Presse- und Meinungsfreiheit und Rücksichtnahme sind dieser Tage mal wieder das beherrschende Thema. Nicht nur der berüchtigte Mohammed-Schmähfilm und die französischen Karikaturen haben die Diskussion befeuert, sondern auch Paparazzo-Fotos, die von den Titelseiten annähernd sämtlicher Klatschmagazine auf der Erde prangen.
Der Aufreger der Woche handelt von den Oben-ohne-Bildern von Kate Middleton und der nicht vorhandenen Akzeptanz der Privatsphäre von Prominenten.
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Wie gläsern muss eine Person sein?
Fotos der Royals haben einen hohen Wert und umso pikanter die Schnappschüsse sind, desto mehr Profit lässt sich daraus schlagen. Aktuell kann dies anhand der Oben-ohne-Bilder von Kate Middleton, die seit ihrer Hochzeit mit Prinz William als Catherine, Duchess of Cambridge firmiert, mal wieder festgestellt werden. Doch diesmal sitzt die königliche Familie diesen „Skandal“ nicht einfach aus, sondern schlägt gerichtlich zurück und lässt die Verbreitung der Fotos verbieten – sofern es denn möglich ist, denn nicht in jedem Land werden die Persönlichkeitsrechte hoch bewertet. Zumindest in Frankreich konnte Kate Middleton einen Sieg erringen. Den Schaden hat sie trotzdem, denn das Internet vergisst nicht und hält sich auch nicht an nationale Urteile. Dass die Herzogin überhaupt gegen die Veröffentlichung vorgeht, ruft einige Menschen auf den Plan. Sie sei schließlich eine öffentliche Person und müsse damit leben, dass ihre Privatsphäre eingeschränkt ist. Stimmt – und stimmt nicht. An diesem Fall entzündet sich die alte Frage, wie gläsern eine Person sein muss, die sich in der Öffentlichkeit bewegt. Dass Kate Middleton es nicht akzeptiert, dass ihr schlichtes Sonnenbad die Titelseiten der Klatschmagazine überall auf der Welt ziert, ist völlig in Ordnung. Auch ein Promi ist ein Mensch, und Menschen brauchen ihren Freiraum und ihre Privatheit.
Grenzen sind notwendig
Paparazzi ist das naturgemäß egal, schließlich verdienen sie ihr Geld mit der Verletzung der Privatsphäre und der Persönlichkeitsrechte. Die moralische Beurteilung dieser Berufsgruppe soll jeder für sich selber vornehmen, juristisch ist deren Arbeit doch mehr als zweifelhaft. Sie verstecken sich hinter der Pressefreiheit und beharren stets auf dem Rechtsbegriff des öffentlichen Interesses. Aber was muss eine bekannte Person alles über sich ergehen lassen, nur weil er oder sie Prominentenstatus besitzt? Wo ist die Grenze? Die entblößten Brüste von Kate Middleton rühren zwar nicht an ihrer Ehre oder sind hochgradig peinlich, aber wer würde sich schon gerne (unfreiwillig) halbnackt in einer Zeitung sehen? Grenzen sind notwendig, sonst erreichen wir bald den Punkt, an dem Brad Pitt auf dem Lokus gefilmt oder Kristen Stewart beim Gynäkologen geknipst wird. Privat muss privat bleiben, auch wenn die Neugierde, wie ein Star sein Klopapier faltet, den ein oder anderen Normalbürger dann beinahe umbringt.
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Uneinheitlichkeit
Problematisch an der Durchsetzung von Persönlichkeitsrechten ist die häufig unklare Rechtslage. Die Maßstäbe in vielen Ländern klaffen auseinander, was derzeit auch Kate Middleton feststellen muss, denn in beispielsweise Irland und Italien können die Fotos (noch) weiterhin veröffentlicht werden. In Deutschland hätte sie allerdings wohl gute Chancen, jeden, der eines der Halbnackt-Bilder zeigt, in Grund und Boden abzumahnen. Hierzulande machen Anwälte im Auftrag ihrer mehr oder weniger prominenten Klienten, zu denen z.B. unbegabte und unlustige Imitatoren von richtigen Stars wie Franz Beckenbauer oder Dieter Bohlen gehören, gerne Jagd auf Seitenbetreiber, bevorzugt kleine Fische, denen dann einige Euros aus den Rippen geleiert werden. Alles natürlich unter dem Vorwand, es ginge um das Recht am eigenen Bild. Das gibt es zwar, aber eine Löschung ließe sich in 99% der Fälle auch ohne Geldbuße durchsetzen.
Hier besteht eindeutig eine Differenz zwischen der berechtigten Forderung nach Persönlichkeitsrechten und einer unangemessenen Durchsetzung. Es zeigt sich, dass in beinahe keinem Land eine eindeutige Rechtslage besteht. Wer darf was, wann, wie, wo und wozu? Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information. Jeder Mensch hat jedoch auch ein Recht auf Privatsphäre. Problematisch ist hierbei die Definition, was in welcher Situation höher bewertet wird. Keinesfalls soll hier für härtere Gesetze plädiert werden, sondern nur für klarere und, wenn möglich, einheitlichere. Wenn in Deutschland alles und jeder bestraft werden kann, in Italien hingegen kaum jemand, dann wird in Zeiten der weltweiten Vernetzung ein Weg gefunden werden, Rechte zu umgehen. Und das muss ja nicht sein.