Anna Loos ist ein Allroundtalent, wie sie jetzt auch wieder in dem SAT1-Film Böseckendorf – Die Nacht in der ein Dorf verschwand beweist. Nicht nur als Schauspielerin sticht sie immer wieder hervor. 2006 ging sie mit der Rockband Silly auf Tour und übernahm den Platz von Tamara Danz. Anna Loos ist mit Jan Josef Liefers liiert und lebt in Berlin.
Tonia ist eine Frau der Widersprüche: Sie träumt von Paris, lässt sich aber von Harald und seinen westlichen Verlockungen nicht verführen. Sie hasst das repressive DDR-Regime, liebt aber einen überzeugten Kommunisten. Wie würden Sie sie beschreiben?
Tonia ist eine selbstbewusste Frau, die ihre Familie und auch ihre Freunde sehr liebt. Aber auch Freiheit ist für sie ein unschätzbares Gut, und das Gefühl, in einem System gefangen zu sein, ist für sie fast unerträglich. Die Vorstellung, dass ein Regime ihr Leben zerstören könnte, treibt sie in die Rolle der Fluchthelferin – sie lässt sich ihr Leben nicht von anderen diktieren und kaputt machen. Ihr Mann ist ein überzeugter Kommunist, das ist richtig. Allerdings muss man dazu sagen, dass die Idee des Kommunismus eine unglaublich tolle ist, und an einem Menschen, der von dieser Idee begeistert ist, ist erst einmal ja nichts verkehrt.
Als Tonias Mann sieht, wie dieses System sich gegen seine Bevölkerung richtet, für die er sich als Bürgermeister verantwortlich fühlt, wirft er seine Überzeugung ja auch nicht über Bord. Aber er geht nicht konform mit der Stasi und den Regimeführern der DDR und beschließt, obwohl er ein überzeugter Kommunist ist, dieses Land mit seinen Leuten zu verlassen. Ein toller Mann, wie ich finde. Es gehört sehr viel mehr Mut dazu, aus der Heimat zu fliehen, wenn man sich schon so viel aufgebaut hat.
Woher nimmt Tonia ihren Mut und ihre Stärke?
Es sitzt eine tiefe Wut in ihr, die aus der Zeit stammt, als ihre Eltern vor dem Naziregime fliehen wollten. Bei der Flucht starb die Mutter und Tonia wurde daraufhin
von Ihrem Vater mit dem Gedanken an Freiheit großgezogen. Außerdem beflügelt sie der Wille, so zu leben, wie sie es sich erträumt – in Freiheit und mit allen Chancen, die ein solches Leben ihr bietet.
In Genossin Marx hat Tonia eine ähnlich starke Gegenspielerin. Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen den beiden?
Genossin Marx ist für Tonia alles, was sie verachtet! Sie ist der Fleisch gewordene Gehorsam des SED-Regimes, ein Teil des hirnlosen und menschenverachtenden Überbaus, den die welt- und bürgerfremden, tonangebenden Politiker der DDR sich geschaffen hatten.
Zentrale Themen des Films sind Freiheit und Heimat. Was bedeutet für Sie persönlich Freiheit? Woran machen Sie Heimat fest?
Freiheit heißt für mich, das tun zu können, was ich möchte, ohne jede Reglementierung. Heimat ist dort, wo meine Familie ist, das ist mein Zuhause. Die Böseckendorfer mussten bei ihrer Flucht fast alles, was sie hatten, zurücklassen.
Sie sind selbst als 17-Jährige aus der DDR abgehauen. Was haben Sie für Ihre Freiheit aufgegeben?
Ich habe meine Eltern und meine Schwester zurückgelassen, meine Freunde und meine Stadt Brandenburg, das war für mich eine schwierige Zeit. Aber wenn mich jemand vor die Wahl stellen würde, mich unter den damaligen Umständen noch einmal für oder gegen eine Flucht aus dem Osten zu entscheiden, ich würde es wieder tun.
Quelle: Mit Material von Sat1