Völlig bescheuert. Absolut schrill. Und einfach brilliant.

Viel zu spät habe ich es jetzt endlich mal geschafft, den (durchaus umstrittenen) modernen Komödien-Klassiker "Anchorman" zu schauen. Und, was soll ich sagen: Der funktioniert sicher nicht bei jedem. Bei mir funktionierte er. Aber sowas von.

Wir schreiben das Jahr 1974. Ron Burgundy (Will Ferrell) ist der König der Nachtrichten-Branche von San Diego. Ron, arrogant, sexistisch und ziemlich dämlich, liebt vor allem eines: sich selbst. Das geht seinen vier News-Mitstreitern, dem sexsüchtigen Reporter Brian Fantana (Paul Rudd), dem Sportmoderator Champ Kind (David Koechner) und dem Wettermann Brick Tamland (Steve Carell) nicht anders: Gemeinsam bekunden die Jungs einander immer und immer wieder ihre Erfolge bei Frauen und warum Männer die Krone der Schöpfung sind, machen furchtbare Witze und brechen darauhin in brüllendes Gelächter aus. Die Idylle wird gestört, als die engagierte Journalistin Veronica Corningstone (Christina Apllegate) auftaucht und "Anchorwoman" werden will. Da habe eine Frau nichts zu suchen, denken die Machos, die ungeachtet dessen allesamt Veronica an die Wäsche wollen. Wer also wird in Zukunft über die "weltbewegenden" Stories wie eine Panda-Geburt und ein surfendes Eichhörnchen berichten?

Über den Film zu schreiben ist gar nicht so einfach, weil er so surreal, so bizzar, so absolut wahnsinnig ist. Denn klar ist, dass Anchorman in einer irgendwie "anderen" Welt als der unseren spielt, einer Welt, in der Nachrichtenmänner eifersüchtige Superstars sind, die sich Straßenschlachten liefern, in der Tier-Stories Weltnachrichten sind.

Ebenso schwierig ist es, zu beschreiben, warum Anchorman in all seiner Bescheuertheit so unfassbar witzig ist. Ich habe teilweise geschrien vor Lachen. Denn es sind weniger gekonnte Pointen, fantastische Wortspiele oder ähnliches, die so gut wirken. Es ist die Absurdität der Situation, der Gespräche, der Figuren. Reine Situationskomik, reine Körpersprache, reine Chemie zwischen den Figuren. Dass so etwas witzig wird, muss wohl eine der schwersten Disziplinen der Komödie sein. Und Mann o Mann, wurde das in diesem Film gut umgesetzt.

Kleines Beispiel gefällig? Sex-Süchtling Brian erzählt Ron von seinem neuen Puma-Parfüm, das natürlich alle Frauen umhaut. "It´s SCIENCE! 60 percent of the time, it works, every time!", verkündet uns Paul Rudd schmierig grinsend. "That makes no sense", antwortet Will Ferrell mit versteinerter Miene. Szene vorbei. Es ist absurd. Es macht keinen Sinn. Es ist zum absoluten Todlachen komisch.

Oder das hier: Die vier Anchormänner erzählen sich gerne gegenseitig ihre Heldengeschichten, worauf sie sich dann, ganz wie echte Kerle, mit markigen "Yeah!" oder "great story!" oder ähnlichem beglückwünschen. Auch Wettermann Brick will da mitmischen, hat aber leider einen IQ von 48 und versteht deshalb nicht, wie Redewendungen gebraucht werden. Die vier Jungs laufen durch die Gegend, fragen Brick nach einer Info. "Fantastic!", antwortet Brick da, die Macho-Lache seiner Kollegen imitierend. Die Jungs wiederholen die Frage. "Yeah!", prustet Brick als Antwort, immer noch mit dickem Grinsen. Bizarr. Genial.

Damit so eine Art Humor funktioniert, braucht man fantastische Komödien-Talente. Und die hat Anchorman. Will Ferrell als eitle Diva, Paul Rudd, als Schmierenbold, Steve Carell als halber Autist und, mein Favorit, der mir bis dato völlig unbekannte David Koechner als Rodeo-Macho mit unerwartet zarten Gefühlen - sie alle hatten offenbar gewaltigen Spaß bei den Dreharbeiten und zeigen uns, was man mit Timing und Körpersprache so alles erreichen kann.

Und nicht zuletzt: Die Chemie zwischen den Charakteren. Ähnlich wie beim ersten "Hangover" guckt man auch Anchorman so gerne, weil die Typen sich untereinander und damit irgendwie auch uns, trotz ihrer Schrägheit, unwahrscheinlich sympathisch sind. Das gilt übrigens auch für Protagonistin Christina Applegate. Sie ist in dem Haufen Verrückter die Normale; trotzdem (oder gerade deshalb) sind ihre Szenen zusammen mit Ron pures Gold.

Fazit: Eine Art Humor, auf die man sich einlassen muss. Ein Film, der in seiner ganzen Skurillität und Surrealität so ungewöhnlich oder sogar mutig ist, dass es eigentlich ein kleines Wunder ist, dass er überhaupt gemacht wurde. Und pures Comedy-Gold, wenn auch ohne viel Weisheit.

8/10.

Community-Meinung zu Anchorman - Die Legende von Ron Burgundy