Richtige Konservative in den Vereinigten Staaten haben zwei Bücher auf dem Nachttisch liegen: Die Bibel und die Kapitalismus-Bibel “Atlas wirft die Welt ab” von Ayn Rand. In beiden Büchern geht es um Glauben, im zweitgenannten um den Glauben an Geld, Gier und Egoismus. Der Schlüsselroman für die konservativ-kapitalistische Ideologie von Ayn Rand prägte in den 54 Jahren nach seiner Veröffentlichung ganze Generationen von Börsenmaklern, Bankern und rechtsgerichteten Menschen. Der sich über 1368 Seiten erstreckende Roman schien also prädestiniert dafür, verfilmt zu werden, konnte doch davon ausgegangen werden, dass die Jünger des Mammons, die Feinde eines schwarzen demokratischen Präsidenten und die Anhänger der rechtslibertären Tea-Party-Bewegung ihr Geld freudestrahlend dafür ausgeben würden. Nur bestätigte sich diese Annahme nicht. Die Verfilmung Die Atlas Trilogie – Teil 1: Wer ist John Galt? ist Kassengift. Keine 4 Millionen Dollar spielte die 20-Millionen-Dollar-Produktion bisher ein. Das Vorhaben, eine Trilogie daraus zu machen, wurde auf Eis gelegt.
Dabei wurde alles so schön geplant: Der Kinostart war am 15. April, dem Tag der Steuererklärung, der von der Tea-Party-Bewegung abgelehnt wird. Fox News berichtete auffällig häufig über den Film. Amerikas konservative Elite rührte kräftig die Werbetrommel. Und dass die Börse nach der Wirtschaftskrise wieder im Aufwind war, kam Die Atlas Trilogie – Teil 1: Wer ist John Galt? auch entgegen. Trotzdem ist die Verfilmung bisher ein Flop.
Marc Pitzke im Spiegel deckt einige Gründe auf, woran das liegen kann. Zum einen war der Produktionsbeginn ein Schnellschuss, Regisseur Paul Johansson wurde erst kurz vor Drehbeginn engagiert. Dass es so hektisch wurde, liegt daran, dass vorherige Versuche, “Atlas wirft die Welt ab” zu verfilmen, scheiterten, nun die Rechte auszulaufen drohten und Besitzer John Aglialoro deshalb Die Atlas Trilogie – Teil 1: Wer ist John Galt? produzieren musste. Darin begründet sich auch die Wahl der unbekannten Schauspieler Taylor Schilling und Grant Bowler, die sich beide nicht mit Ruhm bekleckern. Zum anderen wurde darauf verzichtet, eine ordentliche Werbekampagne durchzuführen, da offensichtlich davon ausgegangen wurde, dass auch über Mundpropaganda und konservative Mitideologen ein ausreichend großes Publikum angesprochen wird.
Dass die Verfilmung dieses ultra-konservativen, Laissez-faire-bejubelnden Werks scheitert, verleitet zu einer gewissen Schadenfreude. Ob dahinter jedoch tatsächlich ein flächendeckender ideologischer Paradigmenwechsel in den USA steht, der soziale Anteilnahme und Selbstlosigkeit nicht mehr als Teil einer schwachen Ideenlehre sieht und das stete Streben nach größer, schneller, weiter als gesellschaftliches Ideal begreift, oder aber nur kein Interesse an Ayn Rand mehr vorhanden ist, wird dadurch natürlich nicht geklärt.
Das Interesse an der Verfilmung von Ayn Rands kapitalistischer Bibel ist gering – freut euch das und könnt ihr es euch erklären?