Heute startet in den USA die 3. Staffel der Tech-Serie Halt and Catch Fire auf AMC. Im Schatten von Genre-Hits wie The Walking Dead und Fear the Walking Dead ist es leicht die kleine Serienperle zu übersehen. 2014 befand sich AMC in der Situation, bald eine Mad Men-förmige Lücke im Programm zu haben. Und Halt and Catch Fire versprach, diese zunächst zu füllen. Statt dem Wahnsinn der Werbebranche der 60er-Jahre widmete sie sich den Pionieren des Computerzeitalters in den frühen 80ern. Und mit Lee Pace als charismatischen und selbstzerstörerischen Unternehmer Joe McMillan schien sie sogar ihren eigenen Don Draper zu haben. Doch die Serie fand bald ihre eigene Stimme, die sie spätestens in Staffel 2 zu einer der besten Dramaserien im Fernsehen machte – leider weitgehend unbeachtet von der Hype-Maschinerie des Internets.
Falls ihr nach den gescheiterten Hacker- und Tech-Serien der letzten Jahre (Scorpion, CSI: Cyber, Betas) die Hoffnung schon aufgegeben hattet, seien euch hiermit fünf Gründe ans Herz gelegt, Halt and Catch Fire doch noch eine Chance zu geben.
1. Das Ensemble von Halt an Catch Fire
Halt and Catch Fire beginnt in den frühen 1980er-Jahren als der Personal Computer das Leben der Menschen komplett veränderte. Inmitten dieser technischen Revolutionen lernen wir eine Gruppe von Hardware- und Software-Pionieren kennen, die in der texanischen "Silicon Prairie" versuchen, ein Stück des Tech-Kuchens abzubekommen. Der enigmatische Joe McMillan kommt von IBM, wo er nur verbrannte Erde hinterlassen hat und bei dem fiktionalen Unternehmen Cardiff Electric noch einmal neu startet. Zusammen mit dem zögerlichen Ingenieur Gordon Clark (Scoot McNairy), seiner ebenso talentierten Frau Donna (Kerry Bishé) und dem Programmierer-Wunderkind Cameron Howe (Mackenzie Davis) beginnt er, einen revolutionären PC zu bauen. Die Chemie und das Zusammenspiel der einzelnen Darsteller ist aber das eigentliche Herzstück der Serie. Die Charaktere sind vielschichtig und jeder betritt die Serie mit seinem eigenen Gepäck, Hoffnungen und Ängsten. Alle vier Protagonisten spielen fantastisch, sodass es leicht fällt, über einige Längen zu Beginn der 1. Staffel hinwegzusehen.
2. Halt & Catch Fire 2.0
Sollte euch Staffel 1 noch zu sehr an Mad Men und andere Serien mit einem moralisch fragwürdigen Antihelden als Protagonist erinnern, kehrt sich das ab Staffel 2 mittels Hard Reset um. Schöpfer Christopher Cantwell und Christopher C. Rogers bewegen sich weg vom steiferen Umfeld der IT-Konzerne und hin zu den wilderen Ausprägungen des Computer-Booms. Das bedeutet auch, dass die Zeit im Scheinwerferlicht für Joe und Gordon vorbei ist und die beiden Frauen übernehmen. Cameron und Donna gründen mit Mutiny ihr eigenes Online-Gaming-Start-up. Plötzlich muss die Gruppe von Computernerds lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Ausgerüstet mit Erfindergeist, Know-how und der richtigen Menge Wagemut will Mutiny die Computerspiele-Branche revolutionieren. Staffel 2 besteht daher den inzwischen berüchtigten Bechdel-Test spielend und lässt alles hinter sich, das Staffel 1 in den Augen Vieler noch unausgereift erscheinen ließ.
3. Die Geschichte unserer Gegenwart
Neben einem erstklassigen Charakterdrama, ist Halt and Catch Fire eine Art Historienserie. Die Zeit, in der sie spielt, beeinflusst bis heute unsere Gegenwart. Selbstverständlichkeiten wie Soziale Netzwerke, Online-Gaming und tragbare Computer haben in den 80er-Jahren ihren Anfang genommen. Von diesen Pionierjahren erzählt die Serie. Sie versteht ihr Metier und das muss sie auch, wenn sie glaubhaft von der Entwicklung von revolutionärer Technik erzählen will. Cameron und Donna als Visionärinnen merken ziemlich schnell, dass ein Computer mehr kann als Zahlen zusammenzurechnen; er kann vor allem Menschen einander näher bringen. Damit ist der Grundstein für unsere heutigen Facebooks und Co. gelegt. Halt and Catch Fire zelebriert das Digitale und macht nachvollziehbar, wie die Aufbruchstimmung damals gewesen sein könnte – von euphorischen Partynächten auf der "Computer Dealer's Exhibition" COMDEX bis zu durchkoksten Nächten im Büro.
4. Gekonnte Retro-Ästhetik
Wenn ihr von der 80er-Jahre-Romantik seit Stranger Things nicht genug kriegen könnt, sollte Halt and Catch Fire Abhilfe schaffen. Angefangen vom fantastischen Intro – übrigens von den gleichen Machern des Game of Thrones- und Marvel's Daredevil-Intros – über den atmosphärischen Synthwave-Soundtrack von Paul Haslinger bis hin zu den Sets und Kostümen; alles an Halt and Catch Fire trägt euch zurück in die 80er. So testet sich Gordon durch alle Haar- und Brillenmoden des Jahrzehnts, das Büro von Mutiny in Staffel 2 versprüht den improvisierten Charme aufstrebender Start-ups und Cameos von 80er-Reliquien wie dem Apple Macintosh oder "Cabbage Patch"-Puppen runden das Ganze ab. Noch ein Tipp: AMC hat ein gutes Dutzend Spotify-Playlisten begleitend zur Serie veröffentlicht, die die 80er musikalisch aufleben lassen.
5. Halt and Catch Fire macht Spaß
Wenn Cameron und Donna ihre inneren Thelma und Louise hervorholen und in Staffel 2 einen Computer-Hehler bestehlen, der sie kurz vorher selbst geprellt hat, ist die Serie so weit von Staffel 1 entfernt wie nie. Auch die Zeit bei Cardiff Electric hatte seine spaßigen Momente - besonders gegen Ende - doch Staffel 2 balanciert die ernstere Handlung mit leichteren Momenten viel besser aus. Die Dialoge sind bissig und witzig und das Mutiny-Team aus einer Reihe von Geeks und Nerds bringt oft benötigten Comic Relief mit.
In Deutschland sind die ersten beiden Staffeln auf Amazon Prime Video verfügbar. Für die 3. Staffel gibt es noch keinen bekannten Deutschland-Start.
Warum mögt ihr Halt and Catch Fire?