Neurosen, Stalking & Lebenslust - eine Nacht mit Hallam Foe

14.12.2011 - 15:00 Uhr
Hallam ist ein ganz komischer Typ
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Hallam ist ein ganz komischer Typ
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Zur Zeit können wir uns Perfect Sense, ein einfühlsames Endzeit-Drama, im Kino anschauen. 2007 schickte Regisseur David Mackenzie den einstigen Kindertänzer Jamie Bell in Hallam Foe in eine herrlich bunte, neurotische und sensible Coming of Age-Geschichte.

David Mackenzie ist ein schottischer Filmemacher, der ein schönes Gespür für eigene Genre-Geschichten hat. Er nimmt die vorgefertigten Filmmuster und drückt ihnen seinen eigenen poetischen Stempel auf. Zur Zeit ist sein neuester Film Perfect Sense in den Kinos zu sehen. Ewan McGregor und Eva Green irren durch eine genauso schöne wie verstörende Erzählung vom sinnlichen Ende der Welt. Mit Hallam Foe – This Is My Story hatte er 2007 ein poppig-düsteres Coming of Age-Märchen geschaffen. Jamie Bell nimmt die Rolle des herzerwärmend ausgefallenen Neurotikers Hallam an und schafft die Balance zwischen nachvollziehbarem Jugendlichen und abgründiger Märchenfigur.

Nachdem Hallams Mutter Selbstmord begangen hat, ist alles etwas anders. Der 17-Jährige Hallam ist meist in seinem Baumhaus, in Tierfell und Kriegsbemalung, sitzt entweder vor dem riesigen Bild seiner Mutter oder spioniert mit dem Fernglas Leute aus. Vor allem auf seine Stiefmutter (Claire Forlani) hat er ein Auge geworfen. Hallam vermutet in ihr eine Mörderin, sie war schon vor dem Tod der Mutter mit Hallams Vater (Ciarán Hinds) bekannt. Als Hallam auch noch scharf auf die hübsche, bösartige Stiefmama wird und sich körperlich angezogen fühlt, bricht er irgendwann aus und versucht in Edinburgh einen Neuanfang.

Hier sieht er bald eine geisterhafte Doppelgängerin seiner Mutter (Sophia Myles). Sie heißt Kate und arbeitet in einem Hotel. Hallam heuert kurzerhand im gleichen Hotel an, um so nah wie möglich an seiner Epiphanie zu bleiben, um sie kennen zu lernen. Alles läuft gut, doch jeder Ödipus-Komplex kommt früher oder später an seine Grenzen.

David Mackenzie verarbeitet Elemente aus Alfred Hitchcock -Klassikern wie Vertigo – Aus dem Reich der Toten und Das Fenster zum Hof oder auch Augen der Angst – Peeping Tom von Michael Powell. Hallam Foe mixt die normale und nachvollziehbare Geschichte des Erwachsenwerdens mit einer ausgewachsenen Psychose und handfesten Komplexen. Durch Jamie Bells Spielspaß und den dynamischen Indie-Soundtrack bewahrt der schwierige Stoff eine distanzierte Kurzweile und märchenhafte Ebene.

Die Geschichte eines totalen Freaks liest sich wie die psycho-poetische Variante des Coming of Age-Films. Es geht darum, dass ein Junge seine Dämonen überwindet. Dieses Problem kennt im Grunde jeder. Hallams Geschichte ist schön und schräg, manchmal traurig manchmal brutal, durchaus verstörend und befremdlich – aber immer respektvoll dem Leben gegenüber, immer kraftvoll und frisch in der Filmsprache. Wer Lust auf ein modernes Märchen hat, der sollte sich diese Nacht um die Ohren schlagen. Die Geschichte eines Jungen, der von seiner toten Mutter träumte, lohnt sich.

Was: Hallam Foe – This Is My Story
Wann: 00.20
Wo: ARD

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