Der MILKmachts: Sean Penn brilliert als schwuler Politiker

19.02.2009 - 08:45 UhrVor 13 Jahren aktualisiert
Sean Penn als Harvey Milk
Sean Penn als Harvey Milk
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Gus van Sant überzeugt mit einem spannenden, unterhaltsamen und blendend besetzten Stück verfilmter Zeitgeschichte: Milk

Nach seinen ausgedehnten Exkursen in eher schwer zugängliche Indie-Filme kehrt Gus van Sant mit Milk zum Mainstreamkino zurück, das ihm bereits mit Good Will Hunting Glück und Auszeichnungen brachte. Doch auch wenn der Film selbst starbesetzt, unterhaltsam und spannend inszeniert ist, widmet er sich doch einem unbequemen Thema: Er schilderte die zweite Phase der queeren Emanzipationsbewegung in den USA, die nach dem Urknall, den Christopher Street-Unruhen in den 70ern an Fahrt gewann. Am Beispiel von Harvey Milk wird – basierend auf der preisgekrönten Doku Wer war Harvey Milk? von 1984 – ein wichtiges Kapitel Liberalisierungsgeschichte nacherzählt, mit seinen Erfolgen, wie auch den Rückschlägen.

San Francisco, 1972. Harvey Milk (Sean Penn) und sein Lebensgefährte Scott Smith haben vom Leben in New York die Nase voll und suchen ihr Glück an der Westküste. Sie eröffnen im Arbeiterviertel Castro einen kleinen Fotoladen: “Castro Cameras”. Bald wird das Geschäft als Treffpunkt und Nachrichtenbörse zum Mittelpunkt des Viertels, vor allem dank Harvey Milks herzlichen, überschäumenden Temperaments.

Es dauert nicht lang, bis Milk seinen Hang zur Politik entdeckt: Sein Anliegen sind die Interessen der kleinen Leute seines Viertels – und die der schwulen Community. Milk organisiert Straßenfeste im Castro District, und er steht stets an der Spitze, wenn es gegen Diskriminierung zu protestieren gilt. Während dreier Wahlkampagnen für den Stadtrat von San Francisco gewinnt Milk unzählige Helfer und Freunde dazu, vor allem sein Berater Cleve Jones steht ihm unermüdlich zur Seite.

Doch in dieser Zeit zerbricht die Beziehung zu seinem langjährigen Geliebten Scott. An der Seite seines neuen Partners Jack Lira schafft Milk bei der Wahl 1977 schließlich den Einzug in den Stadtrat. Kaum im Amt, stößt Milk eine Vielzahl von politischen Initiativen an, womit er sich nicht nur Freunde macht. Und einer seiner Gegner, Milks Stadtrats-Kollege Dan White (Josh Brolin) entpuppt sich schließlich als Todfeind.

Wie Harvey Milk selbst, gelingt es auch van Sant seinen Film massentauglich zu erzählen. Milk war niemand, der verbissen nur seine schwulenpolitischen Ziele im Auge hatte, er sah immer auch die Notwendigkeit sich als Politiker für alle Wähler einzusetzen. Für Bildungspolitik, Senioren, die Gewerkschaften. So erarbeitete er sich Respekt und Verbündete, die seinerseits dann die Ziele der Schwulenbewegung unterstützten. Der Film glorifiziert Milk dabei nicht, sondern schildert ihn bewusst als vielschichtigen Menschen, mit Widersprüchen, negativen Seiten und Schwächen und erreicht dadurch eine viel größere Nähe und Authentizität als, durch reine Heldenverklärung je möglich gewesen wäre.

Milk ist kein “Schwulenfilm”, kein Special Interest-Film der nur für die offensichtliche Zielgruppe gedreht wurde, sondern spannendes, witziges, unterhaltsames und zum Nachdenken anregendes Mainstreamkino, das grade in Zeiten eines konservativen Backlashs (wie zuletzt bei der Prop8-Diskussion in Kalifornien zu sehen war) wichtige Impulse gibt.

Sieben Oscar-Nominierungen hat Milk sich verdient, auch wenn es fraglich scheint, ob er sich gegen den Favoriten und Feelgood-Film Slumdog Millionär oder den fast sicheren Nebenrollen-Oscar für Heath Ledger wird durchsetzen können.

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