentaren gegen die Präsenz seiner Mutter auf ("She'll never let you out of her sight." Wie ... beruhigend.) und erniedrigt Cersei vor ihren Hofdamen. Da verkraftet der geneigte Queen of Thorns-Fan sogar, dass Omi Olenna nicht mehr in der Hauptstadt weilt.