Ausnahmezustand: Chaos-Tage mit Prominenz

09.04.2009 - 08:46 Uhr
Chaostage - We are Punks
Sabotakt Filme
Chaostage - We are Punks
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Helge Schneider, Ben Becker und Stipe Erceg in der Doku-Fiktion zum berüchtigten Punkertreffen

Für alle, die sich nicht mehr erinnern können: Chaostage nennt sich ein Punker-Treffen in Hannover, das insbesondere mit den gewalttätigen Ausschreitungen im August 1995 zweifelhafte Berühmtheit erlangte. Mit mehr als 400 Verletzten und erheblichem Sachschaden versetzte diese Veranstaltung seinerzeit die niedersächsische Landeshauptstadt in Ausnahmezustand und den Rest der Republik in helle Aufregung.

Der 25-jährige Dokumentarfilmer Tarek Ehlail ist Betreiber eines Piercing-Studios in Saarbrücken und der Punk-Szene seit frühester Jugend verbunden. Nun hat er dem alljährlichen Szene-Treffen in Hannover mit Chaostage ein filmisches Denkmal gesetzt. Nach Vorlage seines Drehbuchs erhielt der Filmemacher finanzielle Unterstützung der Saarländischen Filmförderung, womit er nicht gerechnet hatte. Zudem kann er mit einem Gesamt-Budget von 50.000 Euro so prominente Darsteller wie Helge Schneider, Ben Becker, Stipe Erceg, Martin Semmelrogge, Rolf Zacher und Claude-Oliver Rudolph für einige Nebenrollen gewinnen, ohne Gage versteht sich.

Der Film basiert frei auf dem Roman “Chaostage” von Punk-Guru Moses Arndt. Regisseur Tarek Ehlail hat in die Handlung einige dokumentarische Elemente eingeflochten. Dabei kommen Zeitzeugen und Punkgrößen zu Wort, die Geschichten aus ihrer bewegten Vergangenheit erzählen. Um die Archiv-Aufnahmen und Interviews rankt sich eine fiktionale Episoden-Handlung, die größtenteils in Saarbrücken gedreht wurde. Viele scheinbar unzusammenhängende Einzelgeschichten verketten und überkreuzen sich am Ende zur Katastrophe.

Die eigentliche Handlung ist relativ übersichtlich, um nicht zu sagen platt. Doch scheint die Story dem Thema angemessen. Eine Verkettung von aberwitzigen Zufällen um die Punker Mitch, Didi und Kralle mündet in einer Straßenschlacht – die Chaostage brechen aus. Es geht dabei nicht um eine Rekonstruktion der berühmten Chaos-Tage von Hannover, sondern um das Leben einer Subkultur in Deutschland.

Die meisten der Darsteller, auch die in Polizei-Uniform, sind `echte´ Punks und sollen dem Film die entsprechende Autentizität verleihen. Nach turbulenten Dreharbeiten in Saarbrücken lief der Film im Oktober 2008 erstmals ausgerechnet in Hannover. Es geschah das scheinbar Unvermeidliche: Vor dem Kino kam es zwischen Punks und Polizei zu Ausschreitungen, doch bei weitem nicht in dem Ausmaß vergangener Tage. “Bild” titelte damals mit “Blutige Filmpremiere” und der Oberbürgermeister von Hannover unterstellte dem Veranstalter Kalkül.

Der bundesweite Kinostart dürfte wohl ruhiger verlaufen. Der Filmemacher beteuert, Chaostage ist kein Aufruf zur Gewalt und hat auch keine große Botschaft, schon gar keine ideologische. Er ist eine trashige Hommage an die Punkszene unter dem Motto: `Alles kann nix muss´.

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