Die Darth Vader-Kritik war berechtigt: Star Wars-Serie muss aus Fehlern lernen

22.12.2020 - 08:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Star Wars: Anakin Skywalker in Rache der Sith
20th Century Pictures/Disney
Star Wars: Anakin Skywalker in Rache der Sith
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Hayden Christensen kehrt als Darth Vader ins Star Wars-Universum zurück. Aber wie gut (oder schlecht) war Hayden Christensen als Darth Vader wirklich? Es wurden Fehler gemacht.

Verachtung und Liebe liegen im emotionalisierten Star Wars-Fandom nah beieinander. Wenn ein Witzbold Hayden Christensen vor 18 Jahren erzählt hätte, seine Comeback-Verkündung als Darth Vader würde mit Fan-Jubel begrüßt, er hätte ihn für verrückt erklärt.

Den Anakin Skywalker-Darstellern Jake Lloyd und Hayden Christensen schlug in den 6 Prequel-Jahren von 1999 bis 2005 und auch anschließend unverhältnismäßiger Hass entgegen.

Welchen Darsteller die Fans akzeptiert hätten? Keine Ahnung. Wahrscheinlich gar keinen. Hayden Christensen bekommt spätestens in der Obi-Wan-Serie die Chance zur "Rehabilitierung", der damals deutlich jüngere Jake Lloyd nicht.

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Hayden Christens Comeback in der Obi-Wan-Serie wird begeistert aufgenommen

So verblendet der Hass damals war, so vernebelt wirkt nun die Euphorie . Die Kritik - nicht der Hass - an Hayden Christensens Anakin Skywalker-Verkörperung und den Prequels im Allgemeinen ist ja berechtigt.

In diesem Universum wird gefeiert, was einst verrissen wurde. Fans lieben, was andere Fans hassen. Selbst Star Wars-Regisseure sind Fan-Boys.

Dazwischen geht viel verloren. Sachlichkeit zum Beispiel und eine nüchterne Betrachtung von dem, was war. Das ist die gar nicht mal so neue, immer polarisiertere Star Wars-Normalität, die das aktuelle Beispiel Hayden Christensen verdeutlicht.

Hayden Christensens Ruf als Anakin Skywalker profitiert von der Prequel-Nostalgie

Dass Hayden Christensen von den Fans inzwischen akzeptiert wird, führe ich auf zwei sich übereinander schiebende Entwicklungen zurück.

(1) Die letzten Jedi und Der Aufstieg Skywalkers bieten ausreichend Angriffsflächen für beide Fan-Lager: Die Traditionalisten und die Progressiven. (Natürlich gibt es Grauzonen.) Die Verachtung ist weitergezogen. Allein die Möglichkeit des Vergleichs stärkt die Prequels und damit ihre Vertreter.

(2) Selbst die Fans, die 10 Jahre alt waren, als Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung in die Kinos kamen und die vorher kein anderes Star Wars kannten, sind heute 30 Jahre oder älter. Alt genug, um Nostalgie zu fühlen. Disney beginnt, mit der Obi-Wan-Serie das Nostalgie-Potential der Prequels zu heben. Wenn jemand wieder kommt, egal wer, ist das erstmal geil.

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Diese Entwicklungen - die Zeit, im Grunde - errichten eine Milchglasscheibe vor den Prequels, hinter der tatsächliche Schwächen verschwimmen.

Wie gut (oder schlecht) war Hayden Christensen als Darth Vader wirklich?

Ich bin - kurz nachschauen - fast 32 Jahre alt und gehöre damit eher zu der Generation, die die Prequels unvoreingenommen ohne Vergleich mit der Ur-Trilogie betrachtet. Die meisten Menschen, mit denen ich mich über Star Wars unterhalte, mögen die Prequels ebenfalls. Den Hass auf Jake Lloyds Anakin habe ich nie verstanden. Okay, er sagt "Yippiieee" und das ist einfach peinlich, aber er ist ein Kind, er darf peinlich sein.

Bei Hayden Christensen sieht das etwas anders aus. Die Pubertät entschuldigt noch vieles, auch bei Jedi-Schülern. Doch auf dem älteren Darsteller liegt ein anderer Druck. Er muss die Ausstrahlung des späteren ikonischen Superschurken wenn nicht abbilden, dann wenigstens andeuten.

