Den Schulranzen in die Ecke geworfen und die Flimmerkiste an. Als Angela Anaconda zum ersten Mal lief, ging ich in die 4. Klasse und es gab wichtigeres, als nachmittags die Hausaufgaben zu machen. Von meinem damaligen Unterhaltungsprogramm ist Angela Anaconda die skurrilste und ironischte Zeichentrickserie, die dank ihrer individuellen Charaktere und bissigen Dialoge auch Erwachsenen zumutbar ist.
Pipi Langstrumpf aus Kanada? Ist das nicht ein bisschen hoch gegriffen? Immerhin ist Pipi Halbwaise und Angela nicht mal ein Einzelkind! Außerdem ist Pipi bärenstark und Angela nur in ihren Träumen! Wie ich zu dieser Behauptung komme?
Die 8-Jährige Angela Anaconda lebt in der fiktiven amerikanischen Kleinstadt Tapwater Springs (auf Deutsch Leitungswasserquellen). Ihre Mutter ist Bildhauerin, ihr Vater ein erfolgloser Erfinder und ihre 1-Jährige Schwester Lulu „voll in Ordnung“. Eigentlich könnte Angela Anaconda mit ihrer Hündin King ein sorgloses Leben führen, wären nicht ihre älteren Zwillingsbrüder Mark und Derek, die Schwierigkeiten haben, einen korrekten Satz zu formulieren und ihre Schwester schon mal mit dem Ball vom American Football verwechseln. Eigentlich sind Mark und Derek halb so wild, richtig mies sind erst die Möchte-Gern-Französin Nanette Manoir und Angelas strenge Grundschullehrerin Mrs. Brinks. Letztere trägt eine Perücke und sieht der fiktiven Figur Dame Edna des australischen Comedians Barry Humphries verwechselnd ähnlich. Angelas Freunde sind der liebenswerte aber trottelige Johnny Abatti, die pummelige Gina Lash und der Asthmatiker Gordy Rhinehart. Allgemein kann man sagen, dass Angela Anaconda in jeder Folge Nannete Manoire eins auswischen möchte. Meist geschieht dies in ihrer Fantasiewelt und Nanette kommt nie groß zu schaden.
Und nun zu Pippi Langstrumpf. Angela Anaconda hat rote Haare und Sommersprossen, kommt also rein äußerlich ihrem Vorbild recht nah. Zusätzlich ist Angela Anaconda frech! Sie ist frech und verrückt und macht was ihr gefällt. Ich und meine Freunde waren hin und weg von dieser mutigen Heldin.
Little rebel made in Canada
Angela Anaconda wurde von einer kanadischen Produktionsfirma inszeniert und ist eine weitere Serie von Sue Rose, die bereits die erfolgreiche Zeichentrickserie Pepper Ann produziert hat. Einzigartig bei dieser Serie ist der Zeichenstil. Angela Anacondas Welt wirkt wie ausgeschnitten und zusammen geklebt. Die Gesichter der Figuren in schwarz-weiß erinnern an Fotos aus dem Familienalbum und an Collagen aus Monty Python Filmen wie in Das Leben des Brian. Die Seriencharaktere sind 2 D animiert und bestechen – trotz ihrer Marionettengangart – mit einer Vielzahl von individuellen Gesichtsausdrücken.
Angelas Biss brachte ihr eine Emmy-Nominierung, 2000 den Preis als beste Animationsserie beim Internationalen Film Festival Annecy und 2002 den deutschen Preis Emil für qualitatives Kinderfernsehen. Von 1999 bis 2002 wurde Angela Anaconda in den USA beim Fox Family Channel ausgestrahlt und war ein großer Erfolg. Nachdem Disney den Sender 2001 aufgekauft und in ABC Family umbenannt hatte, wurde die freche Rothaarige schon nach zwei Monaten vom Programm genommen. War Angela Anaconda Disney zu vorlaut?
In Deutschland lief Angela Anacondas Erstausstrahlung von 2001 bis 2003 auf Super RTL. Vorab wurden die ersten Folgen bereits im Internet gezeigt. Die 65 Episoden werden seitdem wiederholt.
Astrid Lindgren wäre von Angela Anaconda begeistert! Ohne Zweifel kann sich Angela mit Lindgrens Charakteren Michel, Madita, Lotta und Ronja Räubertochter sehen lassen! Nicht zu letzt mit der Ikone des eigenwilligen Kindes: Pippi Langstrumpf. Besser noch! Angela Anaconda ist die neue Pippi Langstrumpf – Die erste Pippi Langstrumpf im neuen Millennium! Mit der Premiere im Internet – ist sie in Deutschland die Pippi Langstrumpf der digitale natives!
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