Blackadder - Das charmante Ekel

01.02.2011 - 08:50 Uhr
Tim McInnerny, Hugh Laurie und Rowan Atkinson in Blackadder Goes Forth
BBC
Tim McInnerny, Hugh Laurie und Rowan Atkinson in Blackadder Goes Forth
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Jahrhundertelang lenkten die Blackadders heimlich die Geschicke des britischen Weltreichs, oder sie versuchten es zumindest. Sie waren gerissene, opportunistische Zyniker, die für ihre Umwelt nur Verachtung übrig hatten. Und dafür liebe ich sie.

For us, the Great War is finito, a war which would be a damn sight simpler if we just stayed in England and shot fifty thousand of our men a week.

Es mag ein seltsam klingender Rat sein, aber wenn ihr euch nach diesem Artikel zum ersten Mal Blackadder zuwendet (und das wäre großartig), dann fangt um Himmels Willen nicht mit der ersten Staffel an! Wobei “erste Serie” es eher trifft. Denn bei der Historien-Sitcom handelt es sich, wenn wir es genau nehmen, um vier Serien mit vier unterschiedlichen Namen, die zwischen 1983 und 1989 von der BBC ausgestrahlt wurden.

Doch zurück zum Anfang: Die erste Serie, The Black Adder, spielt im Jahr 1485 und erzählt von Prinz Edmund (Rowan Atkinson), der aus Versehen den König enthauptet und fortan nicht vielmehr Glück hat. Obwohl die Serie auf Grund der Drehs an Originalschauplätzen verdammt viel Geld verschlang, kam sie bei den Zuschauern und Produzenten nicht besonders gut an. Also wurden die beiden Autoren Richard Curtis (Tatsächlich … Liebe) und Rowan Atkinson vor die Wahl gestellt: Entweder sie ändern das Konzept der Serie so ab, dass sie billiger zu produzieren ist oder sie wird eingestellt.

Blackadder wie wir ihn kennen und lieben
1986, drei Jahre später, lief dann das Ergebnis bei der BBC und wir können heute froh sein, dass die Macher sich nach dem lauwarmen Anfang nicht anderen Projekten zuwendeten. Blackadder II war nicht mehr groß angelegt und bekam mit Ben Elton einen prägenden Autor, aber dafür beinhaltete die Serie nun all das, was Blackadder groß und unglaublich komisch machen würde. Die männlichen Sprösslinge der Blackadders, die alle Edmund heißen und seltsamerweise alle so aussehen wie Rowan Atkinson, verwandelten sich mit dieser Serie in charmante Egoisten, in Antihelden, die ihrer Umwelt in Sachen Intelligenz weit überlegen sind und zu jedem Thema einen abwertenden sarkastischen Kommentar parat haben.

Die Kürzungen des Budgets führten zu einem kleinen Sitcom-Set mit wenigen Räumen. Das reichte aber vollkommen aus, um die Ära der kindisch kichernden und verzogenen Elizabeth I. (Miranda Richardson) oder jene der prunkvoll chaotischen Regency zu schwarzhumorigem Leben zu erwecken. In jedem Fall macht Blackadder das, was der britische Humor ganz besonders gut kann: Heroen der Geschichte und generell Autoritätspersonen vom Sockel zu stoßen und ihnen ein absolut lächerliches Antlitz zu verleihen. Durch die Augen eines jeden Edmund Blackadder sehen wir den Duke of Wellington, Walter Raleigh oder den Roten Baron als aufgeplusterte Angeber und Dummbeutel und das macht einen Heidenspaß.

I have a cunning plan
War der erste Abkömmling der Blackadders noch ein Prinz, verfällt die gesellschaftliche Stellung mit jeder Serie. In der vierten und letzten Serie ist Edmund Blackadder schließlich nur noch ein Captain, der in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs über die Unsinnigkeit des Krieges und die Dummheit seiner Umgebung lamentiert. Diese Dummheit wird in jeder Serie durch seinen treuen Diener Baldrick (Tony Robinson) personifiziert, dessen Intellekt und Hygiene sich mit den Jahrhunderten immer weiter zurückbilden. Zu Tony Robinson gesellen sich Hugh Laurie, Tim McInnerny und Stephen Fry als nicht wesentlich clevereres Stammpersonal. Wer Hugh Laurie nur als hochintelligenten Dr. House kennt, muss seinen absolut bekloppten, weltfremden, aber stets gut aufgelegten Prinzeregenten in Blackadder The Third gesehen haben!

Blackadder ist aber auch eine Serie, die, wenn es hart auf hart kommt, bis zum bitteren Ende geht. Zwar belustigen die immer wieder und nicht selten an Baldrick scheiternden Pläne Edmunds, mit jedem denkbaren Mittel ein großes Vermögen anzuhäufen, doch in der vierten Staffel geht es längst nicht mehr nur um Geld. In den Schützengräben der Westfront verwandelt sich das Konzept der Serie – ein geistig Gesunder in einer verrückten Welt – in einen beißenden Appell gegen den Krieg an sich. Blackadders nicht weniger sarkastische Kommentare verwandeln sich nahtlos in eine Kritik an Klassengesellschaft und Kriegstreiberei. Selten hinterließ die letzte Folge einer Sitcom einen derart großen Kloß im Hals.

Nur im Original
In der an großen Comedy-Serien reichen Geschichte des britischen Fernsehens kann sich
Blackadder problemlos zu Klassikern wie Fawlty Towers und Das Büro gesellen und gehört deshalb zum Pflichtprogramm von Freunden des gepflegten britischen Humors. Auf Grund der unzähligen blumigen Vergleiche, die Blackadders vernichtende Beleidigungen so köstlich machen, sollte die Serie jedoch nur in der Originalversion genossen werden. Der Humor von Blackadder funktioniert schließlich im Wesentlichen über die (englische) Sprache, ihren Klang und ihre Wortspiele.

Wenn es darum geht, eine Lieblingsfolge auszusuchen, dann fällt mir persönlich das unglaublich schwer. Dadurch, dass gemäß der BBC-Politik nur 6 Folgen pro Serie gedreht wurden, hat Blackadder ab der zweiten Serie eine gleichbleibend hohe Qualität, die so gut wie allen Folgen tolle Pointen verleiht. “Unvergesslich” ist beispielsweise die Folge Chains aus Blackadder II. In der werden Blackadder und sein Kontrahent Melchett (Stephen Fry) von Prinz Ludwig dem Unzerstörbaren (Hugh Laurie) entführt, ze Master of Disguise. Und das mit der Verkleidung muss wörtlich genommen werden, denn Schafe werdet ihr danach nie wieder mit denselben Augen sehen.

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