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Mein Sinneswandel zu Kristen Stewart

11.11.2016 - 09:45 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
On the Road
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Kristen Stewarts bekannteste Rolle, jedoch auch für mich negativ behaftete, war die der Bella im Twilight-Franchise. Dass sie die letzten Jahre nicht untätig war, hat ihr sicherlich die geglückte Lossagung von der Teenie-Rolle beschert. Aber hat sich ihr Schauspiel tatsächlich verändert?

Lange Zeit hielt ich nicht viel von Kristen Stewart. Ich empfand sie weder als gute noch als talentierte Jungschauspielerin. Ihre Darstellung der Bella Swan in den Vampir-Teenie-Verfilmungen war für mich, wie auch für viele andere ausschlaggebend für die aufkeimende Unsympathie. Ihre Darbietung kam nicht authentisch, geschweige den emotionsbehaftet an und rüber. Als wäre sie nicht fähig Mimik zu zeigen oder Gefühlsregungen glaubhaft darzustellen. Es ist kein Geheimnis, dass viele meine Ansicht teilten und doch gab es in mir schon anfangs diesen Gedanken: Was ist, wenn sie sich selbst in der Rolle nicht wiederfinden konnte und so keine Möglichkeit hatte sie gut darzustellen? Oder, die für mich mittlerweile bessere und glaubhaftere Variante: Was wäre, wenn sie schon damals eine für den typischen Konsumenten von Teeniefilmen wie Twilight nicht erfassbare und unkonventionellere Schauspielart verfolgte?


Berechtigte Zweifel

Wie den meisten vermutlich bekannt sein dürfte, konnte sie schon als kleines Mädchen neben Jodie Foster als dessen diabeteskranke Tochter in Panic Room beeindrucken. Ich erinnere mich ebenso gerne an ihren kurzen, aber prägnanten Auftritt in Into the Wild. Es kann also nicht der Wahrheit entsprechen, dass sie untalentiert und fehl am Platz in der Schausspielbranche gustiert. Wohl auf mehreren Wegen angekommen, war letztendlich die negative Ikonie der Bella Swan ihre Eintrittskarte in Hollywood. Und das trotz aller lauter und murmelnder Zweiflerstimmen.

Wachrüttelnd war für mich eindeutig die Auszeichnung mit dem César für ihre Nebenrolle in Die Wolken von Sils Maria. Da erwachte der in mir schlummernde Gedanke des berechtigen Zweifels von neuem und brachte mich dazu interessiert in ihre Richtung zu blicken. Ich verfolgte folglich ihre Filmografie, sah mir aber nichts davon an, noch immer an dem Zweifel labend mich doch nicht dem richtigen Gefühl bei ihr hinzugeben.

Vielleicht war es die eingeimpfte Art und Weise wie man als junge Hollywoodschauspielerin aufzutreten hat, der sie mehrmals rebellisch und erfinderisch entgegentrat. Diese Art von Schönheit, gestriegelte Darstellung auf dem roten Teppich, breit lächelnd mit unnatürlich weißen Zähnen, dieser Selbstdarstellung, der sie lange Zeit immer mal wieder anders nicht entsprach. Ihre zerbrechliche, trübsinnige Mimik war lange Zeit ihr einziges Erkennungszeichnen. Doch immer mehr begriff ich, während sie sich langsam wieder aufrappelte und aus dem ständig präsenten Paparazziblickfeld verschwand, dass sie dabei authentischer wirkte als so manch anderer, weibliche Jungstar.

I don't pretend to be perfect. I want people to see me as I am. - Kristen Stewart


Strenge Selbstreflexion

Mr Vincent Vega eckte 2012 mit seinem Artikel über Kristen Stewart bei der Community an, wie auch bei mir. Der damals von mir geschriebene Kommentar zeigt mir heute, wie wenig ich eigentlich informiert war, aber versuchte ihre für mich fehlende Körpersprache zu interpretieren:

