Dieser Speakers’ Corner-Text ist das direkte Sequel zur Auseinandersetzung mit Rambo letzte Woche.
Zu Rambo II – Der Auftrag gibt es noch ein paar Dinge in der Handlung, die ich zunächst noch erwähnen möchte. Rambo hat eindeutig vigilante Züge wie Batman oder der ebenfalls von Sylvester Stallone gespielte Charakter Cobra in Die City Cobra. Genau wie schon im ersten Teil verlässt er sich auf seine Instinkte und möchte auf keine Befehle hören. Als Rambo nämlich herausfindet, wie katastrophal die Lebensbedingungen der Gefangenen sind, entschließt sich dieser, seinen eigentlichen Auftrag zu beenden, und alles nach eigenem Ermessen weiterzuführen. Hier verdeutlicht der Film meiner Meinung nach sehr gut, dass es manchmal klüger ist, sich einfach auf sein Herz zu verlassen, und nicht immer folgsam wie ein Schaf zu sein. Manche mögen das anders sehen, doch ich begrüße diese Botschaft sogar sehr. Natürlich ist alles stellenweise mit dem Grundgerüst “Guter Soldat” vs. “Böser Bürokrat” verbunden, doch betrachte ich das in diesem Fall eher weniger kritisch.
Schon nach einiger Zeit übt der Film erneut Kritik an der Führung, indem man Rambo sozusagen einen Dolchstoß versetzt. Man kann die Szene, in der Rambo von Murdock auf Befehl im Stich gelassen wird, als Allegorie auf die damalige Situation deuten. Denn wie schon gesagt: Nicht wenige hielten die Niederlage von Vietnam für die Schuld der hohen Tiere. Diese Lösung ist aus politischer Hinsicht leider wieder etwas grob, und man leistet sich bald darauf einen weiteren (politisch, humanen) Fehler.
Durch den Verrat an Rambo haben nicht nur die Bürokraten ihr Fett wegbekommen, sondern bald darauf auch die damals noch verhassten Kommunisten. Historisch übrigens vollkommen inkorrekt, greifen nach Rambos Gefangennahme durch die NVA die Spetznatz (russische Spezialeinheit) ein. Die Russen werden im Film, genauso wie die Vietnamesen (einzige Ausnahme Co Bao), höchst eindimensional gezeichnet. Dies bricht dem Film, wenn man ihn nicht nur als reinen Unterhaltungsfilm sehen möchte, leider das Genick. Lediglich Lt. Podovsky (gespielt von Steven Berkoff) kann man als einen halbwegs markanten Gegner bezeichnen. Hier fängt der Film auch ein wenig zu sehr mit der Heroisierung von Rambo an, die meiner Meinung nach der Figur aus Rambo widerspricht. Rambo wollte nie ein Held sein, und obwohl er sich selbst auch nie zu einer solchen Rolle erhebt, tut der Film das hingegen schon. Minutenlang wird Rambo von den Russen mit Stromschlägen auf einem Bettgestell gequält. Ich deute auch diese Szene, zumindest im Ansatz, als eine Allegorie. Es wird einem im Grunde vermittelt, dass ein amerikanischer Soldat Schmerzen aushalten muss, und lieber ehrenvoll sterben soll, als mit dem Feind zu kooperieren. Ob die Macher das wirklich beabsichtigt haben, ist leider nur schwer zu sagen, doch der Gedanke drängt sich, zumindest bei näherer Betrachtung, schon auf.
Trotz der sehr negativen Darstellung der Russen und Vietnamesen sehe ich Rambo 2 nicht als rassistischen Film an. Der Film stellt die Feinde, wie schon gesagt, eher eindimensional dar, und spart (Gott sei Dank) größtenteils mit typischen Länder-Klischees. Durch die eindimensionale Darstellung verlieren die Gegner im Grunde jegliche Charakterisierung, und wirken nur noch wie gesichtslose Stormtrooper à la “Star Wars”. Außerdem ging es eindeutig mehr darum, den Kommunisten an sich zu dämonisieren als das Volk, das dieser politischen Richtung folgt.
Das klingt alles wirklich sehr negativ, aber wenn ich diese drei Filme im Corner so richtig analysiere, kann ich mir selbst als Hardcore-Fan nicht leisten, die “dunklen Seiten” jener Streifen auszulassen. Dies soll nämlich eine sehr neutrale Betrachtung sein, bei der ich meine Fan-Liebe unterdrücke und unparteiisch agiere. Doch nun zurück zum Film.
