Girls oder: Durch die Zwanziger mit Lena Dunham

21.04.2016 - 09:40 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Frenemies foreverHBO
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Mein Herz für Serie geht in dieser Woche an Lena Dunhams Kreation Girls. Die 5. Staffel endete am vergangenen Sonntag und 2017 wird die finale Staffel auf Sendung gehen. Zeit für ein persönliches Fazit.

Vergangenen Sonntag endete die nun mehr 5. Staffel von Girls, Lena Dunhams biografisch angehauchter Serie über ein Haufen von Twentysomethings, die sich nach dem Studium irgendwie in ihrem New Yorker Großstadtleben zurechtfinden wollen oder müssen. Seit der Premiere 2012 gilt die Serie als umstrittener, preisgekrönter Kritikerliebling mit einer nicht allzu großen, aber eingeschworenen Anhängerschaft von treuen Zuschauern. Eine davon bin ich. Folge um Folge schaue ich gebannt zu, wie Hannah, Marnie, Jessa und Co. leben, lieben, leiden und trotz Über-Analyse des eigenen Befindens kaum Konsequenzen ziehen. Das macht nicht immer Spaß, aber Abschalten ist keine Option für mich. Warum eigentlich?

Hannah Horvath, gespielt von Lena Dunham persönlich, ist 24, als die Serie beginnt. Sie ist ambitioniert, hat ihr Studium hinter sich gebracht und will ihren Traum verwirklichen, als Schriftstellerin Erfolge zu feiern. Oder vom Schreiben zu leben. Oder einfach einen Job zu finden, statt schlecht bezahlte Praktika zu absolvieren. Ähnlich geht es ihren Freundinnen Marnie (Allison Williams), Jessa (Jemima Kirke), Shoshanna (Zosia Mamet) und ihrem On/Off-Liebhaber Adam (Adam Driver), die unterschiedlich ehrgeizig das Projekt Erwachsenwerden angehen. Zwar würde ich Girls nicht als die in den Kritiken so oft beschworene Stimme meiner Generation bezeichnen, aber dennoch traf die Serie bei mir einen Nerv. Als ich die erste Episode von Girls sah, hätte ich wohl die Zeit besser genutzt, meine Magisterarbeit in Angriff zu nehmen, in den späteren Staffeln stand auch ich motiviert mit einem Hochschulabschluss in Literatur wedelnd in der Hand und habe in der großen Stadt nach meinem ersten Job gesucht. In der Situation boten vier feiernde Mädchen deutlich mehr Identifikationspotenzial als krebskranke Familienväter oder erfolgreiche Journalistinnen in Manhattan, die massig Geld für Designerschuhe zum Fenster herauswerfen können.

Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde. Mehr als einmal liefen mir kalte Schauer den Rücken herunter, wenn eine der Girls aus purem, wenn auch selbst verkannten, Egoismus eine ihrer Freundinnen im Regen stehen ließ, da die eigenen Probleme mal wieder das größte Problem auf Erden zu sein schienen. In manchen Episoden kann ich mich kaum entscheiden, welcher Figur ich am wenigsten Sympathie entgegenbringe. Dennoch sind genau die polarisierenden, abgründigen Charaktere ein guter Grund, nicht vom Genuss der Serie abzulassen. Verzeihen zu können und die großen und kleinen Macken des anderen zu akzeptieren sind basale Voraussetzungen für eine Freundschaft - und eine Qualität, die man als Zuschauer mitbringen muss, um die Figuren Staffel um Staffel ins Herz schließen zu können.

Girls schafft es immer wieder mich zu überraschen, denn die Serie folgt keinem Schema F oder hält sich an die Spielregeln der klassischen Sitcom. Es gibt keine Garantie für ein Happy End, Beziehungen und Liebschaften enden so abrupt, wie sie begonnen haben und getroffene Entscheidungen entpuppen sich oft als falsch oder die Figuren treten auf der Stelle. Große Cliffhanger oder Spannungsbögen sind hier keine Elemente, die die Handlung vorantreiben, sondern eben die kleinen Katastrophen und das stetige Auf und Ab des alltäglichen (Zusammen-)Lebens. Umso lebensnaher fühlen sich die Sorgen und Freuden Hannahs (und des Rests der Freundinnen) für mich an. Auch wenn ich noch nie eine Trennung im Pyjama auf einem Rasthof inszeniert habe oder eine Entzugsklinik besuchen musste, lassen sich einige Situationen mitfühlend abnicken.

Alles hat ein Ende. Die preisgekrönte Comedyserie wird 2017 mit der 6. Staffel in die letzte Runde gehen. Überraschend kommt das nicht, denn Lena Dunham hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach zum Abschluss ihres sehr persönlichen Projektes geäußert: "Ich habe mit den Arbeiten an der Serie begonnen, als ich 23 war und bald werde ich 30, also fühlt es sich bloß richtig an, dass die Serie gewissermaßen meine Zwanziger umfasst und ich danach in die Welt hinausgehen kann", sagte sie im vergangenen Jahr gegenüber Collider . Damit hat Lena das Ziel erreicht, das sie auch ihrer Figur Hannah gesetzt hat. Ich bin gespannt, ob es für Hannah so gut laufen wird. Übrigens enden meine Zwanziger im nächsten Jahr ebenfalls. Auch wenn mich jede von ihnen zuweilen fürchterlich genervt hat, freue ich mich, dass Hannah, Marnie, Shosh und Jessa einen Lebensabschnitt mit mir verbracht haben. Vermissen werde ich sie sicher auch ein bisschen, aber bis es so weit ist, haben wir noch ein ganzes Jahr Zeit.

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