Das Multiversum eskaliert im besten Film 2022. Das vom Regieduo Dan Kwan und Daniel Scheinert inszenierte Sci-Fi-Spektakel Everything Everywhere All at Once überwältigt mit Action-Göttin Michelle Yeoh, kreativen Ideen, abgedrehten alternativen Realitäten und emotionaler Kraft zugleich – und wurde dafür bei den Oscars 2023 mit sieben Trophäen ausgezeichnet.
Am Ende der fast zweieinhalb Stunden langen mulitversalen Reizüberflutung lässt uns Everything Everywhere All at Once erschöpft zurück. Ihr rätselt noch über die Bedeutung von Wackelaugen und braucht das Ende erklärt? Dann haben wir für euch einen praktischen Überblick mit den wichtigsten Erklärungen. Achtung, massive Spoiler!
In diesem Text findet ihr folgende Erklärungen:
- Das Multiversum in Everything Everywhere All at Once
- Wer ist Jobu Tupaki?
- Das Ende von Everything Everywhere All at Once
- Die Bedeutung von Everything Everywhere All at Once
Das Multiversum in Everything Everywhere All at Once erklärt
In Everything Everywhere All at Once steht die chinesische Immigrantin Evelyn (Michelle Yeoh) kurz vor dem Zusammenbruch. Ihr Waschsalon bereitet Probleme, ihr Mann Waymond (Ke Huy Quan) plant bereits die Scheidung, ihr Vater ist ein Klotz am Bein und dann steht für sie auch noch ein Termin bei der Bundessteuerbehörde bevor. Aber am Ende ist es die schwierige Beziehung zu ihrer lesbischen Tochter Joy (Stephanie Hsu), die das ganze Multiversum aus den Fugen geraten lässt.
Schaut nochmal den deutschen Trailer zu Everything Everywhere All at Once:
Die Evelyn, die wir zu Beginn des Films kennenlernen ist nur eine von unendlich vielen. Und tatsächlich ist sie sogar die lausigste Version ihrer Selbst im gesamten Multiversum. Was das genau ist? Jede Entscheidung, die wir treffen, lässt eine neue Realität entstehen. Unendliche dieser alternativen Universen existieren parallel. Die wichtigsten Realitäten des Multiversums im Film sind:
- Das Alpha-Verse ist das Universum, in dem erstmals die Existenz anderer Realitäten entdeckt wurde – von Alpha-Evelyn.
- Im Hot-Dog-Finger-Universum haben alle Menschen laberige "Wurst"-Finger. Hier lebt Evelyn in einer Beziehung mit ihrer Steuerprüferin Deirdre Beaubeirdra (Jamie Lee Curtis)
- Im Wong-Kar-Wai-Universum hat Evelyn ihren Mann einst abblitzen lassen und China nie verlassen. Als Schauspielerin in Martial-Arts-Filmen wurde sie zum Mega-Star.
- Raccacoonie-Universum: Angelehnt an Pixars Ratatouille arbeitet Evelyn in dieser Welt in einem Hibachi-Restaurant. Sie muss feststellen, dass ihr Kollege von einem Waschbär unter seiner Kochmütze gesteuert wird.
- Stein-Universum: In dieser Realität existieren keine menschlichen Lebewesen. Evelyn frachtet hier eine Existenz als Stein.
- Martial-Arts-Universum: In dieser Welt ließ sich Evelyn zur Kampfsport-Spezialistin ausbilden. Sie trainiert so hart, dass ihr kleiner Finger sogar einen eigenen Bizeps hat.
Um das Multiversum vor einer großen Gefahr zu retten, muss Evelyn durch die Technik der Verse-Jumpings die Erinnerungen und vor allem Fähigkeiten ihrer alternativen Ichs abrufen. Damit das gelingt muss sie jedoch vor jedem Sprung einen überwältigenden neuen Reiz schaffen – und das sorgt einige der abgefahrensten und witzigsten Szenen des Films.
Wer ist Jobu Tupaki?
Die größte Gefahr für das Multiversum ist Jobu Tupaki. Sie ist Joy aus dem Alpha-Universum, die von ihrer Mutter Evelyn als Versuchskaninchen benutzt wurde. Joy musste so oft durch das Multiversum springen, bis ihr Verstand durch die ultimativen Reizüberflutung zersprungen ist.
Sie erlebt alle parallel existierenden Universen zur gleichen Zeit und erhält dadurch gottähnliche Kräfte. Jobu Tupaki aber erkennt, dass das eigene Leben im Chaos unendlicher Universen keine Bedeutung hat. Sie erschafft ein schwarzes Loch, den Everything-Bagel, das alles Leben im Multiversum und damit auch ihr eigenen auslöschen könnte.
