Kurz vor Mitternacht am 1. Juli 2002 passiert über dem Bodensee das Unfassbare, zwei Flugzeuge kollidieren. 71 Menschen sterben, mehr als die Hälfte Kinder. Wen trifft die Schuld? Allein den diensthabenden Lotsen der Flugsicherung? – Der SWR-Fernsehfilm Flug in die Nacht – Das Unglück von Überlingen verarbeitet die Katastrophe zu einem eindringlichen Drama über persönliche Verantwortung, die Suche nach Erklärungen und dem Wunsch nach Vergebung.
Fluglotse Johann Lenders (Ken Duken) hat Dienst, als eine Passagiermaschine der Bashkirian Airlines und ein Frachtflieger der DHL über dem Bodenseeraum ihrem Ziel zufliegen. Yuri Balkajews (Jevgenij Sitochin) Familie sitzt in dem Flugzeug aus der russischen Republik und ist auf dem Weg zu ihm nach Barcelona. Doch der Flieger wird nicht ankommen. Abgelenkt durch eine dritte Maschine, die eine verspätete Landeerlaubnis für den Flughafen Friedrichshafen erbittet, bemerkt Lenders erst spät, dass sich die beiden anderen Flugzeuge aufeinander zu bewegen. Die Technik macht Probleme, ein Ausweichmanöver scheitert, die Maschinen kollidieren, alle Passagiere sterben.
Verantwortung für das Geschehen will niemand übernehmen. Katharina Rohl (Sophie von Kessel) verhindert als Rechtsberaterin der Flugsicherungsfirma AirGuideControl, dass es zu einem Schuldbekenntnis kommt, um eventuellen Forderungen nach Schadensersatz vorzubeugen. Sie schirmt Lenders von der Öffentlichkeit ab, er soll sich zu den Geschehnissen nicht äußern, sich nicht bei den Opfern entschuldigen. Dabei ist es genau das, eine Entschuldigung, die Balkajew hören will…
Klaudia Wick von der Berliner Zeitung lobt besonders den Regisseur. “Der Film begrübelt das emotionale Niemandsland zwischen den beiden Katastrophen: Am Anfang stirbt eine Familie, am Ende eine zweite. Was an diesem 2. Juli 2002 über dem Himmel von Überlingen geschah, hat das Zeug zu einer antiken Tragödie, in der etwas verhandelt wird, das größer und mächtiger ist als das schlichte menschliche So-Sein. Autor und Regisseur Till Endemann stellt sich dieser Dimension, erdet seinen Film aber bewusst mit einer zurückhaltenden Regie und einer klaren Aussage: Beide Unglücke sind nicht nur tragisch, sie hätten verhindert werden können.”
Das ARD-Drama hat wirklich etwas von einer klassischen Tragödie, meint Jan-Rüdiger Vogler vom Tagesspiegel: “Regisseur und Autor Till Endemann konzentriert sich in seinem ersten abendfüllenden Fernsehfilm auf den menschlichen Zusammenstoß, der dem technischen Crash folgte. In überwiegend ruhigen Einstellungen setzte er ein Drama um Schuld und Verantwortung in Szene, das durch kontrastreiche Bilder und klugen Schnitt überzeugt. Im Mittelpunkt stehen die Ereignisse, die zum Tod des Flugcontrollers führten. Eine Bluttat, die ebenso wie der Flugzeugabsturz das Ergebnis mangelhafter Kommunikation und inhumaner Finanzlogik ist. Ken Duken, der bereits in Willkommen zu Hause als Afghanistan-Heimkehrer in einem TV-Drama mit aktuellem Bezug überzeugte, stellt den Lotsen als verzweifelten Menschen dar.”
Flug in die Nacht – Das Unglück von Überlingen wird heute Abend um 20.15 Uhr auf ARD ausgestrahlt, wenn Euch andere Filme mehr interessieren, dann schaut doch in unser Fernsehprogramm.