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INTERSTELLAR und seine Planeten

20.11.2014 - 20:01 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Manns Planet: der Himmel auf Erden?
Warner
Manns Planet: der Himmel auf Erden?
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Viele haben sich in den letzten Wochen über die in INTERSTELLAR angewandte Pseudo-Physik aufgeregt. Ich bin der Meinung: Es hatte alles seinen Sinn!

Wenn ich in meinem Germanistikstudium eines gelernt habe, dann das: Wenn einem beim Lesen etwas sonderbar, unpassend oder gar unlogisch erscheint, akzeptiert man es – oder man zieht die Brauen kraus. Im zweiten Fall neigt man dazu, den Autor zu verteufeln. Im schlimmsten legt man sogar das Buch beiseite. Dabei handelt es sich hierbei meistens um gerade die Passagen, die ihren Leser zum Nachdenken auffordern wollen. Man ist dazu angehalten, das Geschriebene zu interpretieren, in einen Zusammenhang zu bringen, in dem es wieder funktioniert, es zu verstehen – auf bildlicher, abstrakter Ebene. Ich spreche von Metaphern. Meiner Meinung nach müssen die Planeten in Interstellar für nichts anderes genommen werden!

(Achtung: SPOILER!) Auf dem von Miller entdeckten Planeten entspricht eine Stunde aufgrund der Zeitdilatation sieben Jahre. Bedeckt ist dieser von nichts anderem als Wasser. Leben scheint es nicht zu geben. Alles, was sich hier bewegt, sind Wellen, so hoch, dass sie im ersten Moment für Berge gehalten werden. Mit ihnen sind die Astronauten komplett überfordert. Einer erliegt ihnen sogar. Erst als sie zurückkehren, erfahren sie, wie viel sie eigentlich verloren haben – 23,5 Jahre.

Nun, wofür steht das Ganze? Augenfällig ist gerade die Abwesenheit jeglichen Lebens. Es gibt Wasser, aber kein Leben. Nach unseren Maßstäben: ein Paradoxon. Und gerade deshalb steht Planet numero uno genau dafür: Leben. Im Vergleich zur Ewigkeit des Alls, zu jenem, das wir Gott nennen, ist unseres nur ein kurzes Blinzeln. Allzu schnell ist es vorbei, wie uns der Tote zeigt. Es, das Leben, rauscht an uns vorüber, überrollt uns, und wir: nicht viel mehr als Treibgut an der Oberfläche.

Planet numero due, von Mann entdeckt, ist, allen empfangenen Daten zufolge, ein für den Menschen idealer Lebensraum. Hier geht man buchstäblich auf Wolken. Es ist nämlich so kalt, dass diese zu Eis erstarrt sind. Laut Mann soll es allerdings auch noch so etwas wie eine bewohnbare Oberfläche geben. Was natürlich gelogen ist.

Nicht umsonst heißt Matt Damons Figur, wie sie heißt. Er ist menschlich. Er lügt. Er ist kein guter Mensch. Nicht mehr, zumindest. Seinen Glauben hat er längst verloren. Wie Kain hebt er einen Stein auf, seinen Menschenbruder Cooper/Abel zu erschlagen. Er hat sich von Gott abgewandt. Wir haben es also eindeutig mit einer Auseinandersetzung mit Religion zu tun. Manns Planet steht für den Himmel. Dieser ist erstunken und erlogen, eine Erkenntnis, die Mann zu selbstsüchtigem, ignorantem Handeln verleitet.

Doch Christopher Nolan kritisiert nicht nur, stellt nicht nur da, sondern gibt uns auch eine Lösung, einen Ausweg an die Hand: Romily verbringt seine „gestohlene“ Zeit mit Lernen. Er möchte verstehen. Seiner Standhaftigkeit, seinem Durchhaltevermögen, seinem unbeugsamen Willen, die Zeit, die ihm gegeben ist, sinnvoll zu nutzen, haben sie schließlich ihre Rettung zu verdanken. „Wer immer strebend sich bemüht, den werden wir erlösen“, meldet sich Goethe in Faust II in Person der Himmlischen zu Wort, was so viel heißt wie: Haltet an den Werten fest! Der Sinn des Lebens ist die Suche nach dem Sinn des Lebens …

Manns Egoismus, sein tierischer Überlebenshunger verleiten ihn zur Dummheit. Indem er die Stimmen der anderen, und damit der Vernunft, ignoriert, manövriert er sich blindlings – im wahrsten Sinne des Wortes – in sein Verderben. Im Gegensatz zu ihm verlieren Cooper und Co nie ihren Glauben. Er ist es, der sie antreibt, immer wieder neue Hoffnung schöpfen lässt. (SPOILER-Ende)

Interstellar ist ein Film, der dazu auffordert, über den Tellerrand hinwegzusehen, sich nie zufrieden zu geben und stets zu hinterfragen. Im schwarzen Loch, im Tod, der Unvorstellbarkeit, erfahren wir Gott – in Form der Liebe eines Vaters zu seiner Tochter. Denn sie ist es, die Berge überwindet, alle Zeiten überdauert und selbst danach noch gilt. Sie ist Dreh und Angelpunkt unseres Lebens. Und das, liebe Nächste, ist eine Message, die ich einfach nur weitergeben möchte! Make love, not war!

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