Luc Besson bekommt von Ehefrau, was er braucht

28.09.2010 - 08:50 Uhr
Eheleute Besson verfilmen Comic
EuropaCorp Distribution
Eheleute Besson verfilmen Comic
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Ein Ehepaar, das zusammen an einem Film arbeitet? Ob das gut gehen kann? Virginie Besson-Silla sagt ja. Zusammen mit ihrem Mann Luc Besson hat sie die Comicverfilmung Adèle und der Fluch des Pharaos abgedreht. Im Interview verrät sie, wie die Zusammenarbeit verlief.

Virginie Besson-Silla ist die Produzentin von adele und sie ist gleichzeitig mit dem Regisseur Luc Besson verheiratet. Eine Zusammenarbeit, die eine Ehe schonmal auf eine echte Belastungsprobe stellen kann.

In From Paris with Love funktionierte die Kollaboration gut, da hatte Luc Besson aber auch nur das Drehbuch zu beigesteuert. Wie gut das Ehepaar Besson in adele zusammengewirkt hat, davon könnt Ihr Euch ab dem 30. September im Kino überzeugen. Im Interview mit Virginie Besson-Silla erfahrt Ihr aber bereits heute, wie die Kompetenzen bei den Beiden aufgeteilt waren, und ob es eine Fortsetzung von adele geben wird.

Wie ist die Idee zu adele entstanden?
Virginie Besson-Silla: Seit zehn Jahren hatten wir versucht, die Filmrechte an Jacques Tardis Comicbuch zu erwerben. Luc war schon immer von Adèle Blanc-Sec fasziniert, sie ist einfach eine außergewöhnliche Figur. Zunächst waren die Rechte an einen bekannten Filmemacher gegangen, doch sein Projekt nahm nie Gestalt an. Als wir herausfanden, dass die Rechte wieder frei waren, zögerten wir keine Sekunde und konnten den Deal dann auch sehr schnell zum Abschluss bringen.

Warum gehört Adéle” auf die Leinwand?
Virginie Besson-Silla: Abgesehen davon, dass der Regisseur Tardis Comics über alles liebt, gab es weitere Gründe, die auf der Hand liegen. Da ist vor allem die Figur der Adèle Blanc-Sec selbst: Sie ist wirklich etwas ganz Besonderes: eine moderne Heldin, die eigentlich in die Gegenwart gehört, jedoch im frühen 20. Jahrhundert lebt. Sie ist unabhängig, selbstbewusst, verhält sich wie ein Mann, und wir wissen nie ganz genau, was eigentlich ihre Profession ist: Journalistin? Detektivin…? Noch dazu war der Beginn des 20. Jahrhunderts eine wunderbare Ära der Sorglosigkeit, bevor zwei Weltkriege die Menschen in Chaos und Verwüstung stürzten. Und erst der Schauplatz: Paris, diese symbolträchtige, magische, mysteriöse Stadt. Und schließlich die ungewöhnlichen Abenteuer unserer Heldin, in die verrückte Wissenschaftler, das französische Staatsoberhaupt und Mumien verwickelt sind – und ein Flugsaurier, der den Himmel über Paris mit Angst und Schrecken erfüllt. Das alles bietet unendliche Möglichkeiten.

Wie haben Sie sich der Adaption der Comicvorlage genähert?
Virginie Besson-Silla: Das Wichtigste ist, sich beim Schreiben sehr eng an der Geschichte und dem Stil des Comics zu orientieren. Sobald die Erzählstruktur feststeht und welche Elemente der Vorlage wir beibehalten wollen, können wir problemlos einen Film schreiben, der 100 Minuten trägt. Dann kann man sich auf die Anforderungen des Films konzentrieren. Im Fall von adele haben wir uns wirklich bemüht, die Comicfiguren mit ihren extravaganten Charakteristiken einzufangen, ebenso wie die großartigen Schauplätze.

adele ist der erste Luc-Besson-Film, den Sie produziert haben. Wie war die Zusammenarbeit?
Virginie Besson-Silla: Einen Film zu produzieren, bei dem Luc Besson Regie führt, ist zuallererst ein unglaubliches Erlebnis. Er ist nicht nur ein Visionär, sondern bringt durch seine früheren Filme auch reichlich Erfahrung mit. Er ist präzise, hat eine immense Vorstellungskraft und weiß genau, was er braucht, um das zu erreichen, was er will. Unsere Aufgabe ist sicherzustellen, dass er bekommt, was er braucht.