Fräulein Stewart kann ich beim besten Willen nichts Großartiges hinsichtlich ihrer Schauspielerqualitäten abgewinnen. Eine gewisse unklassische Schönheit kann man natürlich nicht ausschließen, denn das ist sie, schön. Allerdings, finde ich, dass zum Darstellerberuf etwas mehr als nur Aussehen gehört und die "Schönheit" hier nun wirklich mehr "Verpackung" als das Zentrum der Aufmerksamkeit sein sollte. Mit Ausstrahlung hat das für mich reichlich wenig zu tun. Versucht man nicht komplett oberflächlich über ihre bisherigen filmischen Werke zu urteilen, dann verbirgt sich für mich darunter ein noch nicht ausreichend gereifter, junger Mensch, der noch Zeit braucht um sich klar zu werden was er will, - schauspielerisch gesehen. Für mich sieht es oft so aus als würde sie nicht spielen sondern einfach nur ihre Persönlichkeit einem breiteren Publikum präsentieren. Als Schauspielerin würde ich sie deshalb nicht gerade bezeichnen, denn das Mimikspiel hält sie dafür zu viel unter Kontrolle. Zu gute halte ich ihr die Darstellung in "Into the Wild", wo sie das naive Mädchen gut rüberbringt. Rebellisch, frech. Wirklich gespannt bin ich auf die Darbietung in dem neuen Film mit Binoche, "Die Wolken von Sils Maria". Man merkt schon, dass sie sich schon etwas gebessert hat bzw. sich mehr Mühe gibt, aber ich finde nicht, dass man ein guter Schauspieler ist, nur weil man viel von seiner Persönlichkeit in Rollen einbaut. Kurz und knapp: Stewart könnte ein aufgehender Stern sein, allerdings hat sie noch einen langen Weg vor sich, denn schauspielerisch sehe ich noch nicht den großen Durchbruch. Ich versuche daher den Artikel mal primär in einem ironischen Licht und als Denkanstoß zu sehen, den wenn es wirklich deine Meinung sein sollte, hat dich die Schneewitchenschönheit wohl mit ihrem Blick geblendet.

Nicht alles, was damals geschrieben wurde ist falsch, aber dennoch das Meiste davon. Vieles sehe ich jetzt aus einer anderen, objektiveren Perspektive, denn nach einigen Jahren der Beobachtung hinsichtlich ihres Werdegangs finde ich mehr und mehr Zugang zu Vincent Vegas Artikel und seiner Ansicht von damals.

Bei Rollen, die ich super finde, habe ich endlich das Gefühl, dass ich mich darin selbst entdecke. Ich gehe auf in diesen Figuren. - Kristen Stewart

Gerade weil sie nicht strickt versucht eine ganz neue Persönlichkeit in einer ihrer Rollen zu kreieren, wie man es von Schauspielern wohl zwangsläufig erwarten würde, erschafft sie etwas, das natürlicher wirkt als so manch überbordete Johnny Depp-Figur. Stewart erkennt sich selbst in der Rolle wieder, wenn auch nur in einer Facette und knüpft so das menschliche Band, was man für eine Darstellung wie der ihren braucht, um die feine Leinwandmagie zu entfalten.

Steigende Vorfreude

Tatsächlich geht es nun soweit, dass ich mich auf Filme mit ihr, besonders in der Hauptrolle freue und wirklich interessiert bin. Das liegt wohl auch daran, dass mich ihr Genrewechsel, der nun schon länger anzuhalten scheint, selbst sehr anspricht. Besonders letztes und dieses Jahr sind relativ viele Filme mit ihr entstanden, um die ich diesmal keinen Bogen machen werde.

Meine Erwartungshaltung hinsichtlich Woddy Allens neuem filmischen Abenteuer Café Society ist groß und auch etwas skeptisch, allerdings primär mit großen Interesse verbunden. Größer ist die Vorfreude auf den Film Equals, wo sie mit ihrer Schauspielart sicherlich nur gewinnen kann. Nachholbedarf gibt es auch reichlich für mich, wie etwa Still Alice, Willkommen bei den Rileys oder Das Gelbe Segel.

Wenn mich jemand nicht super findet, dann ist das nicht schmerzhaft für mich, weil es nichts mit mir persönlich zu tun hat. Es trifft mich nicht, weil ich durchweg nichts von dem bereue, was ich gemacht habe: Ich habe immer das getan, was ich im Moment richtig fand. Wenn man halbwegs wahrhaftig bleibt, dann fällt es einen leicht selbstbewusst zu wirken. - Kristen Stewart

Ihre Art des zurückgenommenen, zart nuancierten Schauspiels brauchte definitiv Zeit, um zu keimen, vielleicht primär in meinem Kopf als Filmschauer und weniger in der eigenen Reife, aber tatsächlich muss ich persönlich nun feststellen und auch hier und jetzt festhalten, dass Kristen Stewart vielleicht in ihrer Wesensart zu Schauspielen länger und erfolgreicher auf der Leinwand präsent sein wird als so manch andere ihrer gleichaltrigen Schauspielkolleginnen. Vielleicht nicht als Charakterdarstellerin, aber sehr wohl als authentische Schauspielerin, womöglich sogar als eine ikonische Stimme der Veränderung, die aus der Natürlichkeit heraus ihren Weg geht und so die Filmherzen mal anders als gewohnt anspricht.

You definitely have to be somewhat of a self-involved person to create anything. Most creative people are pretty aware they are a little self-obsessed, but in order to f*cking have faith in yourself and make confident work, you have to be a little crazy and believe in yourself enough to just do it. - Kristen Stewart

Was haltet ihr von Kristen Stewart?

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