Wie der Spiegel kürzlich berichtete, hat Michael Gambon alias Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore nicht einen einzigen Band von Harry Potter jemals gelesen. In vier Verfilmungen von vier Büchern hat er den weisen Hogwarts-Direktor und Harry Potter-Gandalf gemimt, ohne jemals eine Zeile von J.K. Rowling aufgenommen zu haben. Gegenüber der Los Angeles Times rechtfertigt er sich mit dem Verweis auf die Unterschiede zwischen einem Vorlage und einem Drehbuch. Er würde sich nur aufregen, wenn im Skript Szenen aus dem Roman fehlen würden. Es würde nichts bringen, den Roman zu lesen, da er ohnehin nach dem Drehbuch spielen müsse. Außerdem sei er nicht der Einzige, der nach diesem Prinzip arbeite: Auch Ralph Fiennes alias Lord Voldemort und Alan Rickman alias Severus Snape haben nach Angaben von Michael Gambon das Original nie gelesen.
Dieses Geständnis erklärt auch, warum der Dumbledore, den Michael Gambon verkörpert, die gandalfig-großväterliche Aura verloren hat, die die literarische Vorlage vorsieht – und die Richard Harris der Rolle in den ersten beiden Filmen noch gegeben hatte. Dann jedoch starb der Schauspieler. An seine Stelle trat ein großartiger, aber leider ausgesprochen lesefauler Michael Gambon, der Albus Dumbledore seine großväterliche Schnuckeligkeit nahm und ihn zu einer härteren, mysteriöseren, mächtigen Entität des Harry-Potter-Universums hochspielte. Sehr zum Ärger der Fans – die ihren Onkel Albus vermissten und sich plötzlich nicht mehr vorstellen konnten, dass dieser neue, etwas angsteinflößende Dumbledore tatsächlich schwul und einst mit Haut und Haar in Gellert Grindelwald verliebt gewesen sein soll. Dieser neue Dumbledore hat seinen eigenen Kopf und entfernt sich von der Vorlage. Aber wen wundert’s? Wenn die Schauspieler die Vorlage nicht einmal kennen, wie sollen sie die Atmosphäre der Vorlage einfangen?
Eine äußerst zweifelhafte Arbeitsmoral ist das, die Michael Gambon und seine Kollegen hier an den Tag legen. Da bleibt uns nur zu hoffen, dass derlei Praktiken nicht die Regel werden für das Genre der Literaturverfilmung.