Minecraft ist ein globales Phänomen. 218 Millionen Menschen zwischen Jung und Alt spielen das Fantasy-Spiel mit seiner charakteristischen Ecken-Optik laut Analyse von ActivePlayer.io im Monat. Da ergibt eine Kino-Adaption allein schon finanziell Sinn. Aber ist Ein Minecraft Film auch gut?
Ab Donnerstag, den 3. April, läuft die Adaption des beliebten Videospiels im Kino. Und um es gleich vorwegzunehmen: Die Regiearbeit von Jared Hess (Napoleon Dynamite) ist über weite Strecken wirklich unterhaltsam. Sie besticht mit einer knallbunten, brillant aus dem Spiel übersetzten Optik. Sie feuert den Zuschauenden unzählige Witze um die Ohren, die gelegentlich schockierend versaut sind. Jack Black und Jason Momoa sind in Top-Form.
Aber am Ende reicht es nicht für ein echtes Highlight: Zu sehr langweilen lieblos zusammengeschusterte Hintergrundgeschichten, ein Teil des Humors schießt völlig ins Leere. Hess hätte zwei bessere Optionen gehabt.
Darum geht's in Ein Minecraft Film
In Ein Minecraft Film wird eine Schicksalsgemeinschaft aus dem Teenager Henry (Sebastian Hansen), seiner erwachsenen Schwester Natalie (Emma Myers), der Maklerin Dawn (Danielle Brooks) und dem abgehalfterten Arcadehallen-Besitzer Garrett (Momoa) unverhofft in die sogenannte Overworld des Minecraft-Universums verschlagen.
Um wieder zurückzufinden, müssen sie auf die Hilfe des Minenbau-Experten Steve (Black) vertrauen. Und nebenher das eckige Reich vor den Schweinehorden der Zauberin Malgosha (Originalstimme: Rachel House) beschützen.
Die drei größten Stärken des Fantasy-Films sind Jack Black, Jason Momoa und der Look
Jeder Videospiel-Fan ängstigt sich ein bisschen vor künftigen Adaptionen seines Lieblingsspiels: Wie gut kann der Spielspaß etlicher interaktiver Stunden auf die Leinwand transportiert werden? Regisseur Jared Hess und seine fünf (!) Drehbuchautor:innen beantworten die Frage mit blendend aufgelegten Hauptdarstellern und purer Bildgewalt.
Schaut euch hier den Trailer zu Ein Minecraft Film an:
Jack Black fühlt sich sichtlich pudelwohl in der Rolle des Minen-Fanatikers und Stehaufmännchens, das der realen Welt den Rücken gekehrt hat. Seine Energie reißt mit, wenn manche Witze nicht zünden wollen oder die Story vor sich hindümpelt. Wenn er für seinen eckigen Hund Dennis Frisbees fängt oder ironisch die Regularien seiner Spielwelt hinterfragt, fühlt man sich bestens unterhalten.
Die Figur von Ex-Aquaman Jason Momoa ist sogar noch besser: Als selbstverliebter Loser im pinken 80er-Outfit sorgt er mit seiner haltlos arroganten Art für die besten Pointen. Insbesondere dann, wenn seine Überheblichkeit in einem tollpatschigen Unfall mündet.
Fans des Spiels dürften aber als allererstes die Optik lieben: Der eckige Look der Vorlage ist mit viel Liebe umgesetzt. Leuchtende Farben, gigantische Panoramen, finstere Verliese und fiese Horden aus perfekt von Minecraft übernommenen Creepern, Zombies, Endermen oder Piglins könnten die Community überzeugen. Manche Szenen erinnern mit Bergketten, gigantischen Burgen und flammenden Vulkanen fast ein wenig an die bombastischen Totalen der Herr der Ringe-Trilogie.
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Der Humor von Ein Minecraft Film ist erstaunlich versaut
Der echte Unterhaltungsfaktor des Films aber steht und fällt mit seinem Humor. Er ist das Schmierfett im Getriebe, das über laue Story-Momente hinweghilft und manchmal auch echte Lachanfälle auslöst. Gelegentlich ist er erstaunlich versaut.
