Don’t Fear the Reaper

03.09.2012 - 08:00 Uhr
Six Feet Under
moviepilot / HBO
Six Feet Under
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In dieser Serie geht es um Leben und Tod, aber nicht als Kriminalfall, sondern als episches Drama einer Familie. Ein moviepilot-User schaut auf alle Facetten. Lest selbst!

Leben ist…
Busfahren. Joggen. In die Kirche gehen. Einen Joint rauchen. Radiohead.
Meine Worte versagen. In den Raum geschossen, diese Serie in all ihren Facetten zu greifen, einzupacken in menschliche Laute oder artifizielle Buchstabenkombinationen und somit meine Liebe für sie verständlich zu machen, fallen sie auf halber Strecke leblos zu Boden und in spröde Bruchstücke, wo sie als Zeichen meiner Unfähigkeit verharren, auf adäquate Weise den bunten Mix aus Gefühlen, die sich in mir nach 63 Episoden aufgebaut haben, zu beschreiben.

Leben ist…
Weihnachtsbraten. Paintball spielen. Kinder adoptieren. Blue Oyster Cult.
„Family Redefined“. So lautete die Tagline zu den Die Sopranos, und sie trifft auch auf Six Feet Under – Gestorben wird immer zu: Die unerschütterliche Institution des traditionellen amerikanischen Fernsehens, die Familie, wird in ihrer Darstellung um eine besondere Facette erweitert. Um etwas Originelles, in sich Stimmiges und durchaus Vorstellbares. Auf diese Weise entsteht aus Altem Neues. So einfach das Konzept der Familie Fisher, die ein Bestattungsunternehmen leitet, so durchschlagend die Wirkung.

Wie soll man leben, wenn man jeden Tag daran erinnert wird, dass plötzlich alles vorbei sein könnte? Wenn man sieht, dass man schlussendlich selber als toter Körper bei einem Bestattungsunternehmen enden wird? Six Feet Under erzählt die Geschichte seiner Protagonisten vor diesem Hintergrund. Es zeigt sie gebunden an Existenzzustände, die sie nicht beeinflussen, die sie nicht aufheben können. Es zeigt sie auf der Suche nach einem Weg, mit dieser Gewissheit umzugehen. Nach einer Möglichkeit, sich eine Zukunft zu schaffen, in der sie glücklich sein können, selbst wenn sie wissen, dass Glück niemals währt. Sie suchen nach Geborgenheit, nach einem Zuhause, das jeden geographischen Ort übersteigt.

Leben ist…
Vernissagen. Hochzeiten. Strand. Photos schiessen. Kelly Clarkson.
Dass sie ein Bestattungsunternehmen führen, ist mitnichten nur ein Mittel, um die Serie mit schwarzem Humor zu versehen – auch wenn Six Feet Under, besonders in der ersten Staffel, in dieser Hinsicht durchaus Kapital aus den wortwörtlichen Leichen im Keller der Fishers schlägt. Leben und Tod bedingen sich. Einen Wert bekommen beide nur durch das Vorhandensein des jeweils anderen. In einem Umfeld nun, in dem Leben und Tod so nahe beieinander liegen, wird es möglich, den grossen Fragen der Conditio humana, die geprägt ist vom Zusammenspiel dieser beiden Grössen, nachzugehen und dem Menschsein an sich in Form der Fishers und ihrer Freunde ein Gesicht zu geben. Denn die Fishers – das sind wir.

Wir selbst. Ihnen dabei zuzusehen, wie sie ihr Leben bewältigen, bedeutet, über unsere eigene Existenz nachzudenken. Und zu sehen, wie für die Protagonisten von Six Feet Under alles endet – so, wie es sein muss und nicht anders sein kann – schmerzt mehr als jedes Filmende. Es ist kein Serienfinale, bei dem man weint. Es ist ein Serienfinale, bei dem man vergessen hat, wie man weint.

Leben ist…
Bestattungen. Umarmungen. Verlorene Füsse. Abschiede. Aufbrüche. Sia.
Alles endet. Irgendwann. Irgendwo. Irgendwie. Es ist nicht an uns, etwas daran zu ändern. Es ist nur an uns, unser Leben zu leben, so lange es dauert. Nicht mehr, und nicht weniger. Das ist es, was uns Six Feet Under letztlich gibt – keine Antworten, keine Lösungen, aber Trost. Trost in der Erkenntnis, dass alles, wir eingeschlossen, seinen natürlichen Weg geht. Es ist dies keine neue Erkenntnis. Genauso wenig ist das Konzept einer Serie über eine Familie neu. Aber das, was Six Feet Under in seinem Rahmen leistet, ist erstaunlich. Seine Wärme.
Seine Wahrhaftigkeit. Seine Menschlichkeit.

Leben ist…
Unbegrenzte Möglichkeiten in einer begrenzten Zeit.

Tod ist…
Das werden wir noch früh genug erfahren.
Meine Worte versagen erneut. Aber das ist schon in Ordnung. Denn möglicherweise reicht es ja aus, Six Feet Under für sich selber sprechen zu lassen?

- You aren’t even grateful, are you?3
- Grateful? For the worst fucking experience of my life?
- You hang onto your pain like it means something, like it’s worth something. Well, let me tell ‘ya, it’s not worth shit. Let it go. Infinite possibilities, and all he can do is whine.
- Well, what am I supposed to do?
- What do you think? You can do anything, you lucky bastard, you’re alive! What’s a little pain compared to that?
- It can’t be that simple.
- What if it is?

What if it is?


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