Schließlich gelingt es Rambo, seinen Peinigern zu entkommen, was ihm jedoch nur durch die Hilfe von Co Bao glückt. Hier wird einem wiederum gut gezeigt, dass auch Rambo nicht allmächtig ist, und ohne Hilfe vermutlich nicht weit gekommen wäre. Die Rettung durch Co Bao festigt die Beziehung dieser beiden Charaktere nur noch mehr, und lässt Rambo immer mehr Gefühle für diese Frau aufkommen. Nach der Flucht kommen sich Rambo und seine “Freundin” noch näher. Gott sei Dank hat man hier jedoch auf eine peinliche Sexszene verzichtet, die meiner Meinung nach der ganzen Geschichte, wie auch dem Charakter von Rambo, sehr geschadet hätte. Rambo und Bao bleiben keusch, doch ihre Verbindung wird in diesem Moment besonders deutlich. Man sieht in Rambo vor allem in dieser Szene einen Mann, der den Krieg nicht mehr sehen will. Er will verdammt noch mal seine Ruhe haben.
Ich denke, dass Rambo in Co Bao einen Grund dafür sieht, sich ins normale Zivilleben zurückzuziehen. Man kann sich natürlich nur grob ausmalen, wie es mit den beiden weitergegangen wäre. Doch ich kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass Rambos Leben vermutlich deutlich friedlicher und glücklicher verlaufen wäre, wenn diese Frau überlebt hätte…
Doch leider kommt alles ganz anders, und Co wird von einigen Vietcong hinterhältig niedergeschossen. Dies nutzt der Film gekonnt aus, um in Rambo erneut ein Feuer zu entfachen und erinnert recht stark an die Situation aus dem Vorgänger. Auch dort wurde Rambo erst durch äußere Einflüsse (Folter durch die Polizei) zu einem kämpfenden Tier in Menschengestalt. Doch während es dort eher ein Missverständnis und Verärgerung war, ist es hier eine Mischung aus Frust und Tatendrang, die erneut das Pulverfass in Rambo zum Explodieren bringt.
Im Grunde haben die Feinde damit ihr eigenes Schicksal besiegelt. Hätten sie Rambo und Co Bao in Ruhe gelassen, hätte dieser sich mit der Frau höchstwahrscheinlich zuerst in Sicherheit gebracht, und dann einen intelligenten Plan ausgearbeitet, wie man die Gefangenen befreien könnte. Doch nun ist Rambo nicht mehr zu halten. Im Grunde wirkt er ab diesem Zeitpunkt wie eine Person, die nichts mehr zu verlieren hat. Er will nun seine Mission – und zwar nur seine persönliche Mission – zu Ende bringen. Ob er dabei stirbt, ist ihm egal. Er tut es nicht für sein Land, sondern viel mehr für sich selbst.
Was ich sehr gut finde, ist, dass Rambo Co Bao nicht einfach tot liegen lässt, sondern sie vorher bestattet. Man erkennt deutlich, wie schwer es ihm fällt, sich von der Frau, in die er sich gerade verliebt hat und die ihn von seinen psychischen Problemen hätte heilen können, zu trennen. Langsam gleiten seine Hände über ihren Erdhügel, fast als wollten sie dort nicht weg.
Doch die Pflicht ruft. Rambo entschließt sich, es dem Feind nun mit barer Münze zurückzuzahlen. Psychologisch betrachtet nimmt Rambo nun den einfachsten Weg. Den Weg der Gewalt. Wenn man das ganze moralisch-kritisch betrachtet, könnte man fast auf den Gedanken kommen, dass der Film einem sagen will: Gewalt ist nicht schön, aber manchmal geht es einfach nicht anders. Und im Grunde ist das (leider) auch gar nicht mal so falsch. Als bestes Beispiel lässt sich hier der Sturz des Hitler-Regimes aufzeigen. Hitler und seine Schergen hätten sich ohne Gewalt nun mal wirklich nicht vertreiben lassen. So schmerzlich diese Erkenntnis auch ist. Man muss sich eingestehen, dass der Film in dieser Hinsicht (zumindest im Ansatz) erkennen lässt, wie es in der Realität abläuft. Die Welt ist kein Ponyhof, und genau das versucht uns der Film zu verdeutlichen, wenn auch auf eher simple Art und Weise.
