Das Sommerhaus der Stars ist wohl eine der beliebtesten Reality-TV-Shows Deutschlands. Kein Wunder, dass RTL nach neun Staffeln mit seinem erfolgreichsten Format neue Wege gehen will. Das Sommerhaus der Normalos wurde geboren und ging in diesem Jahr erstmals an den Start. Otto Normalverbraucher wie du und ich sollen die Chance haben, wie die Stars die volle Sommerhaus-Experience zu bekommen. Nach acht Folgen findet Staffel 1 ein Ende und wir ziehen ein Fazit: Konnten die Normalos den Stars das Wasser reichen und wollen wir wirklich eine weitere Staffel?
Sommerhaus der Normalos: Vorgeplantes Drama verdirbt den Spaß am Format
Erstmals treten acht augenscheinliche Normalo-Paare in acht Episoden im Sommerhaus gegeneinander an. In verschiedenen Challenges müssen sie zeigen, wie gut sie als Team funktionieren, um sich einen Nominierungsschutz zu sichern. Von Folge zu Folge wählen sich die Pärchen gegenseitig aus der Show, denn am Ende kann nur eines von ihnen gewinnen und das Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro mit nach Hause nehmen.
Eins steht schon seit Folge 1 fest: Die Normalos stehen in Sachen Drama den Stars in nichts nach. Grund dafür ist vor allem Kandidatin Vanessa. Die Sozialversicherungsfachangestellte wird weder in ihrem Vorstellungsvideo noch im Laufe der Sendung müde zu erwähnen, dass sie ein Realitystar werden will. Streitigkeiten und Drama sind also vorprogrammiert – oder besser vorgeplant? – um die meiste Sendezeit zu generieren. Ihr Partner Richard wirkt dabei nur als Mittel zum Zweck, um an der Show teilnehmen zu können.
Während Vanessa mit ihrem Karriereplan offen umgeht, sind die anderen Pärchen subtiler. So wird beispielsweise in gemütlicher Runde darüber gesprochen, weshalb sie an dem Format teilnehmen. Für die meisten geht es um die Reichweite. Ausgerechnet das Pärchen, das nur das Preisgeld sieht und in erster Linie nicht auf Fame aus ist, wird bei der nächsten Nominierung nach Hause geschickt.
Andere Formate können das wirklich besser
Wer sich mit Reality-TV auskennt, weiß, dass es den Teilnehmenden vor allem darum geht, Aufmerksamkeit zu erregen und berühmt zu werden. Immerhin wollen sie für weitere Shows gebucht werden. Obwohl die Intention offensichtlich ist, will das Publikum das nicht ständig vor Augen geführt bekommen. Wir möchten nicht hören, dass es nur um Ruhm oder Sendezeit geht. Genau hier liegt das Problem beim Sommerhaus der Normalos: Der letzte Funken an Realität und Authentizität im Reality-TV sollte erhalten bleiben, auch wenn wir uns dabei ein wenig selbst belügen.
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Bei Shows wie Temptation Island oder Love Island funktioniert das Prinzip. Bei Temptation Island gab es beispielsweise noch kein Pärchen, welches offenkundig ausgeplaudert hat, dass es an der Show nur für die Reichweite teilnimmt. Hier geht es vermeintlich wirklich darum, die eigene Beziehung auf die Probe zu stellen. Und ja, 90 Prozent der Singles bei Love Island suchen sicher nicht die große Liebe, aber sie erhalten wenigstens die Illusion der Show.
Dieser Sommerhaus-Cast kann das Normalos-Versprechen nicht halten
Die Hemmschwelle für zwischenmenschliche Interaktion ist bei den Paaren in Das Sommerhaus der Normalos so niedrig, dass das Benehmen alles andere als "normal" ist. Die Pärchen erschrecken mit ihrem beleidigenden Verhalten und haben offensichtlich von ihren prominenten Vorgänger:innen gelernt. Das Reality-Handbuch wurde von den Teilnehmenden nicht nur gründlich studiert, sondern auswendig gelernt, wodurch es den Paaren völlig an Authentizität fehlt. Einem Realitystar kann man ein so übertriebenes Verhalten noch irgendwie nachsehen – das ist eben nichts Ungewöhnliches. Dass sich vermeintliche "Normalos" so daneben benehmen und sich gegenseitig so angehen, fällt viel negativer auf.
Hinzu kommt, dass die teilnehmenden Pärchen gar nicht so TV-unerfahren sind. Mindestens die Hälfte der Paare hat nämlich sehr wohl Medienerfahrung. So drehte Kandidatin Sandra für Krass, Schule! – und das sogar in einer etwas größeren Rolle. Vanessa stand vor einigen Jahren für Hilf mir! Jung, pleite, verzweifelt vor der Kamera, und Manfred nahm bei Get the Fuck Out Of My House teil. Es macht den Anschein, als hätte RTL bei der Besetzung nur mal kurz eine alte Castingdatei durchwühlt. Klar, sie haben nicht den klassischen Promi-Status und gelten daher trotzdem als "Normalos". Teilnehmende mit TV-Erfahrung – auch wenn sie noch so klein ist – haben dennoch einen erheblichen Vorteil und sind nicht die Otto Normalverbraucher, die das Format im Titel versprochen hat. Sie wissen, wie es sich anfühlt, vor einer Kamera zu stehen und wie man sich vor der Linse zu verhalten hat.
Das Sommerhaus der Normalos hält in diesem Punkt nicht das, was es verspricht, aber RTL hat noch eine Chance. Wenn eine zweite Staffel geplant wird, dann hoffentlich mit Menschen, die ihren Reality-5-Jahres-Plan noch nicht durchorganisiert haben – und die vielleicht sogar ihrem Publikum vor den Bildschirmen ähneln.