Wie deutsch sind Inglourious Basterds und Das weisse Band?

26.05.2009 - 08:55 Uhr
Christoph Waltz in Inglourious Basterds
Universal Pictures
Christoph Waltz in Inglourious Basterds
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Nach dem Gewinn der Goldenen Palme für Das weisse Band von Michael Haneke sowie den Darstellerpreisen für Antichrist und Inglourious Basterds, beides Filme, die in Deutschland entstanden sind, ist ein Streit entbrannt: Wann ist ein Film ein deutscher Film? Welches Land darf einen Film für den Oscar einreichen?

Preise wecken Begehrlichkeiten. Das lässt sich einen Tag nach der Preisverleihung in Cannes sehr gut beobachten. So wird der Gewinner des Darstellerpreises Christoph Waltz, eigentlich ein Wiener, der in London lebt, zu einem deutschen Schauspieler gemacht; in der Berliner Morgenpost lebt er sogar in Berlin. Ähnlich sieht das die Bild, die am Montag die Goldene Palme für Deutschland und den Riesenerfolg für den deutschen Film Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte feierte. Der in München geborene, aber in Wien aufgewachsene Michael Haneke ist aktuell der beste Deutsche, der vom Dänen Lars von Trier inszenierte Antichrist – sagt ja schon der Titel nach des Deutschen Lieblingsphilosophen Friedrich Nietzsche – sowieso ganz im deutschen Wald entstanden und da in Inglourious Basterds des Amerikaners Quentin Tarantino die vorherrschende Sprache deutsch ist, der Film zudem mit deutschen Fördergeldern produziert wurde, wird nun heiß diskutiert, wem er gehört.

Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte ist ein in weiten Teilen deutscher Film, mit deutschem Geld und deutschen Schauspielern in der Mark Brandenburg gedreht. Und es geht um deutsche Geschichte. Auch Inglourious Basterds ist zu 100 Prozent eine Produktion der Tochterfirma Zehnte Babelsberg Film, in Berlin und Spandau gedreht, mit einer vorwiegend deutschen Crew. Das gleiche gilt für der Antichrist, entstanden im Rhein-Sieg-Kreis sowie in Köln und Umgebung gedreht mit deutschen Fördermitteln. Überall steckt deutsch drin. Nach den Statuten der Deutschen Filmakademie erfüllen Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte und Inglourious Basterds die Bedingungen zur Nominierung für den Deutschen Filmpreis und könnten somit auch von deutscher Seite ins Rennen um eine Oscar-Nominierung geschickt werden.

Die Oscar-Regeln sagen allerdings etwas anderes. Die Nationalität eines Films wird durch drei Kriterien bestimmt: Wenn von Produzent, Regisseur und Drehbuchautor zwei aus einem Land stammen, dann wird der Film diesem Land zugeordnet. Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte ist zwar von der Berliner Produktionsfirma X Pool Kreative produziert, aber Regisseur und Drehbuchautor ist nun einmal Michael Haneke, ein Österreicher, der gern auch mal als Franzose durchgeht (Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte ist nach Funny Games U.S. aus dem Jahr 1997 erstmals wieder in deutsch gedreht). Österreich ist an dem Film nur mit einem Minderheitenanteil beteiligt, wird aber laut Oscar-Regeln das Herkunftsland sein.

Regisseur Stefan Ruzowitzky, österreichischer Oscar-Preisträger mit Die Fälscher (auch ein mit deutschen Mitteln entstandener Film), bringt es für sich in der Presse auf den Punkt und sieht das Problem in der österreichischen Filmpolitik: Michael Haneke könne nicht in Österreich produzieren, weil hierzulande die Mittel dafür fehlten. Und der mit dem Darstellerpreis ausgezeichnete Christoph Waltz könne nicht in Österreich spielen, weil immer weniger Kino- und Fernsehfilme produziert würden. Daher sei Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte eindeutig ein deutscher Film, weil er auch mit deutschem Geld produziert wurde. Das freut natürlich die Deutschen, die nun aufeinmal als Gewinner aus Cannes zurückkehren, obwohl sie eigentlich gar nicht eingeladen waren.

Der Disput geht ans Eingemachte, denn je mehr deutsche Fördermittel an ausländische Filmemacher fließen, desto mehr werden die Verantwortlichen darauf drängen, die Regeln zu ändern. Ich kann nur Daniel Kothenschulte in der Frankfurter Rundschau zustimmen: Nicht Nationen gewinnen Kunstpreise sondern Künstler, entscheidend ist allein die Qualität.

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