Durch seine kriminellen Machenschaften richtete Arno Funke Schäden in Millionenhöhe an. Sechs Jahre spielte er mit der Polizei ein Katz-und-Maus-Spiel und wurde dadurch in den 90ern zum gefiederten Medien-Star. Tagsüber war er Familienvater, nachts jagte er Kaufhäuser in die Luft. Bis heute zählt Funke zu den größten Verbrechern der deutschen Kriminalgeschichte.
Hannu Salonen (Oktoberfest 1900) widmet dem Kaufhauserpresser nun bei RTL+ und Nitro eine sechsteilige Krimiserie. Die trägt den Titel Ich bin Dagobert.
Ich bin Dagobert: Ein Kaufhauserpresser mit Wahnvorstellungen auf Erfolgskurs
Ich bin Dagobert setzt kurz vor Arno Funkes erstem Verbrechen ein. Funke (Friedrich Mücke sieht mit Schnurrbart dem Original ziemlich ähnlich) mischte eigene Lacke an und sprühte damit Motorräder an. Da die giftigen Dämpfe sein Gehirn schädigten, litt er unter Gedächtnislücken und Wahnvorstellungen, war manisch-depressiv.
Statt sich umzubringen, entschied er sich für seinen ersten Coup und erpresste ein Kaufhaus. Eine irre Szene in der Serie: Kurz zuvor spricht sein toter Vater aus einem fliegenden Fernseher zu Funke und rät ihm zu einer kriminellen Tat. In Wahrheit soll Funke damals aus der Suche nach Selbstbestätigung heraus (wird später in der Serie thematisiert) und Geldnot das KaDeWe (in der Serie: DaDeKa) erpresst haben.
Dass der 72-jährige Funke als Berater der Serie fungierte, ist ein Zugewinn. In der Serie richtet sich Funke direkt an das Publikum, gibt Tipps, wie man zum meisterhaften Erpresser wird: "Ganz wichtig: Lernen Sie genau so zu denken wie Ihr Gegner, nur dann können Sie ihn täuschen." Und weiter: "Wo wäre der letzte Ort, wo man eine Bombe vermutet?"
Die Auflösung wird in diesem Artikel nicht verraten, aber ziemlich bald danach geht eine Rohrbombe im Kaufhaus hoch. Vier Jahre später wird die Schnitzeljagd in Hamburg fortgesetzt. Dieses Mal gab es sechs Kilometer Zuggleise abzudecken, um Dagobert zu schnappen, aber Funke hatte die Polizei schon wieder zum Narren gehalten. Die Polizei wiederum tut selbiges und legt auch mal nur Papierschnipsel in den Geldsack.
Jetzt bei RTL+ streamen: Funkes spannendes Katz-und-Maus-Spiel mit detailgetreuen Übergaben
Möglichst detailgetreu macht Ich bin Dagobert die Betrugsfälle der 80er und 90er Jahre erlebbar. Schön sind auch Retro-Momente mit Telefonzelle, Röhrencomputer und TV-Ausschnitten aus RTL aktuell mit einem jungen Peter Kloeppel. In Folge 5 kommt der echte Arno Funke sogar persönlich vor und wechselt ins Team der Ermittler und verwanzt den Hörer in einer Telefonzelle.
Da Funkes Identität weder seinen Freunden noch seiner Frau bekannt war, erfindet Drehbuchautor Ronny Schalk (Oktoberfest 1900) ein imaginäres, rasselndes Horror-Wesen mit rot leuchtenden Augen (Martin Feifel), dem Funke seine Coups und Pläne offenbart. Gleichzeitig motiviert dieses Wesen Funke zu weiteren Untaten. Das Bild von Genie und Wahnsinn geht auf; Funke spricht offen über sein Krankheitsbild, seine Entscheidungen und Empfindungen. Benannt hat sich "Dagobert" nach dem Ducktales-Kindergartenbeutel seines Sohnes.
Neben Arno Funkes Innensicht gibt es noch die Außensicht auf die ermittelnde Polizei, die ihm immer dicht auf den Fersen ist: Zwei Polizeibeamten (Misel Maticevic, Moritz Führmann) und eine Profilerin (Sonja Gerhardt), die ein Psychogramm des Erpressers erstellt. Nach Aussagen Funkes entspricht die Serie weitestgehend der Wahrheit, einige Vorkommnisse bei der Polizei seien anders gewesen: "Ich weiß inzwischen einiges, was damals bei den Beamten abgelaufen ist. Nicht alles davon ist für die Öffentlichkeit bestimmt."
Und so bleiben auch bei Ich bin Dagobert viele Geheimnisse offen und genau das macht die Serie so sehenswert.