Luc Besson, der Filmemacher, ist zugleich Luc Besson, der Schauspieler-Regisseur, Luc Besson, der Kamera-Magier, und sogar derjenige, der dem Ensemble mal eben die Szene vorspielt. Ist es das, was ihn von anderen französischen Filmemachern abhebt?
Virginie Besson-Silla: Luc macht keine Auftragsarbeiten. Er ist ein Ausnahme-Regisseur, mit einem eigenen Stil und einer sehr persönlichen Herangehensweise. Ob es sich nun um ein eher intimes Drama wie Angel-A oder einen Historienfilm wie Luc Bessons Johanna von Orleans handelt: In allen seinen Filmen verschmelzen Action, Ästhetik, Kameraführung und seine ganz persönliche Art der Schauspielerführung.

Laure de Clermont-Tonnerre vergleicht Luc Besson mit dem Kapitän eines
unsinkbaren Schiffes”. Stimmen Sie ihr zu?

Virginie Besson-Silla: Luc als Kapitän – auf jeden Fall. Er übernimmt Verantwortung, er geht voran und achtet darauf, dass die Menschen, mit denen er arbeitet, auch mitkommen – was auch immer geschieht. Aber unsinkbar? Da bin ich mir nicht sicher. Jeder kann untergehen. Aber Luc ist stark, weil er Dinge in Bewegung setzt.

Wie ging es mit dem Drehbuch voran?
Virginie Besson-Silla: Luc lag sehr daran, den Geist von Tardis Werk zu bewahren. Er organisierte diverse Treffen mit ihm, um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, was er auf der Leinwand sehen wollte und welche Elemente des Comics filmreif sind. Darüber hinaus wünschte sich Luc eine sensiblere Adèle als Tardis Heldin. Das ist auch einer der Gründe, das er die Rolle von Agathe, Adèles Schwester, in der Geschichte ausgebaut hat. Das Drehbuch fertig zu stellen dauerte nicht lange. Immerhin ging ihm das Projekt ja schon seit zehn Jahren im Kopf herum! Tardi gefiel das Skript vom ersten Entwurf an. Das bedeutete uns viel, denn schließlich ist adele ja sein Baby.

Wie haben Sie Jacques Tardi bei den Dreharbeiten mit einbezogen?
Virginie Besson-Silla: Während der Vorbereitungsphase besuchten Produktionsdesigner Hugues Tissandier und unser Kostümbildner Olivier Bériot Tardi, um sein Archiv zu durchstöbern und in seine Welt einzutauchen. Anschließend luden wir Tardi an den Set ein, damit er die Crew live bei der Arbeit erleben konnte, die grandiosen Kulissen und die wunderschönen Kostüme. Er spazierte über den Set – Adèles Apartment – und sah sein Werk buchstäblich zum Leben erwachen. Das war lustig und bewegend zugleich.

Wie produziert man einen Blockbuster?
Virginie Besson-Silla: So weit würde ich nicht gehen. adele ist vielleicht kein Blockbuster, aber ein Kostümfilm, und das ist in Hinblick auf Produktion und Finanzierung ein Megaunterfangen. Wir waren bemüht, die Kosten unter Kontrolle zu halten und trotzdem die nötigen Mittel zur Verfügung zu haben, um exakt das zu bekommen, was uns vorschwebte.

Erzählen Sie uns von den Drehorten.
Virginie Besson-Silla: Wir hatten eine ganze Reihe sagenhafter Locations. Allein die Schauplätze in Paris waren traumhaft: der nächtliche Louvre mit der Mona Lisa” als unserer einzigen Zuschauerin; der Place de la Concorde, bei Nacht für den Verkehr gesperrt; das Naturkunde-Museum, eingekesselt von dem Pterodaktylus und Mammut-Skeletten; der Zoo Vincennes mit seinen Giraffen und Nilpferden; mystische Orte wie der Palais Royal und der Eiffelturm, den wir ganz für uns hatten. Außerdem haben wir einige Tage in Ägypten an den surrealsten Schauplätzen gedreht, darunter eine Ausgrabungsstätte aus der Nubier-Periode. In dieser Hinsicht ist adele sehr wohl ein Blockbuster, denn wir haben uns keinerlei Grenzen gesetzt. Das gibt dem Film seine Dimension: Er entführt uns direkt in die Atmosphäre jener Ära.

