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D.W. Griffiths Lehrstunde über Rassismus

14.09.2015 - 01:27 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Besorgte Bürger? (Keine Geschmacklosigkeiten intendiert.)
David W. Griffith Corp., Warner Bros Film GmbH
Besorgte Bürger? (Keine Geschmacklosigkeiten intendiert.)
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Mit einem wachsenden Flüchtlingsstrom kann man momentan in Deutschland auch Fremdenhass und Rassismus wieder aufkeimen sehen. Vor diesem Hintergrund ist es besonders interessant sich mit "Die Geburt einer Nation" einen der ersten und auch einen der rassistischsten Filme der Geschichte der bewegten Bilder zu Gemüte zu führen, denn...

The Birth of a Nation ist kein schlechter Film, weil er eine böse Sache vertritt. [...] Zu verstehen, wie er das tut, heißt viel über Film zu lernen und sogar etwas über das Böse selber.

- Roger Ebert  (Dank an longus69.)

Dass Geburt einer Nation rassistisch ist steht wohl außer Frage. Doch selbst diese triviale Aussage sollte nur getätigt werden, falls man sich im Klaren ist, was Rassismus überhaupt bedeutet. Hier wohl: Eine einseitige Darstellung verschiedener "Menschenrassen" (in Anführungsstrichen, weil biologisch nicht korrekt* ). Nun zeigt ein Film allerdings stets nur einen Teil einer fiktiven oder der realen Welt, was die Frage aufwirft, welcher Ausschnitt denn gewählt werden muss, um einen nicht rassistischen Film zu erhalten, beziehungsweise, ob es überhaupt von künstlerischem Interesse sein kann sich derart in der Auswahl einschränken zu lassen. Wie ausgewogen muss die Auswahl sein und wie weit darf von einer perfekten Balance der gleichwertigen Darstellung von Menschen verschiedener Hautfarbe abgewichen werden? Geht es in Ordnung, wenn von drei Weißen zwei zu den "Guten" gehören und von drei Farbigen nur einer?

Man sieht, eine präzise Antwort was rassistisch ist und was nicht fällt bei genauerem Hinsehen schwer. Mit dieser Feststellung will ich Geburt einer Nation in keiner Weise rechtfertigen. Es ist unverzeihlich Verbrechen von Schwarzen an Weißen zu dramatisieren (die in dieser Weise nicht belegbar sind) ohne die Repression der Sklaverei gezeigt zu haben (die belegbar ist), aus der sich diese bedingen. Vielmehr will ich sensibilisieren worauf Rassismus, oder allgemeiner Fanatismus und Hass meist fußt, nämlich auf Informationsmangel.

Niemand ist der Meinung selbst im Unrecht zu sein. So sollen wir in Geburt einer Nation auch die Taten der jungen Weißen, die sich zum Ku Klux Klan formieren, als gerechte und adäquate Reaktion auf Unterdrückung erleben. Dass wir das nicht tun, verdankt sich der allgemeinen Informationslage, aus der wir umfassendere bzw. andere Informationen ziehen können. Wir erkennen dann den Film als im Unrecht und rassistisch, da wir davon ausgehen (können), dass das, was wir im Schulunterricht und überall sonst gelernt haben, schon seine Richtigkeit hat. Interessant ist hingegen zu fragen, wo die Informationen, auf die wir zugreifen (können), nicht dieses korrigierende Moment bereitstellen, sondern selbst rassistisch sind. Interessant ist sich zu fragen nicht ob, sondern wann man selbst "ein kleiner Rassist" (Zitat Blumio ) ist.

An dieser Stelle sei eine erschreckende Überlegung ans Herz gelegt: Man transportiere den Film aus dem Amerika des 19. Jahrhunderts in ein Zukunftssetting und mache die Schwarzen zu Aliens. Mit leichten Variationen erhalten wir so einen typischen Sci-Fi Film, der dann natürlich nicht minder rassistisch ist, als „Die Geburt einer Nation“, bei dem der Rassismus jedoch unerkannt bleibt und so vom Zuschauer übernommen wird, da die Welt fiktiv ist und nicht real. Man versuche die Überlegung auf gängige Genre mit kollektiven Bösewichten (Action, Fantasy) zu übertragen.

Ein Beispiel (So absurd es klingen mag, so ernst muss es behandelt werden, da aus der fikiven Welt viel auf die reale übertragen werden kann.): Die Darstellung der Orks in Der Herr der Ringe. Sie sind grundlos böse, blöd, schlichtweg gemein und darüber hinaus noch ziemlich hässlich. Wir nehmen die Darstellung nicht als rassistisch wahr, da wir keinerlei andere Informationen, als die Filme (bzw. Bücher) haben. Wir müssen also davon ausgehen, dass Orks tatsächlich so sind, wie sie dargestellt werden, was wir auch getrost können, da die Welt fiktiv ist und nicht real und es niemanden stört, wenn wir Orks aus voller Seele hassen. Wäre die Welt real müssten wir uns hingegen stets fragen, ob Orks tatsächlich gemein und dumm sind, oder nur so dargestellt werden. Täten wir das nicht, so wären wir davon überzeugt im Recht zu sein, in Wahrheit jedoch Rassisten.

Um zurück in die uns Filmfanatikern verhasste reale Welt zu kommen kann es folglich nicht das Mittel der Wahl sein Nazis, Salafisten, Antifaschisten, oder wie die aus unserer Sicht fanatische Gruppierung auch heißen mag, selbst mit Hass zu begegnen, sondern vielmehr mit Aufklärung, mit Informationen, um deren falsches (/anderes) Weltbild (/Informationslage) zu erweitern und zu hoffen, dass die betreffenden Personen noch in der Lage sind die Informationen anzunehmen.

Habe ich Recht, oder bin ich im Unrecht? Bin ich ein Rassist, oder ein Gutmensch, oder einfach nur ein Vollidiot? Was meint ihr?

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