Währenddessen läuft übrigens noch ein zweiter Handlungsstrang ab, bei dem sich Trautman und Murdock auseinandersetzen. Hier wird ebenfalls der Kampf des Militärs gegen die Bürokraten aufgezeigt. Leider muss man auch sagen, dass der Film sich fest und unverrückbar auf die Seite des Militärs stellt, und die Bürokraten alle als schlecht und feige abstempelt. Murdock wird im Grunde zu einem Sinnbild für eine ganze Gruppe von Menschen. Wenigstens wird seine Motivation darin begründet, dass er keine Lust mehr darauf hat, Städte zu bombardieren und Menschen töten zu lassen. Im Grunde erkennen er und Trautman, dass der Krieg im Vietnam nur eine große Lüge war. Jedoch stehen beide trotzdem ganz unterschiedlich dazu. Trautman wird hier, leider etwas zu klischeehaft, als ehrenvoller Mann des Militärs dargestellt, der für seine Jungs alles tun würde, was der Charakterisierung der Figur eher schadet als nützt.
Am Ende lässt der 2. Teil ein wahres Feuerwerk entbrennen, das als technisch einwandfrei zu bezeichnen ist. Hier muss man im Grunde gar nicht mehr so viel hinzufügen. Am Ende befreit Rambo auf äußerst spektakuläre Art und Weise eine Gruppe Kriegsgefangener und kehrt ins Lager zurück. Dort lässt er seinen gesamten angestauten Frust, genauso wie in Teil 1, heraus, jedoch geschah dies im ersten Film weitaus intelligenter. Dort befreit sich Rambo von all seinen Lasten in einem tiefgehenden und bedrückenden Dialog. Hier zerschießt er einfach mit einem Maschinengewehr die komplette Inneneinrichtung des Hauptquartiers (allerdings muss ich gestehen, dass ich diese Szene trotzdem abgöttisch liebe).
Die Rache an dem Verräter Murdock fällt allerdings überraschend aus. Anstatt diesen einfach zu ermorden, droht ihm Rambo, genauso wie einst in Teil 1 dem Sheriff Teasle. Doch während er den Sheriff lediglich überzeugen wollte, ihn in Ruhe zu lassen, zwingt er Murdock hier dazu, sämtliche Kriegsgefangene aus Vietnam zu finden und zu befreien. Wie er das anstellt, bleibt ihm überlassen.
Wie wir sehen können, ist Rambo 2 in politisch-moralischer Hinsicht tatsächlich ein Film mit sehr viel Diskussionsstoff, doch ich muss jetzt ganz offen sagen: Wer sich nicht so sehr für Rambo interessiert, wie ich es tue, sollte den ganzen Film deutlich einfacher betrachten. Man darf außerdem, wie schon weiter oben erwähnt, nie vergessen, aus welcher Zeit er stammt und für welche Generation er gedreht wurde. Ich glaube, dass Filme wie dieser den Menschen, trotz fragwürdiger Moral, Balsam für die Seele waren. Man kann es fast mit dem Auslassen von Frust an einem Boxsack vergleichen. Und ein Film wie dieser hilft dabei ungemein. Außerdem darf man nicht vergessen, dass die Russen zu dieser Zeit Filme gedreht haben, die nicht weniger “politisch inkorrekt” waren.
Obwohl sich meine ganze Analyse hier vielleicht sehr negativ anhört, liebe ich Rambo 2 in Wirklichkeit über alles. Ich sehe ihn, im Gegensatz zum ersten Teil, als einen Film an, dessen politische Richtung längst überholt, und damit nicht mehr so ernst zu nehmen ist. Man sollte Rambo 2 wirklich nicht wegen den oben genannten Punkten hassen oder gar boykottieren (der Film war übrigens bis zum Jahre 2011 in Deutschland auf dem Index). Ich empfehle, das Ganze einfach viel lockerer zu betrachten. Für mich ist dieser Film Kult, und die Action ist schlicht phänomenal. Selbst für heutige Verhältnisse wirkt die technische Umsetzung immer noch brillant. Auch der Soundtrack von Altmeister Jerry Goldsmith ist ein wahrer Ohrwurm.
Viele Szenen im Film sind unvergesslich für mich, wie beispielsweise der im Schlamm versteckte Rambo, der starr auf einen Gegner wartet. Zuerst ist alles still, und der gegnerische Soldat wähnt sich in Sicherheit. Doch plötzlich blinken aus dem Schlamm zwei Augen auf, und Rambo stürzt sich auf den Feind. Solche Momente vermisse ich ganz ehrlich in modernen Actionfilmen. Ich kann jedem Stallone- und Action-Fan diesen Film wärmstens ans Herz legen. Drückt einfach bei der, wie schon mehrfach gesagt, überholten Politik im Film ein Auge zu und genießt bombastische Action, die einen lange nicht mehr loslassen wird!