Folterspiele in französischer Reality-Show

18.03.2010 - 13:15 Uhr
La Zone Extrême
France 2
La Zone Extrême
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Jeu de la mort nennt sich eine französische Dokumentation, die am Mittwoch auf France 2 gesendet wurde und eine Kontroverse auslöste. Denn darin wird gezeigt, wie leichtfertig Menschen dazu bereit sein können, Mitmenschen zu foltern…

In den 1960ern sorgte bereits ein makabres Experiment eines US-Forschers für Wirbel: Damals inszenierte der Psychologe Stanley Milgram eine Situation, in der vermeintliche Schüler von Lehrern bei falschen Test-Antworten mit Stromschlägen gequält wurden (2006 unter dem Titel 2006 verfilmt). Beweisen wollte Milgram, dass Menschen unter einer von ihnen anerkannten Autorität (“Lehrer” oder “Chef”) leichterhands dazu fähig sind, Mitmenschen zu foltern. Dass das Pflichtbewusstsein gegenüber der Autorität quasi mehr wiegt als das Mitgefühl mit dem Nächsten.

Dieses Experiment wurde nun in Frankreich wiederholt. Der Filmemacher Christophe Nick realisierte nun den Dokumentarfilm Le jeu de la mort, in welchem eine vermeintliche TV-Show inszeniert wurde. Bei der fiktiven Game-Show namens La Zone Extrême (“Extreme Zone”) waren diverse Wissenschafler am Set und beobachteten die Probanten – was die 80 Kandidaten jedoch nicht wussten. Dabei stellten die Filmemacher fest, dass über 80 Prozent der Kandidaten bereit waren, einen anderen Kandidaten mit Stromschlägen im Bereich von 80 bis 460 Volt zu quälen, nur weil es die Regeln der fiktiven Game-Show verlangten. Jedesmal, wenn ein Rivale eine falsche Antwort gab, durfte der Spieler diesen mit einem Stromschlag foltern. Das Ergebnis: Niemand weigert sich im Vornhinein, die Stromschläge zu verteilen, neun Spieler stoppten die Stromschläge nach dem ersten Stöhnen des Rivalen und sieben erst dann, als dieser in Ohnmacht fiel. Alle Kandidaten hielten La Zone Extrême für eine echte Game-Show.

Ein Erfolg war Le jeu de la mort (leider) nicht – nur 3,4 Millionen Franzosen verfolgten das perfide Experiment -, doch löste der Film eine Kontroverse aus, die auch die deutschen Blätter beschäftigt. So schreibt die Bild-Zeitung im gewohnt sensationslüsternen Stil: “Das Gesicht des Mannes ist schmerzverzerrt, sein Körper windet sich hin und her, von Stromschlägen durchzuckt. Er wimmert, ruft schließlich verzweifelt: „Je refuse de répondre!“ (Ich verweigere die Antwort!). Doch seine Gegenspieler sind unerbittlich, quälen ihn weiter…”

Die französische Presse beurteilt die Dokumentation als gelungenes Experiment. Le Monde findet gar, dass die Wahrnehmung der Zuschauer auf das Medium Fernsehen revolutioniert worden sei.

Hier ein Ausschnitt aus der Dokumentation

In Deutschland gab es übrigens 1977 den Fernsehfilm Das Millionenspiel mit Dieter Hallervorden und Dieter Thomas Heck, den es jetzt auf DVD gibt. Dieses hielten viele Fernsehzuschauer für real: Sie dachten, die Show mit Moderator Dieter Thomas Heck hätte tatsächlich 1 Millionen Mark auf den Kopf eines Zivilisten ausgesetzt, der von einer Killertruppe gejagt wird. Bei Le jeu de la mort war der Zuschauer jedoch von Anfang an darüber informiert, dass die Show inszeniert war, dafür hielten die Kandidaten die Game-Show für real.

Was haltet ihr von solchen Experimenten?

Mehr Infos über französische Filme gibt es übrigens auf cineclic.de – für alle, die keine aktuellen Tendenzen auf der großen Leinwand verpassen möchten.

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