Es gibt eine Szene in „The Town“ von Ben Affleck , die die Gespräche, die wir mit Filmfiguren führen, gekonnt ausnutzt. In kritischen Momenten senden wir dringend mentale Anweisungen an den Bildschirm. Lassen Sie mich hier einen solchen Moment einrichten. Doug kümmert sich um Claire. Es gibt etwas, das sie über ihn nicht wissen darf. Wenn sie das Tattoo auf Jems Nacken sehen würde, wüsste sie alles. Jem setzt sich unerwartet zu Doug und Claire an einen Tisch. Mit harten Blicken und seinem ganzen Auftreten bedeutet Doug ihm, sich vom Tisch zu entfernen. Wir auch. Jem ist ein gefährlicher Trottel und verweilt auf sadistische Weise. Er weiß nicht, dass das Tattoo ein Werbegeschenk ist.

Wenn ein Film uns an diesen Punkt bringen und uns Angst machen kann, hat er etwas richtig gemacht. „The Town“, Afflecks zweiter Film als Regisseur, möchte etwas mehr tun, eine biografische und sogar philosophische Aussage über die Kriminalitätskultur machen, aber das gelingt ihm nicht so gut. Hier ist ein gut gemachter Kriminalfilm, und das Publikum wird ihn auf diesem Niveau wahrscheinlich genießen, aber vielleicht standen die Mechanismen der Filmkriminalität Afflecks höheren Ambitionen im Weg.

So gibt es im Film zwei ziemlich ausgedehnte Szenen, in denen sich Bankräuber mit Maschinengewehren mit einer großen Anzahl von Polizisten beschießen. Meiner Meinung nach werden viele Menschen getötet oder verwundet, wenn automatische Waffen von erfahrenen Schützen aus weniger als einem Block Entfernung eingesetzt werden. In „The Town“ wird deutlich, dass niemand erschossen wird, bis das Drehbuch dies erfordert, und das führt zu einer Enttäuschung beim Publikum. Wir haben das Gefühl, dass die Geschichte nicht mehr wirklich passiert, und wir werden gebeten, uns noch einmal mit einem üblichen Höhepunkt aus Verfolgungsjagden und Schießereien zufrieden zu geben.

Ich glaube, Affleck, seine Autoren und ihre Quelle (der Roman „Der Prinz der Diebe “ von Chuck Hogan) wissen es besser und ihre Charaktere verdienen es besser. Ab einem bestimmten Budgetniveau erlauben Hollywood-Filme jedoch selten eine vollständige Nachbereitung ihrer Charaktere. Bedenken Sie die weit verbreitete öffentliche Abneigung gegen den besten Kriminalfilm dieses Jahres, George Clooneys „ The American “. Die Menschen wollten keinen Blick in die Seele eines existenziellen Verbrechers werfen. Sie wollten eine Formel, die alles erklärt.

In „The Town“ spielt Ben Affleck Doug MacRay, die nächste Generation einer Bankräuberfamilie im Bostoner Stadtteil Charlestown. Auf dieser Quadratmeile, so wird uns gesagt, gibt es mehr Diebe und Bankräuber als irgendwo sonst im Land. Es ist ein Familienberuf, wie das Schusterhandwerk oder das Anwaltsrecht. Affleck leitet eine vierköpfige Crew, zu der vor allem Jem (ein pummeliger, durchgeknallter Jeremy Renner , meilenweit anders als in „ The Hurt Locker “) gehört. Sie planen ihre Arbeit sorgfältig und tun alles, um DNA-Spuren zu vernichten und Sicherheitsbänder zu beschlagnahmen. Aber Jem hat eine wilde Ader. Er verletzt Zivilisten, wenn es nicht nötig ist, und tut bei einem Auftrag das Verbotene: Er nimmt eine Geisel, Claire ( Rebecca Hall ). Entführung ist ein schweres Verbrechen.

Sie lassen Claire unverletzt frei. Es stellte sich heraus, dass sie in Charlestown lebt. Jem wird paranoid. Doug folgt ihr zu einem Waschsalon, trifft sie „zufällig“, lernt sie kennen und lernt sie ganz unerwartet mögen. Darum geht es in „The Town“ wirklich: Wie das Kennenlernen von Claire Dougs Geist für die Fülle eines Lebens öffnet, das ihm seine Herkunft verwehrt hat. In diese Richtung hätte der Film weiter wachsen können, doch stattdessen zieht er sich zurück und konzentriert sich auf mehr Kriminalität. Wir treffen Dougs hartgesottenen Vater ( Chris Cooper ) im Gefängnis und einen örtlichen Verbrecherboss ( Pete Postlethwaite , unerbittlich). Und wir folgen einem FBI-Team unter der Leitung von Jon Hamm . Sie haben eine gute Vorstellung davon, wen sie suchen; In Charleston macht man aus einem Banküberfall keinen Beruf, ohne dass es sich herumspricht. Aber es mangelt ihnen an Beweisen, die sie einer Jury vorlegen könnten.

Der faszinierendste Charakter ist Jem. Wie von Renner gespielt, ist er ein verdrehtes Verhaltenswirrwarr, eine lockere Kanone in einem Team, das Disziplin erfordert. Er ist wütend, als er feststellt, dass Doug mit der Frau befreundet ist, die sie fingern könnte, und die nervöse Art, wie er sich freundlich verhält, ist gruselig. Hier geht etwas Interessantes vor sich: Doug ist die Hauptfigur und alle Aufmerksamkeit sollte sich auf ihn richten, doch etwa zur Hälfte des Films wird klar, dass seine Figur keinen Impuls mehr hat und sich auf ein akzeptables Ende einlässt. Jem bleibt jedoch zu allem fähig. Wenn Sie Jeremy Renner schon oft gesehen haben, müssen Sie möglicherweise zweimal hinsehen, um ihn zu erkennen. Es ist, als ob der Held von „The Hurt Locker“ nach Boston gezogen wäre und eine Diät mit Bier, Gören und Pommes begonnen hätte.

„The Town“ zeigt, wie schon sein erster Film „ Gone Baby Gone “ (2007), dass Affleck das Zeug zu einem echten Regisseur hat. Alles ist hier. Es ist ein wirkungsvoller Thriller, er arbeitet eng mit den Schauspielern zusammen, er hat ein Gespür für das Tempo. Trotzdem finde ich die Verfolgungsjagden und Schießereien seltsam langweilig. Mir ist klar, dass die Charaktere aufgehört haben, Entscheidungen zu treffen, und die Stunt- und Effektkünstler die Führung übernommen haben.

Community-Meinung zu The Town - Stadt ohne Gnade