Der Film basiert auf einem französischen Comic, der in Frankreich spielt. Glauben
Virginie Besson-Silla: Sie, dass adele ein internationales Publikum anspricht?

Es geht ja nicht mehr um die Comicvorlage. Es geht um ADÈLE, den neuen Film von Luc Besson, der 1912 in Paris und Ägypten spielt. In der Hauptrolle: Louise Bourgoin, eine hochtalentierte junge Schauspielerin, dazu ein grandioses Ensemble. Ich denke, adele hat großes internationales Potenzial, denn wir sprengen die Grenzen eines typisch französischen Films.

Warum wurde gerade Louise Bourgoin als Adèle Blanc-Sec besetzt?
Virginie Besson-Silla: Luc suchte eine junge Schauspielerin aus und verwandelte sie in die Figur, so wie er sie sah. Im Nachhinein liegt Louises Besetzung auf der Hand, das war damals aber nicht so. Wir hatten mehrere berühmte französische Schauspielerinnen im Auge, aber wir brauchten ja nicht nur einen Namen für das Filmplakat, sondern eine Adèle Blanc-Sec, eine starke, selbstbewusste Figur mit einer gigantischen Comic-Fangemeinde. Ich bestand darauf, eine weniger bekannte Darstellerin zu besetzen, die auf der Leinwand tatsächlich zu Adèle werden könnte, und keinen Star. Louise Bourgoin ist äußert begabt, sie arbeitet hart und ist mit einer starken Persönlichkeit ausgestattet – genau wie unsere Heldin. Was das Äußere angeht, brauchten wir eine Schauspielerin, die nicht zu schmal war. Sie musste die nötigen Kurven haben, um die Kostüme auszufüllen. Und sie durfte keine Angst haben, wild durch die Gegend zu toben. Louise war einfach perfekt. Beim Dreh war sie konzentriert, höflich, umgänglich – ein Traum!

Und sie hat im Film einige starke Männer an ihrer Seite…
Virginie Besson-Silla: Mathieu Amalric ist als Dieuleveult einfach umwerfend. Gilles Lellouche ist der perfekte Caponi. Jean-Paul Rouve hat als Justin de Saint Hubert, der Pterodaktylus-Jäger, den witzigsten Part. Jacky Nercessian gibt eine Glanzvorstellung als Professor Esperandieu, exzentrisch und herzig zugleich. Und ich ziehe den Hut vor Philippe Nahon alias Professor Ménard, vor Serge Bagdassarin – ein Star der Comédie Française – als Choupard und Gérard Chaillou als Präsident Fallières. Darüber hinaus sind einige sehr vielversprechende Nachwuchsschauspieler in unserem Film zu sehen, allen voran Nicolas Giraud. Er liefert eine wunderbar nuancierte Darstellung als Zborowsky, der sich hoffnungslos in Adèle verliebt; ebenso Laure de Clermont-Tonnerre als Agathe, Adèles Schwester. Von den beiden werden wir noch viel hören. Das gesamte Ensemble hat alles gegeben, und das sieht man auf der Leinwand. Wir hatten eine lange Vorbereitungsphase, damit alle Schauspieler so oft wie möglich mit Luc proben konnten – auch noch während der Dreharbeiten. Hinzu kam die fast schon übersinnliche Leistung der Maskenbildner und Kostümdesigner. Zwischen Cast und Crew entstand eine echte Synergie. Alle zogen an einem Strang – und das ist so selten, dass ich hier extra darauf hinweise.

Werden wir weitere Abenteuer mit Adèle Blanc-Sec erleben?
Virginie Besson-Silla: Unser Film basiert auf zwei Bänden, Adèle und das Ungeheuer” und Aufstand der Mumien”. Jacques Tardi hat insgesamt neun Bände verfasst, an Vorlagen mangelt es daher nicht. Wird Adèle also weitere Leinwand-Abenteuer erleben? Das hoffe ich. Denn das würde bedeuten, dass das Publikum sie wiedersehen möchte!

Mit Material von Universum Film

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