Der Tatort und die Teenager außer Kontrolle

13.05.2012 - 21:45 UhrVor 13 Jahren aktualisiert
Inhalt Der Wald steht schwarz und schweiget
SWR
Inhalt Der Wald steht schwarz und schweiget
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Keine klassische Mörderhatz, sondern ein Jugenddrama im Survival-Modus bietet uns der neue Tatort aus Ludwigshafen mit Lena Odenthal. Mehr Resozialisierungsdrama als Thriller, gerät der Sonntagskrimi jedoch vorhersehbar und klischeehaft.

Dass der Tatort der Marke Lena Odenthal nicht zu den revolutionärsten Krimi-Formaten im deutschen Fernsehen gehört, steht wohl außer Frage. Doch für solide Krimikost kann die raue Kommissarin immer mal wieder sorgen. Tatort: Der Wald steht schwarz und schweiget entwickelt sich trotz seines ambtionierten und latent prätentiösen Titels jedoch nie übers unterste Mittelmaß hinaus. So ist der neue Tatort ein vorhersehbares Jugenddrama, das sich 90 Minuten durch eine Ödnis voller Klischees und Küchenpsychologie rafft.

Lokalkolorit: Der Pfälzerwald ist das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Das ist der erste Satz im entsprechenden Wikipedia-Eintrag und das wird nahezu wörtlich auch in Tatort: Der Wald steht schwarz und schweiget herausposaunt. Eigentlich soll das die Herausforderung der Suche nach der Vermissten Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) verdeutlichen. Im Kontext dieses Tatorts könnte der Satz allerdings auch als nützliche Info für zukünftige Touristen dienen. Der Wald steht hier nämlich ganz und gar nicht schwarz, sondern wird ästhetisch als abwechslungsreiches Wandergebiet präsentiert. Hier eine Burgruine mit schöner Aussicht, dort eine Gruppe von schwer erziehbaren Jugendlichen, die eine Polizistin entführt haben.

Plot: Besagte Lena Odenthal soll den Fund einer Leiche im Pfälzer Wald überprüfen, doch statt der Leiche, stolpert sie über eine Gruppe junger Männer, die sie prompt verschleppen. Kopper (Andreas Hoppe) bricht mit den Vorschriften und zettelt eine große Suchaktion an (es ist schließlich Lena!). Zum Glück lässt er sich genug Zeit, damit seine Kollegin den fünf Jungs auf den psychischen Zahn fühlen kann. Die verbergen nämlich alle schwere Traumata und wurden von einem fiesen Bootcamp-Diktator gequält. Wo ist die Super-Nanny, wenn man sie braucht?

Unterhaltung: Als ich den Titel Der Wald steht schwarz und schweiget gelesen habe, graute es mir, doch zugleich fühlte ich eine gewisse Vorfreude. Würde hier tatsächlich ein artsyfartsy-Tatort aus Ludwigshafen auf uns zukommen? Nach all der angestauten Langeweile endlich wieder ein Lebenszeichen, ein bisschen Ehrgeiz? Hinterher war die Enttäuschung groß. Der neue Odenthal-Tatort versenkt seine Spannungsmomente in der Psychologisierung. Der Autopilotmodus von Kopper-Odenthal verhindert von vornherein wirkliche Angst um das Wohl der Kommissarin und die fünf Kiddies mit ihren fünf schweren Kindheiten, die aus einem Jahresbericht der Familienministerin stammen könnten, sind in etwa so bedrohlich wie der Wikipedia-Eintrag des Pfälzerwalds.

Tiefgang: AZOK ist das Motto des Bootcamps, in dem den fünf Trauma-Patienten durch körperliche Überanstrengung und Erniedrigung Disziplin und Gehorsam eingebläut werden soll. Alle zusammen oder Keiner wird deshalb zum selbst verantworteten Verhängnis des Drill Instructors, dessen, und das ist die plumpe Ironie dieses Sonntagskrimis, Methoden letztlich Früchte tragen. Am Ende sitzen sie alle zusammen im Polizeibus, die einzelnen entziehen sich ihrer Verantwortung. Zusammen sind sie stark, zumindest in diesem einen Moment.

Mord des Sonntags: Die wenigen Morde passieren allesamt Off-Screen und das wenig spektakulär. Mein Mitleid gilt deswegen den Pilzen, die Panne (Tómas Lemarquis aus Nói albinói) im Wald schmatzend verputzt.

Zitat des Sonntags: “Ihr habt ihn von den Felsen gestürzt… Wer war das?” – “Alle zusammen oder keiner.”

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