Christensen hatte einen Film mehr Zeit als Lloyd, um "seinen" Anakin zu finden. Dennoch wuchs er nie richtig rein in den Darth Vader-Schatten, der schon in Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger über seiner Silhouette erscheint.

Anakin bleibt unter Christensen ein Jammerlappen. Er ist nicht unbedingt schlecht als Anakin, er scheint aber mit den Nuancen eines fluiden Charakters überfordert zu sein. Auch, weil er nicht richtig angeleitet wird.

Die Probleme von Anakin Skywalker hängen mit den Star Wars-Prequels zusammen

Das liegt am Drehbuch. George Lucas interessiert sich in den Prequels mehr für den Untergang der Republik (was spannend ist, no offense) als für die psychologische Entwicklung Anakins, den eigentlichen Anlass der Trilogie.

Anakins Verdüsterung hin zum Sith verstehen wir nicht, weil das Drehbuch oder Hayden Christensen sie uns besonders gut nahebringen. Wir verstehen sie, weil Yoda schon im ersten Teil die 3 Schritte vom Padawan zum Sith-Lord darlegt, an denen die Filme sich (und wir uns) entlanghangeln: Furcht ist der Pfad zur dunklen Seite. Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid.

Das ist das grobe Schema der Psychologisierung Anakins. Eine Innenwelt darüber hinaus bietet uns Christensen nicht an. Er hat sich früh festgelegt auf den weinerlichen, arroganten Teen und löst sich von diesen Manierismen bis zum Ende nur bedingt. Nochmal, das ist nicht nur Christensens Schuld.

Er hat sich das unpassende "Noooooooooo" (eine dumme Referenz an andere Star Wars-Nooooos) als Abschluss sicher nicht ausgedacht. Das sind Kleinigkeiten, ein kurzes Abrutschen des Bleistiftes bei der Charakterzeichnung. Aber sie wirken sich heftig auf den Gesamteindruck aus.

Aus diesen Fehlern kann und wird die Obi-Wan-Serie lernen.

Was die neuen Star Wars-Filme den Prequels voraus haben

In Sachen World-Building und Story-Telling stellen die Prequels die neue Star Wars-Trilogie von Disney deutlich in den Schatten. Die neue Trilogie hat der Star Wars-Welt eigentlich nichts Neues hinzugefügt - bis auf handfestere Effekte und neue Figuren. Großartige neue Figuren.

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In der Vertiefung von Charakteren lag die große Stärke von Star Wars in den letzten 6 Jahren. Die Obi-Wan-Regisseurin Deborah Chow könnte sich an Ben Solo/ Kylo Ren orientieren, der mit seiner zerrissenen Seele ein Hipster-Wiedergänger von Anakin Skywalker ist.

Es gibt ausreichend Vorlagen für gelungene Fortschreibungen von Charakteren in Star Wars. Die Wandlung von Luke Skywalker in Die letzten Jedi mag nicht jedem Fan gefallen haben. Sie war aber plausibel und sie nahm ihren Helden ernst, erweiterte seine Figurenschichten um eine weiteres Sediment.

Obi-Wan-Serie als Chance: Darth Vader, wie wir ihn noch nie gesehen haben

Die Obi-Wan-Serie kann das Beste aus zwei Welten vereinen. Selbst die Spin-offs bieten Einflüsse. In Rogue One entfaltet sich die Wucht eines jungen Darth Vaders und unzähliger Midi-Chlorianer. Es ist die körperliche Explosion eines Schurken auf der Höhe seiner Kraft.

Die Serie kann uns den nicht minder spektakulären Blick in sein Inneres ermöglichen. Das ist ihre und unsere Chance. Ich will, wie Ryan Britt von Inverse schreibt , erfahren, wie es ist, Darth Vader zu sein. Wie es ist, mit seiner Schuld zu leben, der weggeschlossenen Seele voller Bedauern, Trauer und Sehnsucht nach den alten Freunden, den Weggefährten und der großen Liebe.

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Was wünscht ihr euch von der Serie?

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