Ein Beispiel: Garett ist in seiner Stadt auch als der Garbage Man (dt. Müllmann) bekannt. Die liebeshungrige Marlene (Jennifer Coolidge) will ihr Glück bei ihm versuchen und haut ihm dazu den Spruch "Sie dürften gerne mal ihren Sack in meine Tonne stopfen!" um die Ohren. Diesen Satz umgeben von Kindern in einem Kinosaal zu hören, ist eine besondere Erfahrung. Er wird bei vielen Erwachsenen für ein breites, aber entschieden verwirrtes Grinsen sorgen.
Genauso oft sorgen die Witze allerdings nur für ein müdes Lächeln oder pure Gleichgültigkeit. Manchmal, weil sie schlicht zu flach sind. Und manchmal, weil uns die Figuren, denen sie in den Mund gelegt werden, absolut nicht interessieren. Hier offenbart sich die größte Schwäche von Ein Minecraft Film: Er hätte sich zwischen einem echten Familienabenteuer und einem Fantasy-Fiebertraum entscheiden müssen.
In Ein Minecraft Film stecken zwei viel bessere Filme
Ein Minecraft Film hat einige deutliche Makel. Die Story ist nicht mehr als eine Wäscheleine, an der in regelmäßigen Abständen beeindruckende Bilder, Witze und Action aufgehängt werden: ein effizienter Mechanismus, aber an sich belanglos. Nach fünf Minuten interessiert niemanden mehr, warum die Held:innen-Truppe zu irgendeinem Waldanwesen muss oder warum genau die Piglins nach der Weltherrschaft streben. Solche Impulse sind nur Mittel zum Zweck.
Weit nerviger, weil öfter zur Sprache gebracht, wirken die belanglosen Hintergrundgeschichten der Nebenfiguren. Die toten Eltern von Henry und Natalie werden auf ein paar Zeilen im Drehbuch reduziert, sämtliche Tragik in belanglosen 08/15-Sätzen abgetötet. Henrys Kampf um Anerkennung an der Schule oder Natalies Sorge um ihren Bruder sind nichts als dramaturgische Lückenfüller.
Wann immer Jared Hess und seine Autor:innen solche Momente bemühen, kann man nicht anders, als eine eindeutige Entscheidung zu vermissen: Entweder sie hätten dreidimensionale Figuren mit echter emotionaler Wucht schaffen oder auf solche Alibi-Tiefen gleich ganz verzichten müssen.
Der Film sollte sich zwischen Steven Spielberg und versautem Wahnsinn entscheiden
Die erste Option hätte ein Familienabenteuer ergeben können, wie sie Steven Spielberg zur Meisterschaft gebracht hat. Und auch wenn nicht jeder Film zur Größe eines E.T. auserkoren ist, gibt es doch gute Vorbilder: Pokémon Meisterdetektiv Pikachu etwa lebt von seinen Figuren, die einem ans Herz wachsen. Sie sind vielleicht nicht perfekt, aber sie halten Zuschauende zwei Stunden bei der Stange.
Die zweite Option hätte bedeutet, sich ganz auf Humorsalven und Optik zu verlassen, menschliche Schicksale bewusst zu missachten und sich auf den Wahnsinn der Minecraft-Welt zu konzentrieren. Jack Black selbst hat in Jumanji: Willkommen im Dschungel und seinem Sequel eigentlich sehr gut gezeigt, wie das geht. Solche Filme leben von ihrem ironischen, oftmals erwachsenen Witz und zahlreichen wild gestreuten Ideen.
Aber so, wie es steht, ist Ein Minecraft Film für das Familienabenteuer zu lieblos und für den Fiebertraum zu ängstlich. Das Drehbuch soll einerseits junge Zuschauende mit einer Story packen, die sie verstehen können und ihnen in braver Service-Manier bekannte Schauwerte aus den Spielen bieten. Andererseits nimmt es die Minecraft-Welt auf die Schippe, bedient die Erwachsenen mit saftigen Witzen und Ideen-Salven, die Kinder oder Jugendliche in ihrem ganzen Umfang wohl kaum verstehen.
Hätten sich die Verantwortlichen für eine von beiden Optionen entschieden, hätte hier vielleicht einer von zwei besseren Filmen entstehen können. So ist Ein Minecraft-Film ein stellenweise unterhaltsames Fantasy-Spektakel, das die meisten nach 24 Stunden wieder völlig vergessen haben werden.