Das Ende von Everything Everywhere All at Once erklärt
Um Jobu aufhalten (und ihre Tochter wirklich verstehen) zu können, gibt es für Evelyn nur einen einzigen Weg. Sie muss selbst alles, überall und zur gleichen Zeit erfahren. Evelyn muss so mächtig wie Jobu Tupaki werden und reist dafür durch das Multiversum, um so viele Fähigkeiten wie möglich in sich zu vereinen. Dabei lernt sie auch, den Menschen in ihrem Umfeld mehr Mitgefühl, Verständnis und Liebe entgegenzubringen. Am Ende siegt Evelyn, weil sie ihre Gegner nicht mit Gewalt bekämpft, sondern sie mit freundlichen Gesten außer Gefecht setzt.
Als übermächtige Multiverse-Evelyn klebt sie sich vor dem finalen Kampf symbolisch ein Wackelauge auf die Stirn. Früher war Evelyn davon angenervt, dass ihr Mann überall Wackelaufgen draufklebt, um Freude zu verbreiten. Erst am Ende erklärt sich ihr die Bedeutung dahinter. Dabei steht das Wackelauge bzw. ihr drittes Auge nicht nur symbolisch für ihre neue Sichtweise und Wandlung zu einer freundlicheren Person. Das Auge (ein weißer Kreis mit schwarzem Inneren) bildet das positive Gegenstück zu Jobus Everything-Bagel (ein schwarzer Ring mit weißem Inneren), der stellvertretend für Trostlosigkeit und Depression steht.
Der Kampf um das Schicksal des Multiversums ist keine epische Schlacht, sondern wird am Ende des Films auf einen einfachen emotionalen Konflikt zwischen Mutter und Tochter herunter gebrochen. Plötzlich spielen das Multiversum und der apokalyptische Bagel keine Rolle mehr. Auf der Party in ihrem Waschsalon lernt Evelyn, ihre eigentlich schlechteste Realität als ihre einzig wahre Realität zu akzeptieren. Evelyn verliert sich nicht mehr im Rückblick auf die verschiedenen Pfade, die ihr Leben hätte einschlagen können, sondern schaut nun nach vorne.
Evelyn erkennt ihre Liebe zu ihrem Mann, traut sich endlich ihrem Vater von der Homosexualität ihrer Tochter zu erzählen und versöhnt sich sogar mit ihrer Steuerprüferin. Der wichtige Moment ist jedoch eine Aussprache mit ihrer Tochter Joy, die von dem Gefühl erdrückt wird, die hohen Erwartungen ihrer Mutter nicht erfüllen zu können. Am Ende gehen Mutter und Tochter erstmals einen Schritt aufeinander zu und die Heilung der wichtigsten Beziehung in ihrem Leben kann beginnen.
Die Bedeutung Everything Everywhere All at Once (eine von vielen)
Anhand des Konzepts des Multiversums zeigt uns der Film auf verspielte und sehr schräge Weise, wie es sich anfühlt in der heutigen Zeit des Chaos zu leben. Es geht um die Fomo-Ära (Fear of Missing Out), in der wir medial Tag für Tag überwältigt und überfordert werden. Stellvertretend haben wir hier Joy. Ihr werden nicht nur als Tochter einer Immigrantin enorme Erwartungen aufgebürdet. Auch gehört sie zu einer Generation junger Menschen, denen alles zu jeder Zeit zur Verfügung steht und die alles zur gleichen Zeit sein können und wollen. Das kann eine Chance sein oder direkt in eine Lebenskrise führen.
Noch etwas allgemeiner gedacht erzählt Everything Everywhere All at Once aber auch von einer universellen und schon fast niederschmetternden Sicht auf unsere Existenz. Im Kontext des großen Ganzen, des Universums und sogar Multiversums, ist unser Leben vergleichsweise unbedeutend. Um nicht in Existenzängste und Depressionen zu verfallen, müssen Joy und Evelyn einen Sinn in einer scheinbar sinnlosen Welt finden – einen emotionalen Anker, der sie nicht vom Chaos hinfort schwemmen lässt. Und am Ende braucht es nur eine Person, die an dich glaubt, um dir genau diesen Lebenssinn zu geben.
Natürlich gibt es noch viele weitere Themen und Deutungsmöglichkeiten. Everything Everywhere All at Once ist ein Film, der seinem Titel alle Ehre macht. Er verhandelt zahlreiche Themen (u.a. der Kreislauf von Generationenkonflikten) und schnürt daraus ein komplexes Meisterwerk, das euch jedes Mal aufs Neue weitere Betrachtungswinkel offenbart.
Everything Everywhere All At Once: Ein Multiversums-Kracher – nicht von Marvel
Mit Everything Everywhere All At Once bescheren uns die Regisseure Daniel Kwan und Daniel Scheinert eines der absoluten Kino-Highlights des Jahres 2022. Im FILMSTARTS-Podcast Leinwandliebe herrscht so auch allergrößte Begeisterung – und es wird sogar einmal die Höchstwertung gezückt!
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