Neulich führte ich eine interessante Unterhaltung eben über jenen filmischen Bereich und deren Bedeutung. Immer wieder kann man den unterschiedlichen Umgang mit Filmen in verschiedenen Dekaden des zwanzigsten Jahrhunderts („Blade Runner“ 1982, „Delicatessen“ 1991) bis heute („The Hunger Games“ 2012, „The Concress“ 2013) im dystopischen Genre erkennen und darin oftmals die gesellschaftskritischen, zur Reflexion anregenden Tendenzen der Filmemacher der damaligen und heutigen Zeit bemerken.
Filme mit dystopischen Anwandlungen bis hin zu reinen Dystopien durchziehen nicht nur die Zeiten sondern reichen vom kinderfreundlichem Pixar-Streifen („Wall-E - Der Letzte räumt die Erde auf“) über Comic-Verfilmungen („V wie Vendetta“), Satiren ("Idiocracy"), Animes („Ghost in the Shell“), Actionklassikern („Die Klapperschlange“), Jugendbuchverfilmungen („Die Bestimmung - Divergent“), hochkarätigen Dramen („The Road“), über Psychothriller („Fahrenheit 451“) und Cyberpunkwerken („Matrix“). Die Vielschichtigkeit dieser Gattung Film, die eigentlich keine ist, sondern sich verschiedener, hauptsächlich futuristischer Genres bedient, macht eine konkrete Zusammenfassung beinahe unmöglich.
Wenn ich persönlich an eine Dystopie im Film denke, dann denke ich immer zuerst an Charlton Heston und die Zeit, in der er auf dem Planeten der Affen strandete, in der er als Omega-Mann durch ein leeres Los Angeles schritt und natürlich in der er entdeckte, was mit seiner grünen Nahrung nicht stimmte.
Für mich ist „Soylent Green“ (auf Deutsch „Jahr 2022 - die überleben wollen“) das ultimative Beispiel für eine klassische Dystopie im Film. Da hat man das Thema: Die Überbevölkerung in der Zukunft. Die Lebensmittelknappheit. Die Knappheit an Wohnraum und Wasser. Die Schlucht zwischen Arm und Reich und die gewisse Grunddüsternis, die schwer über dem Film liegt und einen beim Sehen leichte Magenschmerzen bereitet, die Bilder der Menschen“haufen“, die in den Straßen und auf den Treppen liegen, die in Massen weggeschaufelt werden, die plastikhaften Nahrungschips in verschiedenen Farben, die nichts mit den Lebensmitteln der heutigen Zeit gemein haben, außer dem Nährgehalt. Der Film fängt das große Ganze ein, nicht die Charaktere, die nur als Mittel zum Zweck dienen.
Und das Ende bleibt einem tief im Halse stecken.
So empfand zumindest ich diesen Film, als ich ihn das erste Mal sah. Man kann nichts schön, nichts ästhetisch an diesem Film finden. Er ist wie ein Autounfall, bei dem man eigentlich wegsehen will und dennoch birgt er eine gewisse Faszination. Will man in so einer Zukunft leben? - Nein. Steuern wir auf eine solche Zukunft zu? - Nun ja, das zu beurteilen obliegt dem Einzelnen, aber in den 70er Jahren war dies eine mögliche Zukunftsvorstellung, die die Menschen zum Nachdenken zwang, angeregt von unterschiedlichen politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Ereignissen.
Meine ersten Berührungen mit Dystopien waren wahrscheinlich Filme wie „Blade Runner“, „Vernetzt - Johnny Mnemonic“ oder der "Matrix"-Trilogie, eben mit klassischen futuristischen Cyberpunkwerken, die auf Werken von William Gibson, Philip K. Dick oder zumindest auf dem Erbe großer Science Fiktion-Autoren beruhen und in einer technisierten, dunklen Welt spielen, in der hinter jeder Ecke Gefahren lauern könnten, seien es programmierte Agenten in einer traumähnlichen Cyberwelt oder ganz irdische Gefahren in neuem, zukunftsorientierten Gewand.
Als passionierte Shadowrun-Spielerin lag es ziemlich nahe, sich mit diesem Thema zu befassen und mir nach und nach wohl jeden Film mit dem Element Cyberpunk anzusehen, vom Klassiker "1984" bis "Surrogates ", dem ich erst beim zweiten Sehen wirklich etwas abgewinnen konnte.
Dieser Bereich der Filmdystopie fasziniert, da wir selbst in einer über weite Strecken technisierten Gesellschaft leben. Wir bewegen uns darauf zu, selbst zu "Maschinen" zu werden, zu der Technik, mit der wir arbeiten. Und wie willst du gegen dieses System arbeiten, wenn das System jeden deiner Schritte verfolgen kann?
