In den Zeiten als brachiale Videospiel-Action noch selbstironisch sein durfte und nicht von verklemmt seriösen Militär-Shootern bestimmt wurde, tat sich mit der Contra-Reihe ein Run 'n' Gun-Franchise hervor, das einfallsreich und fordernd durch die unterhaltsamsten Baller-Achterbahnen der 2D-Ära führte. Der unbestreitbare Höhepunkt dieser Ausnahme-Action war Contra III: The Alien Wars (1992), oder wie es in den PAL-Regionen liebevoll umgetauft wurde: Super Probotector - Alien Rebels.
Im Jahre 2636 kehren die ungehaltenen Alien-Invasoren, denen bereits in den Vorgängern mit Nachdruck der anatomisch fremdartig anmutende Hintern versohlt wurde, auf die Erde zurück, um der Menschheit endlich den Garaus zu machen. Leider haben die Besucher der frechen Art ihre Rechnung ohne Bill Rizer und Lance Bean gemacht, die sich in bester Rambo-Manier aufmachen und als schwer bewaffnetes Selbstmordkommando in den Kampf ziehen. In der europäischen Super Probotector-Version werden die beiden Haudegen durch die obercoolen Cyborgs RD008 und RC011 ausgetauscht, die mir trotz meiner puristischen Ader weitaus besser gefallen als die prototypischen Muskelmänner.
Das dicht inszenierte Action-Feuerwerk begeistert von der ersten Sekunde an und lässt uns charakteristischerweise zu Spielbeginn zuallererst einen Sportwagen zerdeppern, der uns im Weg steht, noch bevor die Alien-Widersacher überhaupt wissen, wer da gerade eigentlich anrollt. Der SNES-Titel bietet riesige Sprites, flüssige Animationen, eine präzise Steuerung und macht daher auch auf der technischen Ebene deutlich, wer hier die 16-Bit-Hosen anhat. Konamis Nobuya Nakazato übernahm als Lead Designer die Verantworung für den Titel und stellte auch später bei Castlevania: Symphony of the Night unter Beweis, dass er 2D-Gefechte mit filigraner Bombastik aufladen kann.
Warum ich Super Probotector: Alien Rebels mein Herz schenke
Der dystopische Alien/Cyborg/Muskelmann-Wahnsinn lag Mitte der 90er Jahre meinem ersten Super Nintendo bei und brachte mich in der darauf folgenden Nacht um meinen ach so wichtigen Schlaf. Noch nie zuvor stand ich ob der reizüberflutenden Projektilspiralen, garstigen Flammenwerfer und abgefahrenen (ja, richtig gehört: abgefahrenen) Boss-Kämpfe derart unter Strom. Es war eben nicht einfach nur ein 2D-Shooter. Es gab Fahrzeuge und Panzer, die ich tatsächlich benutzen konnte und Level-Abschnitte, in denen ich mich von abgefeuerter Rakete zu abgefeuerter Rakete schwang und dabei ein Alien-Raumschiff unter Beschuss nahm. Und ich bin sogar Motorrad gefahren. Mit einem Flammenwerfer in der Hand. Es war eben einfach cool, ok? Ich gebe es ja zu.
Vor allem der Koop-Modus steht gleichbedeutend für die Beziehung zu meinem kleinen Bruder, dessen noch in der Entwicklung befindende Hand-Augen-Koordination ich zwangsweise in Kauf nehmen musste. Das wahre Ende, nicht die Kurz-Version des Easy Mode (ich bitte euch..), sah ich erst Jahre später, als ich dem knackigen aber nie unfairen Schwierigkeitsgrad endlich etwas spielerische Erfahrung entgegensetzen konnte. An diesem Tag endete meine Jugend.
Warum ihr diesen Klassiker nachholen solltet
Abgesehen von der Tatsache, dass Super Probotector in jede gut sortierte SNES-Sammlung gehört, darf der Titel von sich behaupten, perfekt gealtert zu sein. Die sauberen Sprites werden heutzutage aufwendig nachgeahmt und in den Indie-Bereichen dieser Videospielwelt als Retro-Charme verkauft. Super Probotector ist heute nicht nur "immer noch spielbar", sondern tatsächlich besser und eindrucksvoller als ein Großteil der heutigen Shoot'em up-Konkurrenz.
Mit zwei Waffenslots, zwischen denen im Handumdrehen gewechselt werden kann, bringt Konamis kleines Meisterwerk sogar noch etwas Strategie ins Spiel, denn es macht allerdings einen Unterschied, ob ich mit dem Laser oder den zielsuchenden Raketen auf den Riesen-Roboter losgehe, der in einer futuristischen Stahl-Fabrik mit seinen Pranken nach mir greift. Darüber hinaus werden die komplexen und abwechslungsreichen Level wunderbar ins Gameplay eingebaut und ich kann oftmals nach Metallstangen greifen, mich an ihnen entlang hangeln und mit dem freien Arm auf Feuerbälle schießen, die aus dem brennenden Asphalt einer maroden Metropole hervorbersten.
Und wer auf Innovationen steht, darf sich gern die Level 2 und 5 anschauen, die nicht von der Seite, sondern von oben gezeigt werden. Durch die Texture Mapping-Technologie Mode 7 (kam sehr prominent bei Super Mario Kart zum Einsatz) kamen schon damals erste Twin Stick-Shooter-Gefühle auf.
Wer hier nicht satt wird, hatte eigentlich keinen Hunger.