Der Staatsfeind - Henning Baum versagt als Held seines eigenen Films

08.05.2018 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Henning Baum in Der StaatsfeindSat.1/Marc Reimann
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Mit düsterem Trailer und Nahaufnahmen von Henning Baum kündigte Sat.1 schon vor einer Weile den Zweiteiler Der Staatsfeind an. Wir haben uns eine Meinung zu dem Actionfilm gebildet.

Kurz vor dem TV-Sommerloch legt Sat.1 die Messlatte noch einmal richtig hoch, oder so war es zumindest geplant. Heute um 20:15 Uhr zeigt der Sender den ersten Part des Zweiteilers Der Staatsfeind, am nächsten Dienstag, den 15.05.2018, folgt der zweite Teil. Damit macht Sat.1, der sonst oft auf Eigenproduktionen aus dem Romantik- oder Komödienbereich zählt (wie etwa Entdecke die Mandy in dir oder Dating Alarm), einen Ausflug ins Actiongenre, denn der Thriller erzählt die Geschichte des Polizisten Robert Anger (Henning Baum), dem der Mord an einer Kollegin in die Schuhe geschoben wird, und der daraufhin vor den Behörden flieht.

In Interviews wurde Der Staatsfeind als Messlatte bezeichnet für alle zukünftigen Fernsehfilme, die da noch kommen sollen. Sat.1-Geschäftsführer Kaspar Pflüger drückte sich sehr deutlich aus (via Merkur ):

Wir möchten künftig auf moderne, packende Thriller setzen. Der Staatsfeind ist eine Blaupause für das, was wir darunter verstehen.

Tatsächlich lässt allein der Titel der Sat.1-Offensive Vergleiche mit Will Smiths Der Staatsfeind Nr. 1 oder Harrison Fords Klassiker Auf der Flucht vermuten. Doch schafft es Henning Baum tatsächlich, an diese sehr erfolgreichen Vorbilder heranzukommen? Die einfache Antwort: nein. Denn Der Staatsfeind hat neben seinem völlig unglaubwürdigen Plot ein großes Problem: Henning Baum ist nicht der Held seines eigenen Films.

Nicht mal der letzte Bulle kann diese Story tragen

Es ist bestimmt kein Zufall, dass Sat.1 Der Staatsfeind jetzt ins Rennen schickt, nur wenige Wochen, nachdem der Thriller Das Joshua-Profil beim Konkurrenzsender RTL Premiere feierte. Die beiden Filme haben dabei mehr gemeinsam, als es zunächst scheinen mag. Im Zentrum beider Krimis steht ein Mann, der falsch verdächtigt wird und daraufhin auf der Flucht ist. Tatsächlich haben die Hauptdarsteller sogar die gleiche Frau an die Seite gestellt bekommen. Tatort-Kommissarin Franziska Weisz spielt in den Fernsehfilmen die Ehefrau des jeweiligen Helden. Doch während Das Joshua-Profil auf einem Roman des erfolgreichen Autors Sebastian Fitzek beruht, liegt Der Staatsfeind keine literarische Vorlage zugrunde, was am Ende zu einem obskuren Plot führt, den die Autoren - lässt man Henning Baums endloses Gerenne weg - auch in einen einzigen Film hätte packen können.

Der Münchner Polizist Robert Anger (Baum) hat gerade erfahren, dass sein Freund Miki (Max von Thun) und dessen Frau und Roberts Kollegin Vici (Kathrin von Steinburg) ein Baby erwarten. Einen Tag darauf wird Vici bei einer Schießerei vor einem Hotel angeschossen. Robert kann ihr gerade noch beim Sterben zusehen. Was der Polizist noch nicht weiß: Vici war ein Kollateralschaden in einem perfiden Plan von Geheimdienst-Offizier Stephan Mendt (Manfred Zapatka). Um den zu vertuschen, will Mendt Anger den Mord anhängen. Robert wird daraufhin nicht nur zum Hauptverdächtigen, sondern auch zum Terroristen deklariert.