Die Cyberpunk/hochtechnisierte Science Fiction-Dystopie ist eine Kategorie der filmischen Verarbeitung, eine andere, nämlich die Gegenteilige ist der Endzeitfilm.
In dieser Welt ist gar nichts hochtechnisiert, sondern eher rückläufig. Endzeitwelten entstehen meistens nach oft nicht näher benannten Katastrophen und den sich im Nachhinein darauf aufbauenden Gesellschaften, die dem Zuschauer einen „Was wäre wenn“-Effekt vorhalten. Man sieht die Zerstörung der Welt in unterschiedlicher Weise dargestellt, ob näher an der Realität, wie fantastisch verstörend in „The Road“, oder weit von unserer Realität entfernt wie in den „Mad Max“-Filmen oder „Waterworld“. Die Welt nach der Apokalypse stellt die Überlebenden vor Probleme des Zusammenlebens. Das fand ich immer besonders faszinierend. Wie unterschiedlich die Welten und Szenarien dargestellt wurden, wie erschreckend detailliert die Protagonisten zwischen verstaubten Utensilien herumirren, die einer vollkommen anderen Welt angehörten und jetzt plötzlich ohne Wert sind oder über Leben und Tod bestimmen, umgeben von einer wüsten postapokalyptischen Landschaft, führt zum regen Interesse des Zuschauers, da der Mensch von Grund auf fasziniert vom Abschreckenden ist und diese Welten seine Vorstellungskraft anregen.
Beide Welten werden teils auch miteinander verbunden, also gibt es die im Vorfeld stattgefundene Katastrophe und ein sich bis in die Zukunft ziehendes Problem, was die dargestellte Gesellschaft in großem Rahmen beschäftigt und verändert hat. Viele Jugendbuchadaptionen beschreiben diese Art Dystopie, wie weiter unten beschrieben.
Außerdem gibt es die naheliegende, realitätsorientiertere Dystopie, siehe zum Beispiel "A Scanner Darkly", in der nur wenige Elemente der Dystopie dargestellt werden, in Form eines Hightech-Anzugs, der Anonymität verschafft, einer Droge und dem Zentrum der Überwachung. Man mag sich streiten, ob das noch zum Thema gehört, aber ich finde, man kann dieser Buchverfilmung durchaus auch etwas dystpoisches abgewinnen. Ein weiteres Beispiel dafür wäre wahrscheinlich "Alles, was wir geben mussten".
Einer filmischen Dystopie geht meist ein Buch voran, oder zumindest eine Buch- oder Geschichtenvorlage, manchmal auch in Comicform, die in verschiedener Weise umgesetzt wurde, manchmal mehr und manchmal weniger an der Vorlage. Ich glaube, die derzeit prominentesten Beispiele sind die "Hunger Games"-Reihe, sowie die "Divergent"-Reihe, welche auf Jugendbüchern basieren und eine autoritäre Staatsform vorführen, die zerschlagen und in eine demokratischere Gesellschaft umgewandelt wird. Meistens basieren dystopische Filmwerke auf Science-Fiction-Büchern. So haben wir "Minority Report", der auf einer Kurzgeschichte von Dick beruht oder "Children of Men", entstanden aus einem Roman von P.D. James.
Die Ideen gab es schon vorher. Die Filme verbildlichen die Sichtweisen der Autoren nur und führen dem Zuschauer die visuelle Art des Erlebens vor.
Ich persönlich bin fasziniert von beidem, da die Fantasie beim Lesen angeregt wird und man ein gewisses sinnbildiches Verständnis für gewisse Dinge durch die Filmform bekommt.
Ich glaube, ich könnte Bücher zu diesem Thema schreiben, denn das alles so kurz zu fassen und zu komprimieren ist doch um einiges schwieriger gewesen, als ich dachte. Es gibt so unendlich viel, was man zu diesem Thema schreiben könnte und es gibt so viele Dinge, die ich ausgelassen habe. Es soll nur eine Art keiner Wegweiser durch die Welt der Dystopien sein, denn dieser Bereich des Films ist für mich ungeheuer interessant in seiner Beschaffenheit und Vielseitigkeit.
Danke an diejenigen, die es geschafft haben, diesen Artikel vollständig zu lesen.
Unter meinen persönlichen Favoriten zu diesem Thema sind außer den aufgeführten natürlich noch einige andere Filme. Hier noch eine kleine Liste:
Equilibrium
Flucht ins 23. Jahrhundert
Brazil
Uhrwerk Orange
Gattaca
Battle Royale
12 Monkeys
Snowpiercer
Hell
Welt am Draht
(Natürlich ist das hier alles nicht vollständig. Falls noch jemand meint, ich hätte irgendwas vergessen, dann weiß er ja, wofür die Kommentarfunktion da ist. ;))