Chaplin gegen Hitler - Der große Diktator wird 70

15.10.2010 - 15:50 Uhr
Der Große Diktator
United Artists
Der Große Diktator
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Viele Filme haben sich daran versucht, den Führer aufs Korn zu nehmen, doch der Klassiker aller Hitlerparodien ist und bleibt Der Große Diktator. Vor genau 70 Jahren erklärte Kinolegende Charlie Chaplin Hitler den Krieg mit den Waffen des Humors.

Als vor genau 70 Jahren, am 15. Oktober 1940, der erste echte Tonfilm von Charlie Chaplin in den USA in die Kinos kam, waren die Meinungen der Kritiker äußerst gespalten. Die einen sahen in dem Film die einzig richtige Antwort auf die nationalsozialistische Propaganda eines Joseph Goebbels, die anderen warnten einerseits vor Konsequenzen für die in Deutschland lebenden Juden und andererseits vor der Verharmlosung Hitlers. Schon im Vorfeld hatte es Schwierigkeiten gegeben, denn obwohl Charlie Chaplin 1940 immernoch zu den ganz Großen des Kinos zählte, hatte keine Produktionsfirma den Wagemut, zu diesem Zeitpunkt eine Satire über Hitler und die Nazis zu drehen. So finanzierte Chaplin den Film aus eigener Tasche und wurde belohnt: Mit Der große Diktator landete er den größten kommerziellen Erfolg seiner Karriere.

Heute gilt die Satire über Hitler und die Nazis längst als unbestrittenes Meisterwerk. Im Zeichen des Doppelkreuzes regiert der Diktator Anton Hynkel (Charlie Chaplin) den Staat Tomanien mit eiserner Hand. Mit seinem wohlbeleibten Verbündeten Benzino Napaloni, dem Herrscher von Bakteria plant er den Überfall auf das benachbarte Land Austerlitsch, während er in seinem eigenen Reich die jüdische Bevölkerung Verfolgung und Repression aussetzt. Ein jüdischer Frisör, der dem Diktator bis aufs Haar gleicht (ebenfalls Charlie Chaplin) und seit einem Unfall im ersten Weltkrieg an Gedächtnisschwund leidet, wird nach zwanzig Jahren aus dem Krankenhaus entlassen und findet sich nicht mehr in der schrecklich veränderten Welt zurecht. Am Ende läuft das natürlich auf eine Verwechslung der ungleichen Doppelgänger hinaus, die dem Frisör die Gelegenheit verschafft in voller Hynkel-Montur zum Volk zu sprechen.

Dabei balanciert Der große Diktator immer perfekt auf dem schmalen Grad zwischen tragischer Realität und Lachsalven provozierender Komik. Einzig die etwas pathetisch geratene Schlussrede gilt auch Bewunderern des Films als eher misslungen, ist aber aus dem unmittelbaren Zeitkontext zu verstehen. Als Nazi-Satire bleibt Der große Diktator jedenfalls unerreicht und alle späteren Filme, die in eine ähnliche Richtung gehen, von Sein oder Nichtsein über 100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker bis zu Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler und Inglourious Basterds müssen sich den Vergleich mit dem großen Klassiker gefallen lassen.

Viele Szenen aus Der große Diktator sind ikonisch geworden und haben in Form von Zitaten und Hommagen einen festen Platz in der Filmgeschichte gefunden. Dazu gehören etwa Chaplins virtuos vorgebrachte Hetzreden als Anton Hynkel, in denen er in einem unverständlichen Brei aus Deutsch und Englisch schimpft und genial den schnaubenden Tonfall Hitlers imitiert. Ebenso bekannt ist die Szene, in der der jüdische Frisör einen Kunden rasiert und dabei immer mehr in den Takt der von Brahms ungarischen Tänzen verfällt, die im Hintergrund aus dem Radio tönen. Für mich persönlich ist der Höhepunkt des Films jedoch Hynkels Tanz mit der Weltkugel, ein Ballett des Größenwahns, das ihr hier ansehen könnt:

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