An der Literaturverfilmung von F. Scott Fitzgeralds berühmten Roman Der große Gatsby ist Baz Luhrmann bildgewaltig gescheitert. An den Schauspielern – allen voran sind Leonardo DiCaprio und Carey Mulligan zu nennen – liegt das jedenfalls nicht. Es liegt auch nicht daran, daß Luhrmann die Technik nicht beherrscht; im Gegenteil: er ist so selbstverliebt in seine Bilder voller Spezialeffekte und spektakulären Kamerafahrten, dass von Fitzgeralds einmaligem Stil der Coolness nichts mehr bleibt. Luhrmann macht klassisches Einfühlungskino. So könnte auch die nächste Jane-Austen-Verfilmung aussehen.
Fitzgeralds Intention wird gar nicht erkannt. Der Schriftsteller wagt nämlich ein höchst modernes Experiment, was dem Roman bis heute Aktualität verleiht. Fitzgerald beschreibt nämlich nur Oberflächen, keine tiefe Psychen. Sein Ich-Erzähler Nick Carraway (Tobey Maguire) hält zum Geschehen stets eine gewisse Distanz; auch wenn er von der neureichen Welt fasziniert ist, reflektiert er doch immer über sie und seine Situation in ihr. Die Figuren sind keine Personen, sie sind vielmehr Maskenträger und es ist völlig unklar, ob es hinter der Maske noch etwas gibt.
Mit der Liebesgeschichte zwischen Daisy und Gatsby thematisiert Fitzgerald dies, doch bleibt der Roman unentschlossen. Vielleicht, so legt uns der Autor nahe, ist die Welt des Scheins und der Warenwelt schon so einflußreich, dass sie nicht nur unsere Gefühle bestimmt, sondern sie sogar produziert. Baz Luhrmann aber stellt sich solche Fragen überhaupt nicht. Er schwelgt unreflektiert und vollkommen hohl in der Luxuswelt und qualifiziert sich als Werbefilmer für diverse Marken-Konzerne. Es ist schon fast eine Kunst, den Roman über Reichtum und Glanz so affirmativ zu lesen. Der Regisseur setzt hier eine Backfisch-Phantasie in Szene, wie sie jedes Ladenmädchen in den 20er Jahren haben konnte. Auch vor Aktualisierungen schreckt er weitgehend zurück. Wenn im Roman Daisy über die Schönheit von Gatsbys Hemden weint, hätte Luhrmann aktualisieren sollen: „Solch ein schönes Smartphone habe ich noch nie gesehen!“, oder für die alternative Szene: „Solch einen schönen Jutebeutel habe ich noch nie gesehen!“ – doch leider ist Luhrmann nicht mutig genug und mißtraut den Möglichkeiten des Kinos.