Kurzstory: Nachdem in einem kanadischen Dorf ein furchtbares Unglück geschehen ist, geht dort ein empathischer Anwalt um. Der ist fast besessen davon, den Hinterbliebenen etwas Entschädigung zu erkämpfen…

Meine ganz privaten Gedanken, ohne substanzielle Spoiler:
Regisseur Atom Egoyan scheint indischer Herkunft zu sein, hab aber auch nicht explizit danach gegoogelt. Ich hatte vor einiger Zeit mal sein „Exotica (1994)“ angefangen und mir schwirren noch heute die wunderschönen, mitreißenden, orientalischen Klänge im Kopf herum. Auch dieser Vorspann ist schon eine Wucht für sich, man spürt intuitiv, hier waren Könner am Werk. Das tolle Zusammenspiel von fließenden Bewegungen und spezieller Musik (viel Flöte) ist einfach faszinierend und lädt herzlich zur nachfolgenden Filmsichtung ein.
Wenn ich ganz naiv Bezug zum Filmtitel nehme, möchte ich erst mal behaupten, dass an seinem Film nicht wirklich viel Süßes ist (niedliche Kinder mal ausgenommen). Er ist weiß wie Schnee, es ist bitterkalt und auch einige undurchsichtige Bewohner des Dörfchens strahlen nicht allzu viel Sonne aus. Dennoch muss ich zugeben, dass sich hinter dieser Eiseskälte wiederum eine wunderschöne, malerische Landschaft verbirgt, die sogar eine gewisse Freiheit symbolisiert. Apropos Filmtitel, dieser hier ist ja wirklich äußerst faszinierend, scheint widersprüchlich bis philosophisch. Man kann ihn mit einigen Fragen im Kopf so hinnehmen, man kann sich aber auch das äußerst poetische Werk anschauen und herausfinden, was es mit der geheimnisvollen Überschrift genau auf sich hat.
„Das süße Jenseits“ ist meiner Meinung nach Egoyans Beitrag zum großen Thema “Familie“. Man weiß ja nicht, was er innerhalb dieses Konstrukts schon so erlebt hat, aber gut, schaut man sich die täglichen Nachrichten an, dann findet man wohl genug Futter für hundert Filme. Er greift sich einen großen, schweren Aspekt heraus, scharrt um diesen aber noch viele Kleinere, die zwar fast wie beiläufig erscheinen, aber dennoch eine von Anfang bis Ende extrem bedrückende Atmosphäre weben. Ganz stark fand ich die von Nicole (Polley) sporadisch mitten ins Geschehen zitierten, poetisch-literarischen Texte und Bilder, dies hat mich mit feiner Gänsehaut an ein reales, etwas düsteres Märchen denken lassen.
Eine noch sehr junge Sarah Polley (als Schülerin Nicole) hat mich irgendwann mit ihrer vielsagenden Mimik beeindruckt. Ian Holm als engagierter Anwalt steht prinzipiell im Mittelpunkt, zieht sich als roter Faden durchs Dörfchen, generell finde ich, dass man mit allen Darstellern ein wirklich gutes Händchen bewiesen hat. Denn – auf die Nebendarsteller sollte vor allem hier ein besonderes Augenmerk gelegt werden. „Exotica“ folgt!

Fazit: Großes Kino, bissel viel Anwaltsgebabbel, aber audiovisuell absolute Sahne. Sehr bedrückende Atmo aufgrund inszenatorischen Könnens!

Community-Meinung zu Das süße Jenseits