Zuallererst kommt der Zuschauer bei diesem Plot nicht umhin, sich zu fragen, warum ein Mann, der seit 30 Jahren verheiratet ist, Freundschaften pflegt und als Polizist arbeitet, nun plötzlich ein irakischer Terrorist sein soll. Aber selbst, wenn wir über diese Tatsache hinwegsehen, kann Der Staatsfeind auch in den handlungstechnischen Details nicht punkten. Wenn Robert nun wirklich der meistgesuchte Mann Deutschlands ist, warum kann er sich dann einfach auf das Gelände eines gut besuchten Konzerts begeben? Oder wieso hat seine Frau die Chance, sich mit einem zwielichtigen Typen in einer Tiefgarage zu treffen, ohne überwacht zu werden? Als Topping gibt es die schlechtesten Filmschützen der Welt, die Robert nicht mal in 50 Meter Entfernung auf einem freien Feld treffen.

Dabei ist der Ansatz des Films, dass Robert in einem allmächtigen Staat zum zu Unrecht Verfolgten wird, zwar keineswegs neu, aber eigentlich immer wieder spannend. In der Umsetzung schafft es Der Staatsfeind aber nicht, diese interessante Thematik auszuarbeiten, sondern er konzentriert sich stattdessen auf die Beziehung zwischen Anger und seiner Frau sowie auf eine unsinnige Verfolgungsjagd nach der anderen.

Henning Baum fällt als Der Staatsfeind durch

Womit wir beim Dreh- und Angelpunkt von Der Staatsfeind angelangt wären, seinem Hauptdarsteller Henning Baum. Eigentlich müsste man meinen, die Rolle des lässigen Polizisten ist dem Schauspieler wie auf den Leib geschneidert, schließlich gewann Baum mit eben dieser Rolle in der Serie Der letzte Bulle eine riesige Fangemeinde unter den deutschen Zuschauern. Wie er in einem Interview  mit Sat.1 verriet, hat er für den TV-Thriller sogar ein Nahkampf- und Schusswaffentraining absolviert. Zu dumm, dass es gerade einmal zwei Szenen im Film gibt, in der der Star das Gelernte anwenden kann. Im restlichen Zweiteiler nämlich kommt Henning Baum nicht so heldenhaft davon.

Zwar darf sich Henning Baum in einer Szene mit einem Handlanger des korrupten Militärangehörigen Mendt in der Toilette eines Stadions prügeln, und auch der Showdown mit selbigem ist dem Schauspieler noch gegönnt. Die restliche Zeit des Films rennt Baum als Anger aber nur davon, zeigt anderen den Mittelfinger und drückt mit etlichen Fucks seinen Unmut über die Situation aus, in der er steckt. Dahingegen trägt seine Leinwand-Ehefrau wesentlich dazu bei, dass sich das Schlamassel wieder auflöst. Sie besorgt ein entlastendes Video und findet eine wichtige Kontaktperson, während sich der ausgebildete Polizist Robert zweimal tasern, die Waffe abnehmen und über den Kopf schlagen lässt.

Alles in allem werden wir des Staatsfeindes mit jeder Minute, die voranschreitet, mehr und mehr überdrüssig. Nach 90 Minuten sind wir froh, dass die unspannende Geschichte erst einmal ein Ende hat, nur, um sich dann daran zu erinnern, dass es ja noch einen zweiten Teil gibt. Alleine Henning Baum und Franziska Weisz schaffen es als Sympathieträger, der Geschichte noch ein wenig Leben einzuhauchen. Da bekommen wir fast Mitleid, denn sie können ja nichts dafür, dass ihre Figuren mit einer stumpfen Geschichte und mit so wenig Innenleben ausgestattet sind. Das Ende lässt uns hoffen, dass Sat.1 bei seiner nächsten Filmoffensive die Messlatte doch noch ein wenig höher legt.

Was haltet ihr von dem Sat.1-Zweiteiler Der Staatsfeind?

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