Dass die Stummfilme mit der Einführung des Tons nicht ausgestorben sind, beweisen immer wieder ein paar ambitionierte Werke, die von Komödien wie Silent Movie von Mel Brooks bis hin zu ernsthaften Distopien wie La Antena von Esteban Sapir reichen. Doch im Kino haben es moderne Stummfilme naturgemäß schwer. Eine Ausnahmeerscheinung könnte The Artist von Michel Hazanavicius (OSS 117 – Der Spion, der sich liebte) werden. Der wurde kürzlich von der Weinstein Company gekauft, was an sich schon für Aufmerksamkeit sorgt. Nun haben auch die Kritiker beim Festival Cannes dem Film ihr schwer zu erringendes Herz geschenkt.
Während der Stummfilmzeit ist The Artist angesiedelt und schildert das Schicksal des Mimen George (Jean Dujardin) folglich mit der Technik der Epoche. So schreibt Michael Sennhauser: “Ein unerwartetes Vergnügen, dieses als Stummfilm im Akademie-Format und in Schwarzweiss gedrehte Nostalgie-Melodram. Während das Leuchtfeuer des männlichen Stummfilmstars verdämmert, kommt mit dem Eintritt in die Tonfilmära die Statistin zu Starstatus. Hazanavicius schwelgt in wunderschönen Schwarzweissbildern und liebevoll rekonstriertem Dekor.”
Stephanie Zacharek zeigte sich begeistert von dem leicht zugänglichen Film. “Stummfilme”, schreibt sie, “sind Geschichten, die allein auf visueller Basis erzählt werden – es gibt keinen Voice-Over, der einem erklärt, was da gerade auf der Leinwand passiert, keine Dialogfetzen, die als Exposition dienen. The Artist macht die Codes des Stummfilms auf seine fröhliche, nicht pedantische Art leicht lesbar und verständlich. Er beginnt als ein Novum und endet als etwas anderes, als mehr: Ein Film, in dem die Gegenwart die Vergangenheit begrüßt wie einen lange verlorenen Freund.”
Bei The Playlist herrscht ebenfalls Freude über das gelungene Experiment vor: “Wir können uns nicht an das letzte Mal erinnern, als ein Film dich magisch anfühlte, aber das ist das einzige Wort, um The Artist zu beschreiben. […] Es gibt keinen Zweifel, dass The Artist zum Spitzenreiter um die Goldene Palme geworden ist. […] Am wichtigsten aber ist vielleicht, dass The Artist einfach unglaublich unterhaltsam ist. In diesem Zeitalter, in dem Technologie und Marken wichtiger als Ideen und Talent scheinen, ist Hazanavicius’ Film eine Erinnerung daran, dass eine gute Story mit tollen Schauspielern, die das (und mehr) liefert, was sie verpricht, es weiter bringen wird, als Gimmicks und popkulturelle Phänomene.”
Einen täglich aktualisierten Pressespiegel zum Festival Cannes findet ihr bei Film-Zeit.de.